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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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dieser Haltung.
    Dann blickte er auf, nahm die Brille ab, steckte sie ein und sah mich an. »Dann waren Sie also in Japan?«, sagte er. »Und? Haben Sie mehr erfahren?«
    Irgendwie bewunderte ich den Mann. Da war ein glasklarer Verstand am Werk, jemand, den man sich nicht als Gegner wünschte. »Erraten«, nickte ich. »Der Mann stammt ganz eindeutig aus meiner Welt, das Buch schildert exakt, was da vor über sechzig Jahren geschehen ist. Und allein schon die Existenz von Herrn Tanabe widerlegt Ihre Behauptung, dass es bisher keine Kontakte außer denen gegeben hat, die von Ihren Leuten ausgingen. Für mich ist die Frage nur, ob Sie gelogen oder das nur nicht gewusst haben. Für beide Versionen hätte ich übrigens volles Verständnis«, fügte ich hinzu, um keine Missstimmung zwischen uns aufkommen zu lassen.
    »Ich habe nicht immer die lautere Wahrheit gesagt, das gebe ich ja zu, und das werden Sie vermutlich auch verstehen, aber ich schwöre Ihnen, ich habe bis zu diesem Augenblick nicht gewusst, dass es außerhalb Europas auch eine Verbindung zwischen den Welten gibt.«
    Ich beschloss, einen weiteren Tiefschlag zu landen, und zog das nächste Blatt aus meiner Brieftasche, Tanabes Übersetzung des Berichts aus der  ›Asahi Shimbun‹, und hielt es ihm hin. »Dann wird Sie das vermutlich noch mehr überraschen«, meinte ich und sah wieder zu, wie seine Augen sich beim Lesen weiteten. Fast tat er mir leid. Ich hatte schon eine spitze Bemerkung auf der Zunge, als mein Mobi sich meldete. Carol, zeigte das Display an, der verabredete Kontrollanruf.
    »Ja Carol, was gibt’s?«, fragte ich. Das war die mit ihr vereinbarte Formel für: »Ich bin mit Dupont zusammen, alles in Ordnung.«
    »Dann ist ja alles klar, soll ich in einer Stunde wieder anrufen?«, fragte sie, worauf ich erwiderte. »Nein, du brauchst mir keine Zigarren zu besorgen, ich habe welche aus dem Zollfrei-Laden mitgebracht. Nett, dass du an mein Laster gedacht hast.« Das bedeutete: »Mach dir keine Sorgen, ruf aber ruhig wieder an, wir können uns dann später treffen.« Vielleicht war ich etwas paranoid oder hatte zu viele Spionage-Thriller gelesen, aber wir hatten diesen Code zur Sicherheit verabredet und hielten uns jetzt auch daran. »Bis später dann«, verabschiedete ich mich.
    Dupont hatte den Artikel inzwischen zu Ende gelesen und unser Telefonat verfolgt. Er nickte bedächtig. »Ja, ich verstehe schon. Vorsicht ist die Mutter des Porzellanladens, nicht wahr?« Er schmunzelte, und ich konnte nicht anders und musste ebenfalls schmunzeln.
    »Porzellankiste«, verbesserte ich ihn. Der Kerl hatte doch tatsächlich unseren Code durchschaut.
    Dann wurde ich wieder ernst. »Und was sagen Sie zu diesem japanischen Findling? Damit dürfte wohl klar sein, dass Ihre Leute nicht die einzigen sind, die vor tausend Jahren dieses ›Große Feuer‹ überlebt haben. Ein eigenartiges Zusammentreffen von Vorkommnissen übrigens. Ich meine, dass exakt zu dem Zeitpunkt, wo ich mich in Japan mit einem Schicksalsgenossen treffe, dort auch ein Vertreter Ihrer Welt auftaucht.«
    Dupont nickte. »Das wird im Rat einiges Aufsehen erregen. Ich bin Ihnen für diese Information wirklich sehr dankbar. Ich darf die Kopie do–«
    Seine Augen hinter den Brillengläsern weiteten sich und er wurde aschfahl. »Wir müssen hier sofort weg!«, rief er und packte mich am Arm, zerrte mich aus meinem Stuhl. Ich versuchte, mich zu wehren, aber er zog und zerrte mit aller Kraft. »Schnell, ich erkläre Ihnen das später, nur weg hier!« Er griff in die Tasche, warf einen Geldschein auf den Tisch, beschwerte ihn mit dem halb leer getrunkenen Bierglas und zerrte mich ins Innere des Lokals.
    »Was soll der Unfug?«, erregte ich mich. »Sie können mich doch nicht einfach –« Weiter kam ich nicht. Von draußen war plötzlich das Aufheulen eines schweren Motors zu hören, dann konnte man durchs Fenster sehen, wie ein sichtlich außer Kontrolle geratener Porsche mit hoher Geschwindigkeit den Zaun durchbrach und auf die Hauswand zuraste, wo er mit ohrenbetäubendem Lärm zum Stillstand kam.
    Das Kreischen von zerfetztem Blech und das Splittern von Glas hallten in meinen Ohren, gleich darauf die erschreckten Schreie der Gäste in der Gaststube. Wir waren zum Glück die einzigen Gäste im Garten gewesen, und wenn Dupont mich nicht weggerissen hätte, hätte der außer Kontrolle geratene Wagen uns mit Sicherheit erfasst. Er hatte unseren Tisch und unsere Stühle umgerissen, und Duponts

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