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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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Science-Fiction-Roman vorlesen? Aus dem Dick vielleicht? Ich fürchte, das würde auch nicht viel anders wirken. Der Mann ist zwar ganz bestimmt nicht dumm oder ungebildet, aber das dürfte seinen Horizont übersteigen.«
    Dazu sagte ich nichts, und meine Gedanken wanderten wieder einmal zu Bernhard, und ich fragte mich, was er jetzt wohl gerade tat. Ob er sich in diesem Augenblick wohl auch mit seiner Frau unterhielt? Ob er sich ihr gegenüber offenbart hatte, wie das Bernd mir gegenüber getan hatte … weil die Umstände ihn dazu gezwungen hatten? Und was wäre, wenn er das an jenem Abend vor nun fast einem Monat nicht getan hätte?
    »Hier liegt ja richtig Schnee«, riss Bernd mich aus meinen Gedanken, als wir in den Bergweg zu unserem Haus einbogen.
    Ich hatte gar nicht bemerkt, wie schnell wir vorangekommen waren, und schrak auf. »Die Leute hier sagen, das sei für diese Jahreszeit ganz normal. Könnte sogar sein, dass es kräftiger schneit und du den Schneepflug rausholen musst«, meinte ich etwas abwesend und versank dann wieder in meine Gedanken.
    Die nächsten paar Minuten saßen wir schweigend nebeneinander, rollten vorbei an überzuckerten Büschen und Fichten, den verkohlten Überresten der Forsthütte, denen der Schnee etwas von der Bedrohung nahm, die ich seit dem Brand immer bei ihrem Anblick empfunden hatte. Schließlich hob sich auf Bernds Knopfdruck unser Garagentor und wir rollten unter das schützende Dach.
    Das rote Lämpchen des Anrufbeantworters im Flur blinkte. »Sie haben zwei Anrufe, wollen Sie hören?«, fragte das Gerät auf meine Aufforderung hin.
    Zuerst war Jessies Stimme zu hören. Sie teilte uns mit, dass sie in der letzten Klausur in Commonwealth Studies die beste Bewertung bekommen habe, und fügte dann, vermutlich weil sie ahnte, dass uns der Titel nicht viel sagen würde, hinzu, dass es sich dabei um die Auseinandersetzung mit den auseinanderdriftenden Sprachen der Commonwealth-Mitglieder, insbesondere im karibischen Raum handle. »Ruft mich doch morgen mal an, falls ihr noch nicht wisst, was ihr mir zum Geburtstag schenken sollt«, fügte sie dann bescheiden hinzu und gab zugleich zu erkennen, dass sie heute nicht mehr gestört zu werden wünschte.
    Der zweite Anrufer war Herr Dupont. Er rief aus Paris an und bat Bernd, ihn ab 21 Uhr zurückzurufen, vorher wäre es schlecht, weil er da im Flugzeug säße, fügte er hinzu. Bernd sah auf die Uhr. »In zwei Stunden also«, meinte er. »Allmählich komme ich mir vor, als würde ich mit zu seinem Team gehören.«
    Charlie hatte die ganze Zeit einigermaßen geduldig gewartet, bestand aber jetzt auf seinem Recht.
    Als Bernd von seinem kurzen Spaziergang mit dem Hund zurückkam, berichtete er, dass er keine neuen Spuren entdeckt habe, und erinnerte mich damit wieder an die Sorge, die mir diese Spuren am Vormittag bereitet hatten. Ich hatte inzwischen den Tisch gedeckt, Wurst, Käse, Brot und eine Flasche Wein bereitgestellt, und wir machten uns beide ans Essen. Ich wartete darauf, dass Bernd mir erzählte, welche neuen Erkenntnisse ihm das Gespräch mit Frau Dr. Beauchamp gebracht hätten, aber er war ganz gegen seine Art schweigsam und wirkte immer noch abgespannt. »Ich denke, ich werde mich noch ein Stündchen aufs Ohr legen und dann Dupont anrufen«, verkündete er schließlich, stand auf und entschwand nach oben.
        
     
     

Bernd Lukas
   
40
     
    Als ich schließlich aufwachte, war es neun, Carol hatte mich schlafen lassen. Einer der Vorteile des Rentnerlebens, dachte ich mir, als ich mich ins Bad schleppte.
    »Ich bin jetzt wach«, rief ich nach unten, um Carol auf mein baldiges Erscheinen vorzubereiten und sicherzustellen, dass mich eine Tasse heißer Kaffee erwartete. Den brauchte ich dringend, denn ich war zwar wach, aber keineswegs munter. Irgendwie musste das mit dem Erlebnis im Labor von Dr. Beauchamp in Verbindung stehen, reimte ich mir zusammen. Schließlich war ich ein ausgesprochener Morgenmensch und konnte unter normalen Umständen mit einem Lied auf den Lippen aus dem Bett springen, ganz gleich, wie spät oder wie früh es war. Carol hasste das, weshalb ich mir das Lied auch gewöhnlich verkniff.
    Ich hatte mich gestern Abend angezogen aufs Bett gelegt und vorgehabt, eine Viertelstunde vor mich hin zu dösen und dann wieder hinunterzugehen. Schließlich erwartete Carol zu Recht einen Bericht über das, was in dem Labor vorgefallen war, und ich überlegte vor dem Einschlafen noch fieberhaft, wie weit ich

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