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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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Fußspuren auf unserem Grundstück entdeckt hatte, war ich um unsere Sicherheit besorgt gewesen und hatte Carol deshalb auch gestern mit nach Rosenheim genommen. »Ich denke, das Angebot werde ich annehmen«, nickte ich. »Vielen Dank. Ich muss das nur zuerst mit meiner … mit Carol besprechen.« Das würde kein leichtes Gespräch werden, nicht seit sie um Bernhards Verschwinden wusste, dachte ich dabei.
        
     
     

Bernhard Lukas
     
Geboren in München, Hauptstadt des Freistaats Bayern, einem Bundesstaat des Südreichs des Deutschen Bundes, einem Mitgliedsland der Europäischen Föderation.
Nach dem Studium der Betriebswirtschaft mehrere Positionen bei der Siemens AG, zuletzt Direktor der Filiale in den Confederate States of America mit Dienstsitz in Richmond.
Verheiratet mit Carol, geb. Gillespie
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    Wieder ein halbes Prozent verloren, ärgerte ich mich und ließ den Wirtschaftsteil der ›Münchner Neueste Nachrichten‹ sinken, nachdem ich ein halbes Dutzend Aktienkurse auf meinem Rechner eingetragen und verglichen hatte. Vielleicht sollte ich es doch besser bleiben lassen, auf dem Aktienmarkt zu spekulieren, und das berufeneren Köpfen überlassen. Schließlich gab es genug seriöse Banken, die sich um Anleger wie mich rissen. Angefangen hat dieses aktive Interesse am Aktienmarkt wahrscheinlich mit unserem neuen Haus und diesem wunderschönen Arbeitszimmer mit dem großen Schreibtisch, dem riesigen Bildschirm meines neuen Rechners, selbstverständlich mit virtueller Tastatur und Spracheingabe, der Bücherwand und – last, but not least – dem erhabenen Gefühl der Weite und des Losgelöstseins, das dieses herrliche Bergpanorama mit sich brachte. Das neue Haus – ein Kleinod mitten in den Bergen, erbaut im vorletzten Jahrhundert aus massivem Ziegelwerk: breit, behäbig, bodenständig auf einer Hügelkuppe im Chiemgau hingestreckt unter einem Schindeldach mit ein paar Findlingen darauf, um den Winterstürmen zu trotzen, einem großen Balkon vor den luftigen Räumen im Obergeschoss, deren dicke Mauern vor der Hitze ebenso wie vor der Kälte schützen.
    Wir, also Carol und ich, hatten unser ganzes bisheriges Leben im städtischen Bereich gelebt, beruflich in Richmond, London und Tokio und zuletzt, im vorgezogenen Ruhestand, in einer Terrassenwohnung hoch über den Dächern Münchens, bis dort Lärm und Feinstaub anfingen, uns etwa ebenso zu ärgern wie die innenstädtische Enge, die jeden Abstecher in die City zur Qual machten.
    »Mit über sechzig zieht man doch nicht mehr um. Außerdem ist ein Haus im Voralpenland viel zu teuer. Schließlich beziehe ich zwar eine gute Pension, aber in unserem Alter noch einmal eine Hypothek aufnehmen … nein wirklich nicht!«
    Aber Carol kann hartnäckig und auch überzeugend sein, wie jeder weiß, der uns kennt, und so brachte sie eines Tages ein Maklerangebot an, das mich verblüffte. Ein Haus mit rund 200 qm Wohnfläche, ein historischer Bau, aber in den letzten Jahren mit allen Errungenschaften der Technik ausgestattet, keine vierzig Kilometer von Rosenheim entfernt, also keineswegs jenseits jeglicher Zivilisation, eigene Strom- und Wärmeversorgung aus einer hypermodernen Wärmekopplungstherme, TV und Weltnetz via Satellit, komplett im rustikalen Stil möbliert und das zu einem Mietpreis, für den man in München nicht einmal zwei Zimmer bekommt.
    Der einzige Haken: Zufahrt über eine unbefestigte Bergstraße. Inzwischen ahne ich, wie sie mich damit übertölpelt hat. Der Autofan in mir fing jedenfalls sofort an, den Markt zu erkunden, und schon ein paar Tage später schwärmte ich von einem kleinen Geländewagen mit dem Stern auf dem Kühler.
    Eine Bemerkung des Maklers hätte mich vielleicht stutzig machen sollen: »Die zwei letzten Mieter haben sich auch Geländewagen gekauft. Mit Vierradantrieb und einem kleinen Schneepflug zum Ankoppeln ist das ein Kinderspiel. Und Sie müssen ja im Winter nicht jeden Tag Einkaufen fahren …«
    Die zwei letzten Mieter … Und das bei einer Miete, die geradezu ein Hohn war? Aber das Haus war einfach Liebe auf den ersten Blick – und gegen die ist ja bekanntlich kein Kraut gewachsen!
    Vielleicht noch ein paar Worte zu uns: Ich heiße Bernhard Lukas, habe Betriebswirtschaft studiert, und nah dem Ende des Studiums hat es mich in die Industrie gezogen, in der Hoffnung, dort gut zu verdienen und auch ein wenig von der Welt zu sehen zu bekommen. Die hat sich erfüllt. Zunächst hatte mich meine Firma, ein großer

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