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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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einladenden Bewegung, ihm gegenüber Platz zu nehmen. »Ich nehme an, Sie haben gegen Kaffee und frische Brötchen nichts einzuwenden«, fügte er, ganz der aufmerksame Gastgeber, hinzu und goss mir, ohne meine Antwort abzuwarten, in eine bereitstehenden Tasse ein. Ich verspürte solchen Hunger, dass ich mich wortlos über Kaffee und Semmeln hermachte und ein paar Minuten brauchte, bis ich mich Heinrich zuwandte, der mir amüsiert zusah.
    »Von unserer kleinen Aktion in Ostpreußen steht nichts in der Zeitung«, meinte er, als ich die Tasse wegstellte und mir mit der Serviette den Mund abtupfte. Offenbar schloss er daraus, dass mein Appetit gestillt war. »Auch in den Fernsehnachrichten war davon keine Rede. Aber das muss nichts besagen, die Nazis verschweigen so etwas gern, weil sei den Eindruck erwecken wollen, dass sie alles fest im Griff haben.« Er schmunzelte. »Was ja auch im Großen und Ganzen der Fall ist. Und deshalb werden sie leicht unvorsichtig, wie ich meinem Freund Dupont erklärt habe, als wir die Aktion geplant haben. Ich nehme an, wir werden bald von ihm hören. Ich habe bereits eine Nachricht an ihn abgesetzt. Das ist übrigens gar nicht so einfach, man kann ja nicht von einer Parallelwelt in die andere telefonieren. Aber dafür gibt es Mittel und Wege«, fügte er hinzu, als er meinen fragenden Blick bemerkte.
    Ich blickte an mir herab und tippte dann auf das Oberteil meines Jogginganzugs, eine blaue mit weißen Elemente abgesetzte Art von Blouson. »Wo sind eigentlich meine Kleider hingekommen?«
    Heinrich schmunzelte erneut. »Sie sind gestern Nacht einfach weggekippt, als wir in der Wohnung waren«, meinte er. »Ich wollte Sie nicht in den verschwitzten Kleidern ins Bett legen, und so, wie die ausgesehen haben, glaube ich, dass Sie die ein paar Wochen nicht gewechselt haben. Ich habe sie heute Morgen in eine Expressreinigung gebracht, als ich die Brötchen und die Zeitung besorgt habe. Die Leute dort haben mir versprochen, dass ich die Sachen bis Mittag zurückbekomme. Ich werde sie dann holen, und sobald Sie sich umgezogen haben, gehen wir zu meinem alten Freund Brückl und sorgen dafür, dass Sie Papiere bekommen.«
        
     
     

Jacques Dupont/Obertix
   
48
     
    Frau Bergmoser empfing mich mit allen Anzeichen von Erregung, als ich am Montagmorgen ihr Büro betrat. Das passte ganz und gar nicht zu ihr. Sie war ein Muster von Gelassenheit, der ruhende Pol in meinem Vorzimmer, und verlor auch dann nicht die Fassung, wenn rings um sie die Welt unterzugehen drohte. Aber jetzt flackerten ihre Augen vor Aufregung, als sie mir den Mantel abnahm und ihn auf den Garderobenständer hängte.
    »Walter Heinrich hat angerufen, Sie sollten sofort nach München kommen«, herrschte sie mich an, ohne auf mein gelassenes »Guten Morgen« zu reagieren. Das war ungewöhnlich. Normalerweise wickelte sich der Kontakt mit den Kollegen in den Anderwelten über Kurierpost ab, sodass meistens wenigstens ein Tag verging, ehe eine Verbindung hergestellt war. »Sofort nach München kommen« hieß in die sichere Wohnung in der Ungererstraße, die diese Welt mit der Germaniawelt verband. Das bedeutete, dass Ladox nicht mit Antolax nach Luteta gegangen war – immer vorausgesetzt, seine Aktion war erfolgreich gewesen. Aber …
    Erst jetzt wurde mir bewusst, dass Frau Bergmoser weitergeredet hatte. Dass sie Deutsch mit mir sprach und mich siezte, machte mir bewusst, dass sie sich besser im Griff hatte als ich mich. Das war zwar eine Vorschrift, auf die wir in der Klinik mit allem Nachdruck bestanden, aber wenn es heiß herging, fielen wir dennoch gelegentlich in unsere Muttersprache zurück.
    »Entschuldigung, ich habe nicht zugehört«, unterbrach ich ihren Redeschwall. »Bitte noch einmal von vorne. Aber dazu gehen wir besser in mein Zimmer.« Ich ging ihr voraus zu meinem Schreibtisch, drückte am Telefon die Taste NICHT EINTRETEN und forderte Frau Bergmoser auf, Platz zu nehmen.
    »Also, was ist?«, fragte ich dann und lehnte mich zurück, bemüht, den Eindruck ruhiger Gelassenheit zu erwecken.
    »Sie haben Antolax gefangen, aber er hat sich ihnen durch einen Blindrutsch entzogen«, erklärte sie immer noch erregt und hob die Hand, als ich ihr ins Wort fallen wollte. »Aber das ist noch nicht alles. Sie haben Bernhard Lukas gefunden, das Pendant von Bernd Lukas, und Ladox ist mit ihm in München, in der Germaniawelt. – Soll ich Ihnen einen Kaffee kommen lassen?«
    Den brauchte ich jetzt wirklich. Ich nickte

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