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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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und versuchte, das Gehörte einzuordnen. Das bedeutete, dass die Aktion in der Germaniawelt weitgehend geklappt hatte, und ließ vermuten, dass die Kollision zwischen den beiden Lukas wenigstens teilweise so abgelaufen war, wie ich das ›meinem‹ Lukas ursprünglich erklärt hatte. Nur dass Bernhard eben nicht in die Welt Bernds, sondern in die Germaniawelt gerutscht war. Ladox hatte richtig gehandelt, indem er ihn sofort aus der unmittelbaren Gefahrenzone in Ostpreußen entfernt und nach München gebracht hatte. Und ich musste jetzt zusehen, dass ich so schnell wie möglich nach München kam. Lukas, ›meinen‹ Lukas, würde ich erst später informieren.
    ***
     
    Ich hatte mich nach kurzer Überlegung entschlossen, mit der Bahn zu fahren, und den Wagen am Bahnhof in Rosenheim abgestellt. Es hatte wieder ziemlich heftig geschneit, und da fühlte ich mich wohler, wenn ich nicht auf den Verkehr zu achten brauchte. So saß ich jetzt in einem fast leeren Abteil und versuchte, mich an Antolax zu erinnern. Er hatte in Luteta dieselbe Schule wie ich besucht, eine Klasse über mir, und erinnerte mich an einen schlaksigen blonden Jungen, um den sich beim Ballspiel meist die anderen sammelten. Die Weisen Männer hatten recht früh entschieden, ihn in die Anderwelt zu schicken. Ich war damals neidisch gewesen, weil ich erst drei Jahre später an der Reihe gewesen war.
    In den Jahren darauf hatten wir kaum Kontakt gehabt, weil Jugendliche, die einmal in die Anderwelt geschickt worden waren, höchst selten Heimaturlaub bekamen. Sie sollten in ihrer neuen Umgebung heimisch werden und dort möglichst wenig, am besten gar nicht auffallen, und diese Gefahr bestand immer, wenn sie zu Hause irgendwelche Bindungen eingingen. Später hatte ich ihn aus den Augen verloren und erst wieder von ihm gehört, als sich die Berichte über seinen Aufstieg in der Nazihierarchie häuften und er anfing, sich in der Eine-Welt-Bewegung nach vorne zu drängen.
    Beim letzten Treffen mit meinen Kollegen waren wir übereingekommen, dass es geboten war, ihn möglichst schnell aus dem Verkehr zu ziehen, eine Redewendung, die zu Hause niemand verstanden hätte, erinnerte ich mich. Ich musste lächeln und machte mir wieder einmal klar, dass ich längst hier zu Hause war, hier, in der Europawelt, im Deutschen Bund. Wahrscheinlich würde ich sogar Mühe haben, zu Hause wieder ins Alltagsleben zurückzufinden. Möglicherweise hatte Antolax ähnlich empfunden, als Ladox und seine Leute ihn gefangen genommen und mit Handschellen gesichert hatten, wie wir es besprochen hatten, Handschellen, die ihn daran hindern sollten, sich durch einen schnellen ›Rutsch‹ unserem Zugriff zu entziehen.
    Ladox hatte von einem Blindrutsch gesprochen, wenigstens hatte Frau Bergmoser mir das so berichtet, und Frau Bergmoser – Telax, erinnerte ich mich, musste allerdings erst überlegen, bis mir ihr gälischer Name einfiel, so lange arbeitete sie jetzt schon unter dem unverfänglichen Namen Bergmoser in meinem Vorzimmer – wusste ganz genau, was der Begriff bedeutete. Dafür hatte Ladox vermutlich zwar keinen Beweis, aber es lag nahe, denn Antolax war nach allem, was wir wussten, so ohne Weiteres weder die Europa- noch die Amerikawelt zugänglich. Und eine Versetzung in die eigene, die Gälerwelt wäre Selbstmord gewesen, lagen doch über zweitausend Kilometer zwischen Ostpreußen und den in der Gälerwelt bewohnten Regionen.
    Doch diese Gedanken waren müßig. In einer reichlichen Stunde würde ich Ladox ja persönlich gegenüberstehen und weitere Einzelheiten erfahren. Meine Gedanken wanderten zu Bernd Lukas, für den ich mittlerweile beinahe freundschaftliche Gefühle empfand. Sein Zwilling musste ihm bis aufs Haar gleichen, so sehr, dass ihn ja auf den ersten Blick die eigene Frau nicht von dem ›Original‹ hatte unterscheiden können. Ich nahm mir vor, ihm gleich von Anfang an mit großer Offenheit zu begegnen, und vermutete, dass auch Ladox das getan hatte. Ein ›Rutsch‹ in seiner unmittelbaren Umgebung musste ein aufwühlendes Erlebnis für Lukas gewesen sein, und spätestens seit diesem Zeitpunkt war ein Vertuschen nicht mehr möglich gewesen.
    Doch was zerbrach ich mir den Kopf über die Empfindungen anderer Menschen, so interessant das auch sein mochte. Viel wichtiger war, wie es nun weitergehen würde. Würde Antolax wieder auftauchen und wenn nicht, wie würden die damit führerlosen Tradis reagieren? Wie würde Bernhard Lukas sich in seine Lage finden, wie

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