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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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Kamehameha VII., gegeben hatte. Hawaii, so vernahm ich, war ein souveräner Staat innerhalb der von Japan dominierten ›Groß-ostasiatischen Wohlstandssphäre‹.
    Es folgten die Sportnachrichten, die mich nicht sonderlich interessierten. Dennoch, auch in dieser Welt schien der FC Bayern zu den führenden deutschen Clubs zu gehören, denn er hatte nach einem Sieg über Werder Bremen wieder die Tabellenspitze in der Bundesliga zurück errungen, und man räumte ihm in der bevorstehenden Begegnung mit dem AC Mailand in der UEFA-Runde gute Chancen ein.
    Der Wetterbericht war ein besonderes Erlebnis: Das Bildfeld verdüsterte sich, Wolken zogen darüber, und dann hatte ich den Eindruck, es würde wirklich in unserem Wohnzimmer regnen, so naturgetreu schienen die Tropfen optisch wie akustisch …
    »Soll ich ausschalten?«, fragte Carol. »Ich nehme nicht an, dass du dich für den Musikantenstadl interessierst.«
    Schon verlosch das Bild und wir saßen wieder allein im Zimmer.
        
     
     

Carol Lukas
     
Carol Lukas, geb. Gillespie, geb. in Savannah, Georgia, einem Bundesstaat der Confederate States of America (CSA), mit Bernhard Lukas, damals Leiter der CSA-Filiale der Firma Siemens in Richmond, Virginia/CSA, verheiratet.
    6
     
    Als ich zum Zugfenster hinaussah, sah ich Bernhard – nein Bernd – am Bahnsteig stehen. Er winkte mir nach und wirkte dabei irgendwie verloren. Eigentlich tat er mir leid; so allein wie er war auf der ganzen Welt niemand, dachte ich, und schon schweiften meine Gedanken wieder zu Bernhard, ›meinem‹ Bernhard, der sich jetzt vermutlich ganz ähnlich fühlte.
    Bernd hatte mich mit dem Auto zum Bahnhof in Rosenheim gebracht und mich noch einmal gefragt, ob er mich wirklich nicht zum Flughafen bringen sollte, was ich abgelehnt hatte. Ich wollte allein sein. Außerdem hätten wir uns ja doch nur wieder angeschwiegen, so wie gestern Abend nach den Fernsehnachrichten und heute Morgen auf der Fahrt zum Bahnhof. Als er gestern zu Bett gegangen war, hatte er mich nur fragend angesehen und verständnisvoll genickt, als ich knapp den Kopf geschüttelt hatte. Nein, mir war unvorstellbar, mit ihm das Bett zu teilen, auch wenn ich sicher war, dass er mich nicht angerührt hätte. Meine Gegenwart wäre ihm vermutlich ebenso peinlich gewesen wie mir in dieser Situation die seine. Auf dem Bahnsteig, als der Zug eingefahren war, hatte er mir eine gute Reise gewünscht, mich versprechen lassen, dass ich gleich nach der Ankunft in Savannah anrufen würde, und mir irgendwie linkisch die Hand gegeben. Es war eine ganz eigenartige Stimmung gewesen, und dann hatte ich ihn plötzlich umarmt und an mich gedrückt, einfach weil mir danach war. Dann hatte ich abrupt kehrtgemacht und war eingestiegen.
    ***
     
    »In wenigen Minuten erreichen wir München Hauptbahnhof«, hallte es in meinen Ohren, und ich fuhr erschreckt hoch. Ich musste kurz nach dem Einsteigen eingenickt sein und die ganze Fahrt verschlafen haben. Ich war erst spät zu Bett gegangen, sofern man eine Couch im warmen Wohnzimmer als Bett bezeichnen mag. Vorher hatte ich noch gepackt und mich auf eine längere Abwesenheit eingestellt, beinahe als hätte ich vor, überhaupt nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren. Aber da waren ja die Kinder … und die wussten noch von nichts! Wie ich sie mit der neuen Situation vertraut machen würde, hatte ich mir noch gar nicht überlegt. Eigentlich war es ziemlich feige, das vor mir herzuschieben und das Ganze dann telefonisch von Savannah aus zu erledigen …
    Der Zug rollte in den Hauptbahnhof ein, und ich griff nach Koffer und Reisetasche. Der Bahnsteig für den Transrapid zum Flughafen war nur wenige Schritte entfernt, daher verzichtete ich auf die Dienste eines Gepäckträgers. Erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass ich bereits im Waggon einchecken konnte. Seltsam, um solche Dinge hatte ich mich früher nie kümmern müssen, das hatte alles immer Bernhard für mich erledigt. Ich ließ mich in die Polster sinken und beschloss, diesmal unbedingt wach zu bleiben und die vor dem Fenster mit 300 km pro Stunde vorbeihuschende Landschaft zu betrachten, was bei dem Tempo freilich kaum möglich war.
    Ein kurzer Bummel durch den Zollfrei-Bereich, ein paar Einkäufe – Mitbringsel aus Old Germany für Cindy und die Kinder –, und schon war die Zeit zum Einsteigen gekommen. Ich hatte Geschäftsklasse gebucht und fand mich Minuten später in einem bequemen Sessel am Fenster und war froh, dass der Platz neben mir, wie

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