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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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weiß sogar, wie man eine Weißwurst zerteilt …«
    Carol musste lachen. »Das hat dich anscheinend sehr an ihm beeindruckt«, meinte sie. »Apropos Weißwurst, also ich will ja nicht gerade Weißwürste essen, aber mich würde jetzt etwas so richtig Bayrisches reizen. Wir haben zwar gestern Abend in Savannah ganz gut gegessen – ich habe Cindy und Greg ins Pink House eingeladen – aber nach einer Woche Lowcountry-Küche, hätte ich jetzt gerne was Deftiges. Was im Flugzeug geboten wurde, war nicht gerade überwältigend.«
    Ich sah auf die Uhr. Halb zwölf. Wir hatten inzwischen die Autobahn verlassen und würden in gut zehn Minuten Unterwössen erreichen. »Wir könnten ja sehen, ob wir im Gabriele was zu essen bekommen.« Ich erzählte ihr, dass ich den Besitzer des Lokals kennengelernt hatte, und Carol war sofort mit meinem Vorschlag einverstanden.
    ***
     
    Als wir nach einer deftigen Mahlzeit den Wagen in der Garage abgestellt hatten und ins Haus gingen, hätte Charlie Carol beinahe umgeworfen, so ungestüm begrüßte er sie. Er hatte sich inzwischen an mich gewöhnt und akzeptierte mich auch als jemanden, mit dem man spazieren ging und der einem den Fressnapf füllte, aber Carol war eindeutig seine Bezugsperson, und das zeigte er ihr jetzt auf seine Art. Ich hatte ihn in den zwei Wochen, in denen er sich mit meiner Existenz hatte abfinden müssen, auch einige Male enttäuscht, und so konnte ich ihm sein Verhalten wirklich nicht verübeln.
    Carol verschwand sofort im Schlafzimmer und würde die nächste Stunde nicht zu sprechen sein, das kannte ich von früheren Reisen. Sie würde jetzt auspacken, jedes Stück ordentlich an Ort und Stelle hängen oder im Wäschekorb verstauen, anschließend duschen, sich die Haare waschen und dann völlig renoviert wieder erscheinen.
    Ich nutzte die Zeit dazu, im Wohnzimmer und Küche wieder so etwas wie einen Normalzustand herzustellen. Acht Tage Strohwitwerdasein waren nicht ohne Folgen geblieben, und so ging ich daran, die Mülltonne mit Abfällen zu beschicken, Sofakissen zurechtzurücken und mein schmutziges Geschirr in die Spülmaschine zu räumen. Nach einem abschließenden Blick in den Kühlschrank entfernte ich dort noch einige Wurst- und Käsereste und konstatierte dann, dass das Haus jetzt ihrer Inspektion standhalten würde und ich mir etwas Entspannung verdient hatte. Deshalb nahm ich Charlie an die Leine und brach zu einem kleinen Spaziergang durch den schon etwas herbstlichen Bergwald auf.
    Als ich zurückkam, saß Carol mit einer Tasse Kaffee auf der Couch und begrüßte mich mit einem Lächeln. Sie trug jetzt Jeans und ein weißes T-Shirt mit der Aufschrift:
    THIS LOUSY T-SHIRT WAS
ALL THEY BOUGTH FOR ME
ON TYBEE ISLAND
     
    Ich musste lachen. »Du musst dich ja richtig als Tourist gefühlt haben«, kommentierte ich und setzte mich zu ihr. »Gibt es dort immer noch so viele Quallen?«
    Das verneinte sie und erzählte stattdessen von ihren Verwandten, die sich offenbar rührend um sie gekümmert und ständig nach mir gefragt hatten. Dann wanderte unser Gespräch wieder zu Dupont. Carol wollte wissen, »wie es jetzt weitergehen soll«, und ich erklärte, dass ich mir darüber seit ein paar Tagen den Kopf zerbräche, aber immer noch nicht recht weiterwüsste.
    »Ich werde ihn halt demnächst mal anrufen und versuchen, ihn ein wenig weiter auszuquetschen«, meinte ich. Beim Essen im Gabriele hatte ich ihr von dem Gespräch mit Schreiber über die beiden Vormieter unseres Hauses erzählt, die sich, wie es schien, spontan in Luft aufgelöst hatten. Schreiber selbst war unterwegs gewesen, sodass ich ihn nicht mit Carol hatte bekannt machen können. »Ich bin sicher, dass Dupont oder seine Leute dahinterstecken, und ich will ihn darauf ansprechen«, fuhr ich fort. »Ich habe ihm gesagt, dass meine sämtlichen bisherigen Erkenntnisse und Aufzeichnungen an einem sicheren Ort verwahrt sind. Das hat ihn recht nachdenklich gemacht, fand ich zumindest.«
    Carol war ziemlich wortkarg, was ich der ›Flugmüdigkeit‹ zuschrieb. Ich hatte selbst immer gegen überflüssige Anglizismen angekämpft, musste mir aber eingestehen, dass es einige gab wie etwa Jetlag, die in ihrer Knappheit doch recht vernünftig waren. Ich schaltete das Fernsehen ein, wo gerade die Nachrichten liefen. Im Völkerbund wurde über Fischfangrechte gestritten, das Vereinigte Königreich reklamierte eine Verletzung der Hundertmeilenzone um Australien durch Schiffe der kaiserlich japanischen Marine,

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