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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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erfreulicherweise ohne Ergebnis.
        Nachdem auch die anderen Rituale der Rückkehr vom Ausflug in die Kreisstadt beendet waren – Gassi mit Charlie, Auto ans Stromnetz anschließen, Verstauen von Carols Einkäufen in Kühl- und Kleiderschränken –, setzten wir uns zu einer Tasse Kaffee auf die Terrasse. Bald würden sich die ersten Vorboten des Winters einstellen, dann waren Nachmittagstemperaturen im Bereich zwischen fünfzehn und zwanzig Grad, wie sie jetzt herrschten, nicht mehr zu erwarten, und wir würden unsere Mahlzeiten wieder ins Haus verlegen müssen.
    Wir diskutierten noch eine Weile über Mortimer. Der arme Teufel tat mir wirklich leid. Vermutlich gab es nichts, was ihn in irgendeiner Weise auf seinen ›Rutsch‹ vorbereitet hatte. Seine Desorientierung musste wesentlich schlimmer auf ihm lasten, als dies in den ersten Stunden bei mir der Fall gewesen war. Immerhin konnte ich mir wenigstens einigermaßen erklären, was mit mir passiert war. Nicht dass es viel daran geändert hätte, machte ich Carol und mir klar.
    »Ich werde jetzt an ein paar Stellen Kameras anbringen«, verkündete ich und stand auf. »Ich werde darauf achten, dass wir in Zukunft immer in Reichweite einer Kamera sind, und werde alle Überlegungen aufzeichnen, die wir über Dupont und diese ganze Geschichte anstellen. Zum Glück haben wir reichlich Speicher auf unserer Festplatte, aber ich werde natürlich ein wenig redigieren müssen.«
    Ich war dem jungen Mann aus ›Welt der Elektronik‹ wirklich dankbar, dass er mir zwei weitere Minikameras aufgeschwatzt hatte, und brachte jetzt je eine davon im Wohnzimmer und meinem Arbeitszimmer an. Vielleicht würde ich noch zwei weitere kaufen und auch Eingangsbereich und Küche in das Sicherheitssystem einbeziehen, wo wir immer dann die Mahlzeiten einnahmen, wenn das Wetter ungünstig war und wir keine Gäste hatten. Das nahm nicht einmal eine Stunde in Anspruch, ich hatte ja schließlich schon geübt, als ich die Kamera in dem jetzt abgebrannten Schuppen platziert hatte. Ein kurzer Testlauf überzeugte mich, dass alles funktionierte. Darauf holte ich Carol ins Wohnzimmer und schilderte ihr meinen Traum, wie ich das eigentlich schon beim Frühstück vorgehabt hatte.
    »Du meinst wirklich, dass das so etwas wie ein Wahrtraum war? Dass du im Traum eine Ansiedlung dieser Leute gesehen hast?«, staunte sie.
    ›Diese Leute‹ und ›diese Geschichte‹ hatten sich bei uns irgendwie eingebürgert, registrierte ich im Stillen.
    »Ja, davon bin ich sogar fest überzeugt. Schließlich habe ich ja auch zweimal die Szenen in der Hütte geträumt und bin nur dadurch auf die Idee gekommen, dort die Kamera anzubringen«, versicherte ich Carol. »Aber frag mich bloß nicht, wieso ich solche Träume habe. Ehe diese Geschichte angefangen hat, habe ich immer ganz normal geträumt. Du weißt schon – nackt auf dem Bahnhofsvorplatz stehen, Schulaufgaben nicht gemacht haben, für eine wichtige Präsentation in der Redaktion nicht vorbereitet sein und solchen Kram.«
    »Hast du Dupont davon erzählt?«, wollte sie wissen.
    »Nein, und ich werde mich auch hüten, das zu tun. Der Bursche ist aalglatt und raffiniert, das hast du ja selbst mitgekriegt. Kein Sterbenswörtchen davon, dass er mit Mortimer gesprochen hat! Er macht das geschickt, gibt sich besorgt um mich, bietet seine Hilfe an und lauert in Wirklichkeit auf eine Gelegenheit, mich irgendwie mundtot zu machen. Nein, wir müssen höllisch aufpassen, was wir ihm sagen, und ihm immer wieder klarmachen, dass alles aufgezeichnet und an sicherem Ort verwahrt wird.«
        
     

Gaelia
   
22
     
    1793
     
    Alu Mantrax atmete tief durch und schloss die Augen. Er war müde, todmüde. Die junge Frau, die ihm gegenüber auf dem niedrigen Holzschemel saß, kämpfte sichtlich mit dem Schlaf. Ihre Augen waren rot gerändert, und jetzt griff sie nach dem Tonbecher vor ihr und nahm einen Schluck Wasser, fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen und seufzte. »Darf ich jetzt gehen?«, fragte sie mit krächzender Stimme. Seit Sonnenaufgang hatte Alu Mantrax sie jetzt ausgefragt, ihr immer wieder die gleichen Fragen gestellt, Fragen, die ihr vor ihm schon Ala Belotrix immer wieder gestellt hatte. Sie glaubten ihr nicht, das war für Artix offenkundig. Sie hatte das Gefühl, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können, und nur den einen Wunsch, endlich schlafen zu dürfen, allein zu sein und all das zu vergessen, was sie zuerst der Weisen

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