Nebenwirkungen (German Edition)
Wagen. Der Ballon drohte an Höhe zu verlieren, weshalb der Pilot den Brenner kurzzeitig auf volle Leistung drehen musste. Ein weithin hörbares kräftiges Fauchen war die Folge. Im nächsten Augenblick sahen sie, wie das aufgescheuchte gewaltige Rhinozeros unmittelbar vor dem Verfolger über die kurvenreiche Straße schoss. Der schwere Geländewagen kam durch das abrupte Ausweichmanöver auf dem abschüssigen Straßenrand derart ins Schleudern, dass er kippte und auf seiner rechten Seite schleifend heftig in die Büsche krachte.
Sprachlos und mit weit aufgerissenen Augen hatten die vier Beobachter hoch über der Straße den ungewöhnlichen Unfall verfolgt. Nichts regte sich am Unglücksort. Die Insassen des Wagens waren entweder bewusstlos oder tot. Der Pilot erholte sich als erster und rief über Funk seine Bodenmannschaft zur Unfallstelle. Der Begleitwagen würde wohl in einigen Minuten eintreffen. Gleichzeitig schaute er sich nach einem geeigneten Landeplatz um. Freien Raum gab es zwar genug, doch das Problem des Ballonfahrers war der nicht ungefährliche Bodenwind an dieser Stelle. Er entschloss sich schließlich zu einem Manöver, das er schon dutzende Male mit Erfolg durchgeführt hatte, und das doch jedes Mal wieder von neuem an seinen Nerven zerrte.
»Buschbremse«, sagte er laut, um seine Gäste von der unerfreulichen Szene am Boden abzulenken. »Wir landen mit der Buschbremse. Da vorn gibt es eine geeignete Stelle, wo ich den Korb durch die Baumkronen steuern kann, um uns abzubremsen, dann kann ich sicher auf der Straße aufsetzen. So was heißt bei uns Buschbremse. Achtung, in den Korb, Kopf einziehen!« Die Äste peitschten über den Korb hinweg, doch nach kurzer Zeit hatte der Ballon so viel Fahrt verloren, dass der Korb tatsächlich punktgenau in der Straßenmitte zum Stillstand kam und der Pilot die Gasflamme ganz zurückdrehen konnte. Im Unfallwagen rührte sich noch immer nichts, als die zwei Männer der inzwischen eingetroffenen Bodenmannschaft zur Unglücksstelle eilten. Zu ihrer großen Erleichterung fanden sie nur einen Insassen, der zudem quicklebendig an die Tür pochte, die sich verklemmt hatte. Der hünenhafte Mann mit leuchtend weißer Mähne war im Wagen gefangen. Auch mit vereinten Kräften schafften es die Männer nicht, ihn zu befreien, doch Hilfe war bereits unterwegs, und der Rettungs-Einsatzwagen verfügte mit Sicherheit über geeignete Werkzeuge. So blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Die Ballonfahrer atmeten auf, als sie vom glimpflichen Ausgang des Unglücks erfuhren. Beruhigt öffnete der Pilot die Champagnerflasche. Die wichtige Zeremonie der Ballontaufe konnte endlich beginnen.
Der Wagen, den das Unglücksfahrzeug offenbar verfolgt hatte, war längst außer Sichtweite in Richtung Sun City verschwunden. Kyle saß am Steuer dieses Jeeps. Er hatte den Unfall des Verfolgers und die Landung des Ballons im Rückspiegel beobachtet und wandte sich an Robert, der steif neben ihm saß:
»Das war knapp. Wer weiß, wozu dieser Nolte fähig wäre«,
»In der Tat. Scheint, dass wir ihn endlich abgeschüttelt haben«, antwortete Robert ironisch. »Der Kerl ist äußerst hartnäckig. Der Umweg durch den Park hat jedenfalls nichts genützt.«
»Eben doch«, lachte Kyle. Kein Wunder, ließ sich Nils nicht so leicht abschütteln. Die Dokumente, die sie mitführten, konnten ihm und einigen anderen Leuten leicht das Genick brechen. In Kürze würden sie in Sun City eintreffen. Erst dort, inmitten vieler Leute, konnten sie sich einigermaßen sicher fühlen. Eigentlich hätte er allen Grund gehabt, sich blendend zu fühlen, doch selbst die Vorfreude auf das peinliche Interview mit den Verantwortlichen von SandVisor vermochte Kyles Stimmung nicht wesentlich zu heben. Er war hundemüde und eine unerklärliche Mutlosigkeit hatte ihn ergriffen. Zudem fröstelte er, obwohl das Thermometer im Wagen bereits vierunddreißig Grad Außentemperatur anzeigte.
»Kalt hier drin«, murrte er hustend und drehte die Kühlung der Klimaanlage zurück. Robert stutzte, schwieg aber und schwitzte weiter.
Heidelberg
Heike schaute sich im belebten Biergarten hinter dem Marstall nach ihrer Nummer zwei um. Dr. Amélie Dufresne erwartete sie im Schatten einer alten Eiche an einem der langen, rohen Holztische, die hier für Gemütlichkeit unter den Studierenden und Professoren sorgen sollten. Sie arbeitete seit mehreren Jahren mit Heike zusammen, was für jeden Eingeweihten ein untrüglicher Beweis ihrer
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