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Nebenwirkungen (German Edition)

Nebenwirkungen (German Edition)

Titel: Nebenwirkungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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Fremde, als er an Roberts Tisch trat. In einer Hand hielt er Besteck und Teller, die andere umklammerte eine alte, schäbige Ledermappe und einen silbernen Schreibstift.
    Robert schaute überrascht zu ihm auf und nickte ihm freundlich zu. Der Fremde setzte sich ihm gegenüber, verstaute die Mappe sorgfältig zwischen seinen Beinen, legte den Stift neben den Teller und schaute sich vorsichtig um, bevor er hastig zu essen begann. Plötzlich hielt er inne und streckte Robert seine Hand entgegen.
    »Pierre Marchand«, stellte er sich vor, als würde dieser Name alles erklären. Robert wollte die Höflichkeit erwidern, doch sein Gegenüber ließ ihn nicht zu Wort kommen und fuhr sichtlich erregt fort: »Wylde ist nicht der Einzige, der synthetische Lebensformen entwickelt hat. Auch wir haben Erbsubstanz ›bottom up‹ erzeugt. Wir waren schon soweit, unsere Ergebnisse vor Ort in Afrika zu testen. Wir haben geglaubt, die Risiken im Griff zu haben, doch die Natur hat uns einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.« Wieder schaute sich der Fremde rasch um.
    »Afrika, sagten Sie? Wo in Afrika? Ich kenne mich da ein wenig aus«, entgegnete Robert. Er kannte den Süden des Schwarzen Kontinents wie seine Westentasche, hatte manche Expedition in die Kalahari und das artenreiche Okawangodelta unternommen. Afrika hatte ihn seit seiner frühen Jugend, als er mit den Eltern zum ersten Mal Südafrika bereisen durfte, nicht mehr losgelassen. Der Süden Afrikas mit seiner überwältigenden Tier- und Pflanzenvielfalt war seine große Leidenschaft und Sehnsucht.
    »Botswana, an der Grenze zu Südafrika. Sie werden heute Nachmittag in der Diskussion schon hören, was ich zu sagen habe«, antwortete der Fremde zerstreut, indem er sich einmal mehr unsicher umschaute, als fürchtete er unliebsame Zuhörer.
    »Was wurde denn in Botswana getestet?«, hakte Robert nach. Die Geschichte begann ihn zu interessieren. Der Mann wollte eben antworten, als er plötzlich aufsprang, seinen angstvollen Blick auf die Galerie hinter dem Buffet gerichtet. Robert drehte sich verwundert um, sah jedoch lediglich, wie ein wahrer Hüne mit auffallend weißen Haaren eben die Galerie in Richtung der Aufzüge verließ. Als er sich wieder dem Tisch zuwandte, war der Fremde verschwunden. Kopfschüttelnd nahm Robert seinen Teller, um sich eine Hauptspeise am einladenden Buffet auszusuchen. Was sollte das alles bedeuten? Vielleicht war der Mann ja doch nur ein Spinner, doch er hätte allzu gerne mehr über diese Tests im Süden Afrikas erfahren.
    Der Mann kehrte nicht mehr zurück. Nachdenklich schlenderte Robert durch die Lobby, über der sich ein grandioses Atrium zwanzig Stockwerke hoch erhob. Gläserne Außenlifte glitten pausenlos elegant und geräuschlos auf und ab; Nervenkitzel für Gäste und Besucher. Neugierige blickten in den oberen Stockwerken über die Brüstung, betrachteten die geschäftigen Ameisen in der Hotelhalle. Als Robert durch den pompösen Eingang ins Freie trat, wehte ihm eine angenehm laue Brise entgegen. Der weite offene Platz, an den das Hotel grenzte, war übersät mit Gruppen von Leuten, die ihren Imbiss wie wohl an jedem warmen, sonnigen Tag im Freien einnahmen; Kurzurlaub vom Mief der Büros. Jenseits des Platzes spiegelte sich die Sonne in der kolossalen Stahl- und Glaskonstruktion der Grande Arche, des modernen Gegenstücks zum Triumphbogen eines größenwahnsinnigen Feldherrn. Robert hielt nicht viel von Touristenattraktionen, doch da er nun schon hier war, nahm er sich vor, die 110 Meter zur Aussichtsplattform hinaufzufahren, bevor er wieder nach Cambridge zurück reisen musste.
    Der Nachmittag startete mit einer Podiumsdiskussion zu den neusten Entwicklungen und Trends in der biologischen Forschung. Neben Wylde sollten Ethiker, eine bekannte Politikerin und ein nachweislich kritischer Journalist für eine angeregte Diskussion sorgen. Robert wollte diese Veranstaltung auf keinen Fall verpassen, also kehrte er der Sonne den Rücken und trat wieder in die Gegenwelt des Kongressbetriebs ein. Die Hotelhalle begann sich zu leeren. Die Leute strömten in den großen Ballsaal, wo die Diskussion stattfinden sollte. Der Saal würde wohl zum Bersten voll sein. Robert beeilte sich, er war einer der letzten.
    Er hatte eben die Mitte der Lobby erreicht, als ein markerschütternder Schrei das haushohe Atrium erfüllte. Dem Schrei folgte ein dumpfer, von seltsamen Klängen begleiteter Aufprall, als würde eine überdimensionierte Gitarre auf

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