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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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sein Gesicht huschte das Licht aufzuckender Blitze. Der Schimmer ließ es gleichsam anziehend und bedrohlich wirken. Ein Hauch von Gefahr lag in ihm, und Gefahr war für sie schon immer unwiderstehlich gewesen. Sie spürte dieses überwältigende Bedürfnis, ihre Lippen auf seinen Mund zu legen. Genau wie bei dem Ausflug auf den Berg, als sie im Gras gelegen und er sich über sie gebeugt hatte. Als ihre Lippen nur noch wenige Millimeter voneinander entfernt waren, konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Mit den Händen fuhr sie durch seine Haare und zog ihn zu sich heran.
    Der Kuss war stürmisch und leidenschaftlich. Sekunden wurden zu Ewigkeiten. Hannah hatte das Gefühl, als würde ein starker elektrischer Strom durch sie hindurchfließen, als würden zwei unterschiedlich geladene Pole aufeinandertreffen und einen Funkenregen aus gleißender Elektrizität erzeugen. Seine Hände umschlangen sie und zogen sie heran. Leidenschaftlich drückte er sie gegen die Wand. Die eine Hand unter ihrem Po, hob er ihren linken Schenkel hoch und drängte sich zwischen ihre geöffneten Beine. Sie erwiderte die Geste, indem sie mit ihrer Zunge in seinen geöffneten Mund fuhr. Er schmeckte wie ein guter Wein, stark und samtig. Michael fuhr fort, ihre Bluse zu öffnen. Fünf Knöpfe hatte er geschafft, als er die Geduld verlor und ihr die Bluse einfach über den Kopf zog. Mit seinem Pullover verfuhr er ebenso, ehe er sich daranmachte, Hannah die Jeans auszuziehen. Im Nu waren sie beide nackt. Hannah ließ ihre Finger über seinen durchtrainierten Körper gleiten. Michael umschlang ihre Taille und ließ danach seine Hände über ihre Brüste gleiten. Seine Finger fühlten sich warm und kraftvoll an. Dann griff er unter ihren Po, diesmal mit beiden Händen. Hannah fühlte sich hochgehoben und gegen die Wand gedrängt. Als er in sie eindrang, geschah dies mit einer Entschlossenheit, dass sie einen Schrei nicht unterdrücken konnte. Sein Becken vollführte harte, kontrollierte Stöße, die in ihrer Intensität beinahe schmerzhaft waren. Hannah konnte sich nicht erinnern, jemals derartig genommen worden zu sein. Alle Kontrolliertheit fiel von ihr ab. Sie spürte, dass die Mauer, die sie über so viele Jahre aufgebaut hatte, zu bröckeln begann. Niemand konnte sie hier beobachten, niemand würde sie stören. Sie war mit ihm ganz allein und konnte ihrer Lust freien Lauf lassen - Dinge tun, die sie noch nie getan hatte, und Worte benutzen, die sie noch nie benutzt hatte. Die Leidenschaft durchströmte sie mit einer Kraft, die sie zu überwältigen drohte. Sie waren wie die erste Frau und der erste Mann am Tage der Schöpfung - unschuldig und sündig zugleich, während sie sich im Schein der Blitze liebten.
     
     
22
    Freitag, 25. April, Magdeburg
     
    Der Morgen begann früh für Kriminalhauptkommissarin Ida Benrath. Zu früh. Genaugenommen war es noch mitten in der Nacht, als das Telefon sie aus dem Tiefschlaf riss. Vier Uhr dreiundzwanzig zeigten die Leuchtziffern ihres Radioweckers. Eine Zeit, zu der friedliebende Menschen meist in den schönsten Träumen steckten.
    Sie drückte die Empfangstaste. »Ja?« Mehr brachte sie zu so früher Stunde nicht heraus. Die Zeitspanne zwischen Schlaf und Wachsein war immer die schlimmste. Nicht wissend, in welcher Realität sie sich gerade befand, den Kopf voller schattenhafter Erinnerungen. Es dauerte eine Weile, bis sie sich orientiert hatte. Es war jedes Mal eine Tortur, bis sie sich aufgerichtet und den Körper bis ins Bad geschleppt hatte. Die Informationen, die durchs Telefon zu ihr herübergeschickt wurden, bewirkten jedoch, dass sie schneller als üblich in die Gänge kam. Anscheinend eine Vermisstenmeldung. Die Begleitumstände klangen allerdings sehr dubios. Sie ließ sich die wichtigsten Daten durchgeben, machte sich rasch ein paar Notizen, dann legte sie auf. Mit einem Seufzen ließ sie sich zurück ins Bett sinken. Ihr Lebensgefährte schlief noch tief und fest. Er schien von dem Anruf nichts mitbekommen zu haben. Der Glückliche. Die Verführung, sich an ihn zu kuscheln und ihren Kopf in das nach Wärme und Schlaf riechende Kopfkissen zu drücken, war enorm. Aber es half nichts. Sie musste raus, und zwar schnell. Also Füße auf den Boden, die paar Schritte in die Küche, Kaffee aufsetzen, anschließend ins Bad, anziehen, Kaffee trinken, Nachricht hinterlassen, kurzer Blick in den Spiegel und dann raus. Alles schon tausendmal gemacht, alles tausendfach erprobt. Jeder Handgriff saß,

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