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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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seltsames goldglänzendes Metall, das härter und widerstandsfähiger war als alles, was man bisher zu Gesicht bekommen hatte. Ein Metall, das sich gießen und schmieden ließ und dem man jede erdenkliche Form geben konnte. Die Männer, die dieses Handwerk beherrschten, waren heilige Männer, Götter beinahe. Vermutlich dauerte es nicht lange und sie wurden in den Stand von Priestern erhoben, mit Macht über Hunderte von Menschen.« Hannah war wie vor den Kopf geschlagen. Die Mesopotamier? Konnte das wirklich sein? »Aber wie ...?« »Sie sind über die alten Handelswege nach Deutschland gelangt«, sagte John. »Entlang der Donau, des Rheins oder der Elbe, oder entlang der Alpen, über die alten Bernstein- und Zinnstraßen.«
    Hannah nickte. Möglich wäre es schon. Bernstein - die Tränen der Götter, wie er auch genannt wurde - war erwiesenermaßen von der Ostsee nach Griechenland transportiert worden und wurde dort zu Schmuckstücken verarbeitet. Zinn gab es im Mittelmeerraum nicht. Es stammte aus Cornwall und der Bretagne. Ein Metall, das zur Herstellung von Bronze unverzichtbar war.
    Konnte es wirklich sein, dass Händler und Handwerker aus Mesopotamien auf diesen Straßen nach Deutschland gelangt waren? Und wenn ja, was für seltsame Götter und Rituale hatten sie mitgebracht?
    »Dieser Pasusu sieht unserem Bild vom Teufel verdammt ähnlich«, sagte sie. »Meinst du, es könnte da eine Verbindung geben?«
    »Warum nicht?« John war ganz in seinem Element. »Stell dir vor, wie das auf die nordeuropäische Bevölkerung gewirkt haben muss. Da kommen dunkelhäutige Händler mit einem magischen Metall in ihren Händen aus dem Süden. Sie beteten fremde Götter an. Dämonen mit Pferdefüßen, einem Schwanz, Flügeln und Hörnern. Wie würde es dir dabei gehen? Meinst du nicht, du würdest vor Furcht erzittern? Glaubst du nicht, dass sich eine solche Geschichte über Generationen weiterverbreiten würde? Was läge näher, als dass wir es mit dem Ursprung unserer Vorstellung vom Teufel zu tun haben?«
    Hannah spürte, wie es sich in ihrem Kopf zu drehen begann.
    So viele Informationen, so viele Spuren.
    »Alles in Ordnung?« John sah sie besorgt an. »Geht es dir gut?«
    »Wie? Oh ja ... danke, es geht schon.« Mit einem entwaffnenden Lächeln erhob sie sich. Ihre Beine fühlten sich etwas matt und kraftlos an. »Das war vielleicht ein bisschen viel auf einmal. Vielleicht hätte ich vorher doch etwas essen sollen.« Sie klopfte sich den Staub von der Hose. Sie atmete ein paar Mal tief durch, dann fühlte sie sich wieder besser. »Eine bemerkenswerte Tafel haben Sie da, Mister Stromberg, wirklich bemerkenswert. Eine echte Sensation. Könnte ich Sie vielleicht überreden, mir den Stein für das Museum zu überlassen? Sie würden mir damit einen großen Dienst erweisen. Es muss ja nicht das Original sein. Wir haben Spezialisten, die hervorragende Abgüsse machen ...«
    Das Lächeln auf Strombergs Gesicht ließ ihren Mut sinken. Offenbar hatte er auf genau diese Frage gewartet. »Sie scherzen«, bemerkte er.
    »Warum weihen Sie mich in Ihre Geheimnisse ein, wenn Sie nicht wollen, dass ich sie weiterverwerte?« Hannah war ratlos.
    »Ist das so schwer zu verstehen?« Er tippte auf die Steinplatte. »Ich will natürlich, dass Sie die restlichen drei Scheiben finden. Ich will, dass Sie den Tempel finden und mit ihm all die Kunstschätze, die dort gelagert sind. Und ich will, dass Sie herausfinden, ob es ein Portal gibt und ob es sich tatsächlich öffnen lässt.«
    Eine Pause entstand. Die Stille hallte wie Kanonendonner in Hannahs Ohren. »Das Portal öffnen? Was reden Sie da? Wir bewegen uns hier auf dem Boden von Mythen und Legenden. Wir sprechen von Religion, von Aberglaube. Kein Mensch ist so verrückt, an etwas zu glauben, was irgendjemand vor Urzeiten in eine Steintafel geritzt hat. Wie kommen Sie nur darauf, dass dieser Tempel tatsächlich existiert, geschweige denn, dass es ein Portal gibt, das sich öffnen ließe?« »Darf ich Sie an das erinnern, was Sie in der Sahara erlebt haben?«
    Hannah zögerte. »Das hier ist eine andere Kategorie. Rückblickend betrachtet, lassen sich die Ereignisse im Air rational erklären.«
    »Sie enttäuschen mich«, sagte Stromberg mit sanfter Stimme. »Ich dachte, Sie hätten sich etwas mehr Weitblick bewahrt. Ihnen muss doch bewusst sein, dass unsere Realität nur ein winziger Ausschnitt der allumfassenden Schöpfung ist. Alle Kulturen unserer Welt sind sich in dieser Beziehung

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