Nebular Sammelband XL 1 - Aufbruch der Menschheit (Episode 1-30 - "Die Große Erschütterung")
Atem an seinem Hals. Der Mentor musste direkt hinter ihm stehen.
»Seit über 500.000 Jahren kam es zu keinem Systemfehler mehr, junger Chot. Wenn Du nicht die richtigen Antworten erhältst, dann muss es an deinen Fragen liegen.«
Der junge Progonaut straffte sich. Er kam sich plötzlich lächerlich vor. Vor Ehrfurcht erstarrt und wie versteinert vor seinem Holodisplay zu sitzen, würde nur Spot und Hohn der anderen Studenten auf sich ziehen. Er beschloss, dem Mentor ins Gesicht zu sehen und wandte sich langsam um. Doch als er sich umsah, war niemand da.
Noch verwunderlicher war, dass keiner der anderen Chots sich um ihn kümmerte oder auch nur zu ihm herübersah. Alle waren nach wie vor in ihr Studium vertieft.
Ramir war verwirrt.
Ich habe diese Stimme gehört
!
Schnell nahm er sein Datentablett an sich und erhob sich von seinem Platz. Zielstrebig lief er auf den Ausgang der Bibliothek zu. Dieser Ort erschien ihm mit einem Mal düster und unheimlich. Die progonautischen Kriegerstatuen wollten plötzlich nicht mehr die ruhmreiche Geschichte seines Volkes erzählen, sondern nach ihm greifen und ihn packen. Sie wirkten nicht mehr wie Beschützer, sondern wie monströse Kämpfer, die ihm das Herz aus der Brust reißen wollten.
Ramir atmete erst auf, als er das Eingangsportal der Bibliothek hinter sich gelassen hatte. Langsam und nachdenklich stieg er die hundert Stufen zum Platz des Wissens hinab. Überall auf den steinernen Treppen beobachtete er diskutierende Studenten, welche sich angeregt unterhielten und ihr Wissen gegenseitig abfragten. Ramir war anders. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen.
An diesem Ort ist wenigstens Licht und Leben
, dachte der Progonaut erleichtert und sah einigen Passanten nach, die über den Platz schlenderten oder einfach nur an den zahlreichen, kunstvoll gefertigten Brunnenanlagen saßen, um sich zu erfrischen.
Dann stockte ihm plötzlich der Atem. Mitten unter den Studenten und Passanten stand plötzlich ein großer und kräftiger humanoid gebauter Hüne. Der Außerirdische hatte zwar eine progonautische Statur, war aber zweifellos nicht auf dieser Welt geboren worden. Der Fremde, Ramir stufte ihn aufgrund seines muskulösen Körpers als männlich ein, schien zu dem jungen Chot herüberzusehen. Er fixierte Ramir, als hätte er ihn bewusst aus den über zweihundert flanierenden Studenten herausgepickt. All die anderen Chots, würdigte der Fremde keines Blickes, so wie auch der Außerindische nicht von ihnen zur Kenntnis genommen wurde. Ramir fröstelte leicht. Die Situation erschien ihm unwirklich.
Der Chot wischte sich über die Augen, blinzelte kurz und der Fremde war übergangslos verschwunden.
Ich bin überarbeitet, höre fremde Stimmen und sehe bei Tageslicht Gespenster
, dachte Ramir erschrocken, hielt aber trotzdem weiter angestrengt nach dem Unbekannten Ausschau.
Aber Geister gibt es nicht und ich bin vielleicht müde, aber kein Narr und bei klarem Verstand
!
So sehr er sich jedoch anstrengte, er konnte den Fremden nicht mehr zwischen den Passanten ausfindig machen. Der haarige Hüne musste in der Menge untergetaucht sein.
Mit einem Mal wurde Ramir durch diese ungewöhnliche Begegnung ein weiterer Punkt bewusst.
Es gibt schon lange keine extraindischen Besucher mehr auf meiner Welt. Warum ist das so
, dachte Ramir nur und machte sich eilig auf den Weg nach Hause. Er wollte seine Entdeckung Skinna berichten und war gespannt, was seine Partnerin von diesen Tagträumen hielt.
Erkennen der Bestimmung
»Admiral!«, berichtete Nok Daralamai mit aller Fassung, die sie angesichts der neuen Entwicklung aufbringen konnte. »Die fremde Flotte fliegt soeben in den Kuiper-Gürtel ein und nähert sich Neptun. Soweit wir über unser Ortungssystem feststellen können, sammeln sich die unbekannten Schiffe zunächst vor dem solaren Schutzfeld und stoßen dann im Unterlichtflug in unseren Raumsektor vor. Neptun ist eindeutig das Ziel der Schiffe. Wir wissen bisher weder mit wem wir es zu tun haben, noch was diese Besucher im Sonnensystem wollen.«
Admiral Friedberg sah Nok mit finsterer Miene entgegen. Die Verbindung über die tachyonische Funkbrücke stand nach wie vor und die Kommandantin konnte mit dem Admiral in Echtzeit kommunizieren.
»Auf solch eine massive Invasion sind wir nicht vorbereitet«, erklärte Nok unruhig. »Wir können dieser Flotte, sollte sie eine feindselige Haltung einnehmen, nichts entgegensetzen. Ich hoffe inständig, dass es sich nicht um eine
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