Necroman
aufgeweicht. Die Knochen schienen jetzt aus einem relativ harten Gummi zu bestehen, was sie vielleicht sein mussten, um beweglich zu sein.
Necroman tanzte vor Tims Augen. Das lag nicht an der Puppe, sondern an dem Jungen, dessen Starre einem heftigen Zittern gewichen war.
Plötzlich widerte es ihn an, die Figur in der Hand zu halten. Er öffnete den Griff und ließ sie fallen.
Necroman fiel zu Boden. Der Teppich dämpfte einen Aufprall. Tim hörte kein Knacken. Es schienen keine Knochen gebrochen zu sein.
Die Gestalt lag vor ihm. Er starrte sie an. Sie war auf den Rücken gefallen. Die Ärmel der Kutte hatten sich in die Höhe geschoben, so dass die Knochenklauen weiter hervorschauten als gewöhnlich. Es waren keine Hände, sondern wirkliche Klauen, mit langen, fleisch- und hautlosen Fingern, an den vorderen Enden spitz wie Messer.
Tim konnte seinen Blick nicht von diesen Händen wenden. Er mochte sie nicht. In seiner Phantasie verzehnfachten sich diese Klauen und wurden zu mächtigen Greifern eines noch mächtigeren Monstrums, das durch den düsteren Himmel schwebte, um auf die Erde nieder zu schauen wie ein pervertierter Engel.
Es war Einbildung, angetrieben durch die schlimme Erinnerung, aber den nächsten Vorgang bildete er sich nicht ein, denn plötzlich bewegten sich die blanken Finger. Sie zuckten. Sie krümmten sich zusammen, dann streckten sie sich wieder. Gleichzeitig verzog sich auch das Gesicht. Der Mund zeigte nicht mehr das schiefe Grinsen, aber er hatte sich trotzdem verändert und zusammengezogen, denn er bildete eine Öffnung, als wollte er im nächsten Moment etwas sagen.
Tim wusste nicht, was er noch denken sollte. Er traute sich auch nicht mehr, dieses verdammte Ding anzufassen, das so plötzlich zum Leben erweckt worden war. In seiner Brust klopfte das Herz, und er hörte den hämmernden Schlag, der sogar gegen seine Rippen trommelte.
Daran störte sich Necroman nicht. Er bewegte jetzt auch seinen Körper und wälzte sich mühsam auf die rechte Seite. Wie ein Mensch, der versuchte, auf die Beine zu kommen.
Und Necroman stand tatsächlich auf. Tim konnte es nicht glauben. Es gab keinen Motor, der ihn lenkte, keine Elektronik, die versteckt eingebaut war, dieses Wesen bewegte sich aus eigener Kraft voran, und es ging schaukelnd wieder dorthin, wo es seinen Stammplatz hatte.
Zurück in die Kiste.
Die anderen Puppen standen unbeweglich. Nur Necroman war von dieser unheiligen und kaum erklärbaren Kraft erfüllt. Er bewegte sich zwischen den anderen hindurch, stieß den Werwolf an, so dass dieser schwankte, aber nicht fiel, dann rammte er durch seine Armbewegungen einen graubleichen Zombie mit blutiger Schnauze um, der auf dem Rücken liegen blieb, und hatte schließlich seinen Sessel erreicht. Um sich dort zu setzen, musste er sich umdrehen, das aber tat er nicht.
Necroman wollte nicht in seinen Sessel, er ging an ihm vorbei, direkt auf die an der Innenwand lehnende Sense zu.
Sie war sehr groß, größer als er. Necroman streckte die Klauenfinger aus. Mit beiden Händen umklammerte er den Griff und drehte sich um.
Die Waffe machte die Bewegung mit. Sie wurde nicht schräg gehalten, sondern senkrecht, aber leicht vom Boden weg, und so schabte sie unter der Kistendecke entlang.
Tim tat nichts. Er fühlte sich einfach nicht in der Lage. Er hatte Angst, schreckliche Angst. Zwar nicht so schlimm wie in der Nacht, aber sie reichte aus, um ihn erstarren zu lassen.
Necroman genoss seinen Auftritt. Er blieb noch stehen, bewegte jedoch seinen Skelettschädel, schaute sich um, als wollte er herausfinden, wo er beginnen sollte.
Andere Monsterpuppen umstanden ihn. Gestalten aus dem Bereich des Horrorfilms. Es war wirklich alles vertreten, was Rang und Namen hatte.
Tim war auch sehr stolz auf seine Sammlung, nun aber musste er zuschauen, wie Necroman aufräumte.
Er tat es mit der Sense. Unter der Kutte bewegte sich sein Körper zackig hin und her. Und diese Bewegungen übertrugen sich auch auf seine Arme. Er schleuderte sie nach rechts, dann wieder nach links, und jedesmal ließ er die halbmondförmige Klinge nach unten sausen.
Das Metall war hart, es war geschliffen, und Necroman war zu einem Sensenmann geworden, der sich seinen Weg frei schlug.
Zuerst ›vernichtete‹ er den Vampir. Die Klinge schlitzte die Gestalt regelrecht auf und spaltete dabei noch den Kopf in zwei Hälften.
Tim hätte sich nicht gewundert, wenn aus dieser klaffenden Wunde Blut geströmt wäre, aber das Innere der
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