Necromancer - The Death of the Necromancer
Leben ohne Risiko wird es für keinen von uns mehr geben, bis diese Sache vorbei ist.«
Im Café am Nordtor der Universität sprach Nicholas mit mehreren alten Bekannten und fand heraus, dass der ehemalige Master nicht nur in der Stadt war, sondern dass er am Nachmittag in seinem Haus Gäste erwartete. Das war ideal für Nicholas’ Pläne. Außerdem gewann er dadurch die Zeit, weitere Informationen über Constant Macob zu sammeln.
Für Letzteres gab es keinen besseren Ort als die Albaran-Bibliothek, die in einem der ältesten Häuser von Lodun untergebracht war. Als Nicholas im Foyer des altehrwürdigen
Gebäudes stand und ihm der Geruch von Papier, Staub und Zeit in die Nase drang, war es fast, als läge sein Studium erst kurz zurück und als wären die seither vergangenen Jahre bedeutungslos. Gereizt schob er den Gedanken beiseite. Die Vergangenheit war die Vergangenheit, so tot wie Edouard. Einer plötzlichen Regung folgend, wandte er sich an einen Biblotheksdiener und fragte nach Dr. Uberque.
Der Mann führte ihn zu einem Zimmer in der Außenmauer der Festung, das einmal zu einem inneren Wehrgang gehört hatte. Hoch oben an den Mauern und an der Decke gab es noch Falltüren, die einmal dazu gedient hatten, kochend heißes Öl auf Angreifer zu schütten, die durch die äußeren Tore gebrochen waren. Nun war der Gang in ein halbes Dutzend hohe Räume unterteilt worden, an deren Wänden sich Bücherregale hinzogen. Die schmalen Fenster, ehemalige Schießscharten für Armbrüste und Musketen, waren jetzt mit Buntglas bestückt. Dr. Uberque stand vor einem großen mit Büchern und Dokumenten bedeckten Tisch. Er entließ den Diener, bevor dieser Nicholas vorstellen konnte. »Nicholas Valiarde. Sind Sie zurückgekehrt, um Ihr Studium abzuschließen?« Er war ein großgewachsener Mann mit schütterem weißem Haar und einem runzligen, gutmütigen Gesicht. Über seinem Anzug trug er die schwarzviolette Dozentenrobe, als käme er gerade aus einer Vorlesung.
»Nein, Sir.« Nicholas unterdrückte ein Lächeln. Uberque lebte in seiner eigenen Welt. Wenn ihn Nicholas um Auskünfte bat, hatte das für ihn nicht mehr Bedeutung, als würde ihn ein Student um Hilfe für ein Referat bitten. Die Gründe interessierten ihn nicht. »Eigentlich bin ich geschäftlich in der Stadt, aber ich bräuchte auch Informationen
zu einem bestimmten Thema und dachte, dass Sie mir vielleicht weiterhelfen können.«
»Welches Thema?«
»Constant Macob.«
Ein versunkener Ausdruck trat in Uberques Augen. Ähnliches hatte Nicholas bei Geschichtenerzählern auf den Märkten parsischer Städte beobachtet. Sie waren zumeist Analphabeten, aber sie hatten Tausende von Heldensagenversen im Kopf. Nach kurzer Überlegung sagte Ubergue: »Ein Zauberer, der zur Regierungszeit von König Rogere hingerichtet wurde. Eine ausgesprochen anrüchige Erscheinung.«
»Der Zauberer oder der König?« Nicholas setzte sich an den Tisch.
Uberque nahm die Frage ernst. »Beide, aber das ist wieder ein ganz anderes Thema. Brauchen Sie Literatur über Macob?«
»Ja, bitte.«
Dr. Uberque trat an die Regale und schritt sinnierend an ihnen entlang. »Wenn es um Macob geht, dann ist immer nur von dem Nekromanten die Rede. Vor seiner Zeit war Nekromantie zwar nicht sehr geschätzt, aber durchaus legal. Damals ging es dabei in erster Linie um Wahrsagerei. Man wollte alte Könige gespiegelt im eigenen Fingernagel sehen und sie nach Geheimnissen befragen.« Uberque lächelte. »Macob hat sich viele Jahre nicht anders verhalten als andere Zauberer. Dann sind bei einer Pestepidemie seine Frau und mehrere seiner Kinder gestorben.«
»Ist es denn sicher, dass sie eines natürlichen Todes gestorben sind?«, fragte Nicholas mit zweifelnder Miene.
»In der Tat wurde später der Verdacht laut, dass er für
ihren Tod verantwortlich war, aber ich halte das für falsch. Auch die Heilmagie hat Grenzen, und die damaligen Medikamente waren praktisch nutzlos. Ich glaube, entscheidend war der Tod seiner ältesten Tochter. Danach hat sich Macob … verändert.«
»Er wurde wahnsinnig?«
»Schwer zu sagen. Nach seinen Handlungen zu urteilen, muss es so gewesen sein. Aber er hat sich nicht benommen wie ein Verrückter. Er war überaus schlau und gerissen. Seine Werke in dieser Zeit kann man einfach nur als brillant bezeichnen. Immer wieder hat er die Gelehrten von Lodun in Erstaunen versetzt, der König hat ihn mehrfach ausgezeichnet, und auch privat hat er ein völlig normales Leben in
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