Necromancer - The Death of the Necromancer
Moment trat von der anderen Seite eine Gruppe Männer ein, die in ein angeregtes Gespräch vertieft waren. Alle waren schon älter und trugen entweder Dozentenroben oder makellose Gehröcke.
Bei seinen Erkundigungen am Vormittag hatte Nicholas unter anderem erfahren, dass Rohan am Nachmittag mehrere Würdenträger der Stadt und der Universität zum Diner eingeladen hatte. Jetzt war er froh, dass sich sein Informant nicht getäuscht hatte.
»Guten Tag, Master Rohan«, sagte Nicholas mit leiser Stimme.
Erschrocken wandte sich der alte Mann um. Der Ausdruck seines schmalen, asketischen Gesichts, das bleich und tief durchfurcht war von vielen Lesestunden in schlecht beleuchteten Räumen, veränderte sich. Und diese Veränderung sagte Nicholas alles, was er wissen wollte.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Sie hier sind.« Rohan hatte die Worte hastig und ein wenig zu laut ausgesprochen, als wäre es ihm peinlich, dass er Nicholas vergessen hatte. Doch er wusste natürlich, dass Nicholas den Butler umgangen hatte, denn sonst wäre er verständigt worden. Es wäre überzeugender gewesen, wenn er sich über Nicholas’ Unverfrorenheit verärgert gezeigt und ihn gefragt hätte, warum er nicht durch die Haustür gekommen war, wie es sich für einen Gentleman gebührte.
Nicholas lächelte. »Meinen Sie hier in der Stadt oder hier unter den Lebenden?«
Rohan zog die Augen zusammen, als wäre er sich nicht ganz sicher, ob sich Nicholas über ihn lustig machte. »Sie wünschen mit mir zu sprechen? Im Augenblick ist es ungünstig.« Seine Stimme wurde kühler. Schon in wenigen
Augenblicken würde er wieder genug Selbstvertrauen fassen, um den Eindringling kurzerhand wegzuschicken.
Mit den Händen in der Tasche schlenderte Nicholas zum Tisch und suchte bewusst Rohans Blick. »Ich wollte Sie etwas wegen Edouards Angelegenheiten in Lodun fragen. Damals haben Sie sich doch so gewissenhaft für mich darum gekümmert, da dachte ich, ob Sie mir nicht vielleicht noch mal helfen könnten.«
Der Blick des Alten flackerte. Mit kaum merklichem Zögern wandte er sich an die anderen. »Entschuldigen Sie mich bitte, meine Herren. Eine Verpflichtung gegenüber einem alten Freund …«
Die Männer versicherten ihm, dass es ihnen überhaupt nichts ausmachte. Ohne Scheu folgte Nicholas Rohan in sein Arbeitszimmer. Nun hatten ihn der Master von Doire Hall, drei Dekane des medizinischen Kollegs und der Oberbürgermeister von Lodun gesehen, allesamt keine Zaubererkollegen Rohans. Wenn Rohan vorhatte, ihn zu töten, konnte er es zumindest nicht heute Nachmittag in seinem Haus tun.
Es war ein geräumiges Arbeitszimmer mit grünen gerippten Seidenbehängen und verglasten Bücherregalen an den Wänden, die nur von einem lackierten Kartenschrank und mehreren Büsten klassischer Gestalten auf gemeißelten Sockeln unterbrochen wurden. Über dem Marmorsims des Kamins hing ein Landschaftsbild des Malers Sithare, ein deutlicher Beleg dafür, dass Rohan keine finanziellen Probleme hatte.
Der ehemalige Master von Lodun setzte sich an seinen Schreibtisch, als wäre Nicholas ein Student, der zu einer Standpauke hereingerufen worden war. Kein besondes höfliches Benehmen gegenüber dem Sohn eines alten Freundes.
»Fassen Sie sich bitte kurz. Sie haben ja sicher bemerkt, dass ich …«
Nicholas schnitt ihm das Wort ab. »Eigentlich will ich nur eins wissen - der Rest ist bloße Neugier.« Er ließ den Alten einen Herzschlag lang warten. »Die Sachen, die Sie Dr. Octave gegeben haben - wo stammen sie her? Aus Edouards Labor?«
Rohan seufzte. »Ich habe sie nicht gestohlen, wenn Sie darauf hinauswollen.« Er stützte sich auf den Schreibtisch und rieb sich über den Nasenrücken. »Einige Notizbücher waren von Edouard, die anderen von mir.« Müde hob er den Kopf. »Die Kugel war von mir. Edouard hat sie gebaut, und ich habe die Zauber geschaffen.«
Nicholas verzog keine Miene und ließ die Hand an der Pistole in seiner Tasche. Es könnte ein Trick sein. Man gibt einfach zu, was man nicht mehr verheimlichen kann, und schlägt zu, sobald sich der Gegner eine Blöße gibt. Er erinnerte sich an die vage vertraute Handschrift auf den Papierfetzen, die er in Valent House gefunden hatte. Offensichtlich stammten sie von Rohan. Mit sanfter Stimme bemerkte er: »Ich wusste nicht, dass Sie mit Edouard zusammengearbeitet haben. Haben Sie nicht gesagt …«
»Dass ich mit seinem Ansatz nicht einverstanden bin und dass ich ihn für unsinnig halte - ja, das habe ich
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