Necromancer - The Death of the Necromancer
postiert, außerdem waren einige Frauen in stumpfbrauner Uniform anwesend: Wärterinnen, die man wahrscheinlich in aller Eile dazu vergattert hatte, die Verletzten zu pflegen.
Nach der Größe und Form des Zimmers zu urteilen, handelte es sich wohl um eine ehemalige Kapelle. Am anderen Ende erspähte Madeline eine weitere Tür, die tiefer ins Gefängnis hineinführte. Dann bemerkte sie einen Mann - wahrscheinlich der Spitalleiter. Ein erschöpft aussehender junger Bursche mit hängenden Schultern und Brille, der einen alten Anzug und darüber eine fleckige Schürze trug. Auch Halle hatte ihn entdeckt und traf Anstalten, sich rasch hinter einem Abteilvorhang zu verstecken. Aber es war schon zu spät. Der Spitalleiter rief ihn an: »Dr. Halle! Ich wusste gar nicht, dass Sie hier sind.«
Nach einem kurzen Seitenblick auf Madeline trat Halle vor.
Sein jüngerer Kollege stürzte herbei, um ihm die Hand zu schütteln. »Wie Sie sehen, hatten wir einen ziemlich anstrengenden Tag.«
»Verstehe«, antwortete Halle. »Ich bin gerufen worden, um etwas mit dem Direktor zu besprechen. Ich bin gar nicht sicher, ob er unsere Verabredung in dieser Notsituation überhaupt einhalten kann, doch ich dachte …«
»Natürlich, aber wo Sie schon mal hier sind, könnten Sie vielleicht einen Blick auf einen Patienten werfen, nur ganz kurz …«
Halle kniff frustriert die Lippen zusammen, erhob jedoch keine Einwände. Made line behielt ihn fest im Auge, um eine mögliche Falle auszuschließen. Doch der Spitalleiter führte ihn nur ein paar Betten weiter. Halle hatte seine Erklärung recht gelassen vorgebracht, wenn sie ihm vielleicht auch eine Spur zu glatt über die Lippen gekommen war. Zum Glück schien der junge Arzt zu beschäftigt, um Verdacht zu schöpfen. Und wer würde schon argwöhnen, dass Dr. Cyran Halle einen derart irrsinnigen Plan verfolgte?
Am besten war es wohl, wenn sie die Zeit nutzte, um Informationen zu sammeln und vielleicht zu erfahren, ob Ronsarde, allein oder zusammen mit anderen, gefasst worden war. Vor einem Metallausguss an der Wand stand eine Gefängniswärterin, die sich gerade die Hände wusch. Madeline steuerte auf sie zu.
»Madame!«
Made line war durch ihre Bühnenarbeit zu gut geschult, um schuldbewusst zusammenzuzucken oder sich sonst eine erkennbare Reaktion zu gestatten. Sie ignorierte die gebieterische Stimme und marschierte einfach weiter. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie einen Mann, der sich ihr näherte. Jetzt wird’s schwierig. Er war älter, hatte ein strenges Gesicht und trug einen äußerst korrekten Anzug. Mit Sicherheit kein Arzt. Vielleicht sogar der Gefängnisdirektor persönlich.
Er trat direkt auf sie zu. Sie blieb stehen und deutete einen nervösen kurzen Knicks an, wie man es von einer Frau in ihrer Position erwarten konnte. Es fiel ihr nicht besonders schwer, die Nervöse zu mimen.
»Wer sind Sie?«, fragte er.
»Dr. Halles Krankenschwester, Sir.« Das sollte genügen, um ihn zu beruhigen. Schließlich kam Dr. Halle häufig hierher.
Doch der Mann drehte sich um, und ein dunkler Argwohn trat in seine Augen, als er Halle zusammen mit seinem Kollegen erblickte. Madeline spürte, wie sich eine eisige Faust um ihren Magen krampfte.
Jetzt schaute auch Halle auf und bemerkte ihn. Aus der Entfernung konnte Madeline sein Gesicht zwar nicht genau erkennen, aber er machte keinen besonders erfreuten Eindruck. Er entschuldigte sich beim Spitalleiter und kam herüber.
»Darf ich fragen, was Sie hier machen, Dr. Halle?« Halle verzog keine Miene. Nach kurzem Zögern fragte er: »Können wir unter vier Augen sprechen, Sir Redian?«
Made line konnte ihr Pech nicht fassen. Niemand musste ihr lang erklären, dass das ein hoher Gefängnisbeamter war, der ihnen ihre eilig ausgeheckten Lügen bestimmt nicht abkaufen würde. Redian musterte Halle einen Moment lang. »Kommen Sie bitte mit.«
Halle folgte ihm, während Madeline stehen blieb und sich möglichst unauffällig an die Wand drückte. Doch Redian zischte: »Ihre Krankenschwester bitte auch.«
Madeline stieß eine stumme Verwünschung aus. Das kommt davon, wenn man immer nur Glanzrollen spielt und den anderen die Schau stiehlt. Halle blickte kurz zu ihr zurück, ohne dass seine Züge etwas verrieten. So blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Sie wurden an einer Reihe von Betten hinter Stoffparavents vorbeigeführt und gelangten in ein kleines Büro, das wohl
dem Spitalleiter gehörte. Der Raum war eng, der Schreibtisch
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