Necromancer - The Death of the Necromancer
auf den Lippen, und Schweigen breitete sich aus.
Schließlich war nichts mehr übrig außer der Kleidung und grauem Sand. Nicholas und Crack näherten sich, aber Madeline stieß einen Warnruf aus. »Nicht berühren!«
»Weißt du, was das ist?«, wollte Nicholas wissen. Madeline kannte sich ein wenig mit Magie und Hexerei aus, auch wenn sie diese Kenntnisse nicht gern an die große Glocke hängte.
»Nicht genau.« Sorgfältig hob sie die Schöße ihres Morgenmantels vom Boden und trat neben ihn. »Es ist schon lange her, dass ich mich mit solchen Dingen befasst habe. Aber das Prinzip kenne ich. Das war ein Golem, ein Scheinbild, das zu einem bestimmten Zweck angefertigt wurde und seine Lebenskraft aus einem Symbolobjekt bezieht … wahrscheinlich aus dem Gehstock.«
Der Stock lag neben den Überresten des Wesens. Crack stupste ihn vorsichtig mit der Stiefelspitze an, aber nichts passierte.
»Wir sollten das ganze Zeug in den Teppich wickeln und hinten im Garten verbrennen«, setzte Madeline hinzu.
»Das machen wir auch«, versicherte ihr Nicholas. »Aber zuerst müssen wir eine Probe nehmen und die Taschen durchsuchen. Sarasate, schicken Sie jemanden nach meinen Arbeitshandschuhen. Die aus dickem Leder.«
»Nicholas, bitte.« Madeline zog verärgert die Brauen zusammen. »Wenn ich sage, dass es gefährlich ist, dann nicht, weil ich mich gern reden höre.«
»Ich bin ganz vorsichtig, das verspreche ich dir. Aber nur so finden wir vielleicht heraus, wer unseren Besucher geschickt hat - zumal wir ihm jetzt keine Fragen mehr stellen können.«
Madeline schien nicht überzeugt. »Außerdem wird nichts in seinen Taschen sein, wenn sein Auftraggeber auch nur halbwegs bei Verstand ist.«
Damit hatte sie natürlich recht, aber Nicholas ließ nie die
Möglichkeit außer Acht, dass ein Gegner etwas übersehen haben könnte. Selbst die Besten machten mitunter Fehler, und wenn es passierte, musste man darauf gefasst sein. Sarasate brachte die Handschuhe, und Nicholas durchsuchte gründlich die Taschen. Doch er fand nichts außer einer zerknitterten und oft gefalteten Einladung zum Ball der Duchess of Mondollot, die in der Innentasche des Gehrocks steckte. Mehr an sich selbst als an die anderen gewandt, murmelte Nicholas: »Könnte eine Fälschung sein, aber Spiritismus ist zurzeit so beliebt, dass er vielleicht wirklich als Kuriosität eingeladen wurde.« Diese Frage konnten sie nach einem genauen Vergleich mit Madelines Einladung immer noch klären.
Madeline hatte sich in den Sessel geschmiegt und die Beine unter dem Morgenmantel hochgezogen. Die anderen Diener waren ausgeschwärmt, um das Gelände nach weiteren Eindringlingen zu durchkämmen und einen Scheiterhaufen für den Teppich und die Überreste des Besuchers vorzubereiten. Nur Crack war zurückgeblieben und beobachtete alles mit besorgter Miene.
»Er ist nicht mit einer Kutsche gekommen, oder?«, fragte Madeline plötzlich. »Wie ist er uns dann gefolgt?«
»Anscheinend überhaupt nicht.« Nicholas nickte Crack zu, der verlegen Anstalten zu einer Erklärung machte: »Devis war hinten im Stall und hat ihn von dort aus entdeckt. Er is von der Straße aus in die Auffahrt rein.«
»Also hat ihn jemand abgesetzt, und er hat gewartet, bis wir heimkamen.« Made line klang nachdenklich. »Ich frage mich, ob das bei dem Ball der echte Octave war oder dieses Wesen. Nein, warte. Der Hüter oder der Schutzgeist über der Tür hätten den Golem entlarvt. Er hatte zwar die Ein - ladung
bei sich, aber wahrscheinlich nur, weil ihm Octave seine Kleider überlassen und vergessen hat, das Blatt aus der Jackentasche zu entfernen.«
»Richtig.« Nicholas nahm eine Probe von dem grauen Pulver und kippte sie behutsam in eine Glasphiole. Crack half ihm dabei, den Stöpsel mit einem Draht zu befestigen. »Das bringen wir morgen Arisilde vorbei. Mal sehen, was er davon hält.«
»Falls er uns überhaupt helfen kann.« Made line rieb sich müde übers Gesicht. »Man kann nie vorhersagen, in welcher Verfassung er ist.«
Nicholas stützte die Ellbogen auf die Knie. Nach dieser langen Nacht tat ihm der Rücken weh. »Aber wir brauchen dringend seine Hilfe. Irgendjemand scheint sich sehr für uns zu interessieren. Und das Ausmaß dieses Interesses finde ich beunruhigend.« Er bat Crack um die Phiole und stellte sie auf den Tisch. Sie fing das Kerzenlicht ein, als wäre sie nicht mit Sand gefüllt, sondern mit Diamantstaub, doch der Widerschein war blau wie Octaves Zauberlicht.
Weitere Kostenlose Bücher