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Necromancer - The Death of the Necromancer

Titel: Necromancer - The Death of the Necromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Wells
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»Wirklich äußerst beunruhigend.«

3
    N icholas reichte Madeline den Arm, als sie aus der Kutsche stieg. Ein undamenhaftes Gähnen unterdrückend, schaute sie sich auf der Straße um und zuckte leicht zurück. Nicholas hatte vollstes Verständnis dafür. So früh am Morgen war Philosopher’s Cross nicht unbedingt ein erfreulicher Anblick. Die farbenfrohen Bewohner lagen um diese Zeit noch im Bett, und so hatte das Viertel im kalten Licht der Dämmerung große Ähnlichkeit mit einem Theater nach einer langen Aufführung: frei von Magie, die kitschigen Kulissen bloßgestellt und der ausgestorbene Saal übersät mit den Hinterlassenschaften des Publikums.
    Der Bezirk trug den Namen Philosopher’s Cross, weil sich hier zwei wichtige Verkehrsadern kreuzten: die Street of Flowers und der Saints Procession Boulevard. Erstere führte hinauf zur Palastmauer und hinunter zum Fluss, wo sie auf den Riverside Way stieß; der Boulevard bildete die Verbindung zwischen Carina Gate und Old City Gate, die sich an entgegengesetzten Enden der ausgedehnten Stadt befanden.
    Früher hatte er Vienne als einzige Hauptstraße durchschnitten, ohne Unterbrechung durch Kanäle oder Slums, bis er jäh in einer kleinen Gasse endete. Doch mit den Bauprojekten des vergangenen Jahrhunderts waren eine neue
Brücke über den Fluss und sechs Straßen durch die verwahrlosten Viertel hinzugekommen.
    Nicholas gab dem Kutscher das Zeichen zum Warten, und Crack kletterte vom Bock herunter, um sie zu begleiten. Es war kurz nach Sonnenaufgang, und die wenigen Leute, die sich schon herausgewagt hatten, hasteten tief vermummt gegen die Kälte zu ihren jeweiligen Zielen. Die Überreste von gemauerten Ständen unter den Promenaden verrieten, dass hier einmal ein großer Markt existiert hatte, doch inzwischen wurde die Szenerie von Varietés, Cafés, schmalen Gassen und verfallenen Häusern beherrscht. Zum Teil waren es alte, solide gearbeitete Gebäude von einer gewissen Erhabenheit, deren Giebel mit angeschlagenen, verwitterten Statuen besetzt waren. Zum Teil waren es aber auch schludrig hochgezogene, leicht windschiefe Kästen aus billigem Ziegel, die wirkten, als könnten sie jeden Moment einstürzen. Alle waren mit Ruß und Rauch verschmiert. Wenn die Sonne hoch am Himmel stand, drängten sich auf den Straßen nicht nur alte Frauen, die alles von Kräutern bis Kleidung feilboten, sondern auch die Bettler, Musiker, Spinner, armen Zauberer, Hexen, Artisten und Zigeuner, für die das Viertel berühmt war.
    Crack eilte ein kurzes Stück in die schmutzige Seitengasse hinein und öffnete eine Tür. Vorsichtig durch den Morast staksend, folgten ihm Nicholas und Made line. Der Eingang des Wohnhauses war unbewacht; der Hocker in dem kleinen Kabuff, auf dem normalerweise der Concierge saß, war leer, aber die verstreuten Apfelreste und zerknüllten Schundblätter bewiesen, dass der Platz nur kurzfristig verlassen war. Die enge, dreckige Treppe wurde lediglich von einem zerbrochenen Dachfenster erhellt, das als
trüber Lichtkreis mehrere Stockwerke über ihnen zu erahnen war.
    Made line zog die Mundwinkel nach unten. »Der arme Arisilde. Zum Glück nimmt er die meiste Zeit nichts davon wahr.«
    Nicholas sagte nichts dazu. Wahrscheinlich hatte sie recht, und der Grund dafür war schon seit längerem ein Anlass zu nagender Sorge für ihn. Arisilde Damal war zweifellos der mächtigste Zauberer Ile-Riens, dessen Dienste man gegen ein Honorar in Anspruch nehmen konnte, und er besaß obendrein den Vorzug, dass er oft vergaß, wofür man ihn bezahlt hatte. Falls er erwischt und verhört wurde, waren seine Aussagen praktisch wertlos.
    Doch Arisilde befand sich nun schon seit einigen Jahren auf einer Reise ohne Wiederkehr, und Nicholas wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er sein Ziel erreichte. Mit Crack als Kundschafter stiegen sie die Treppe hinauf.
    Sie erreichten den schmalen Absatz im obersten Stock, und Crack klopfte an die Tür der Mansardenwohnung. Die Tatsache, dass die Tür ohne weiteres erkennbar war, war ein gutes Zeichen, das darauf schließen ließ, dass Arisilde Besucher empfing. Im Fall einer Unpässlichkeit wäre es viel schwieriger gewesen, den Eingang zu finden.
    Von drinnen klang es, als würden Möbel gerückt, dann wurde die Tür von dem alten parsischen Diener des Magiers geöffnet. Der Mann trug verblichene Stammesgewänder und eine überzeugend wirkende böse Fratze. Bei Cracks Anblick jedoch verschwand die Fratze, und er winkte sie

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