Necromancer - The Death of the Necromancer
weniger gefährlich als für uns andere. »Er benutzt einen Apparat, wie ihn Edouard zusammen mit dir und Asilva gebaut hat. Er muss sich Zugang zu Edouards Aufzeichnungen verschafft haben. Aber alles, was den Prozess überlebt hat, ist in Coldcourt und wurde nicht angerührt. Damit bleiben noch du und Asilva …«
Arisilde stoppte abrupt, ohne auf den Nieselregen, die vorbeieilenden Passanten und die spritzenden Wagen zu
achten. Mit leerem Blick konzentrierte er sich so sehr, dass Nicholas schon meinte, er wolle einen Zauber ausführen. Dann schüttelte der Magier den Kopf und starrte Nicholas mit großem Ernst an. »Nein, ich glaube nicht, dass ich irgendwem von den Kugeln erzählt habe. Da würde ich mich bestimmt erinnern. Außerdem hätte Edouard es nicht gewollt, weißt du. Nein, ich bin sicher, dass ich mich erinnern würde.«
Nicholas lächelte. »Schön zu wissen, doch davon bin ich ohnehin ausgegangen.«
Arisilde schien erleichtert. »Gut. Wenn du mir allerdings versichern würdest, dass ich es war, müsste ich dir natürlich glauben.«
Sie setzten ihren Weg fort und wurden knapp von einer kleinen Sturzflut verfehlt, die von den Rädern einer vorbeifahrenden Kutsche ausgelöst wurde. »Andererseits kann ich mir auch nicht vorstellen, dass Asilva jemandem davon erzählt hat«, fügte Arisilde hinzu. »Eigentlich hat er Edouards Experimente mit Magie nicht gutgeheißen. Das hat ihn jedoch anfangs nicht davon abgehalten, daran teilzunehmen. Für ihn stellt Wissen an sich schon einen hohen Wert dar, eine Auffassung, zu der sich durchaus nicht alle in Lodun bekennen.«
Nicholas warf ihm einen kurzen Blick zu und bemerkte, dass etwas Gehetztes in Arisildes Gesicht getreten war. »Das hast du schon gestern Nacht im Zusammenhang mit Ilamires Rohan erwähnt.«
»Tatsächlich?« Arisildes promptes Lächeln wirkte nicht besonders überzeugend. »Du darfst nicht jedes Wort von mir auf die Goldwaage legen.«
Nicholas beschloss, das Thema erst einmal auf sich beruhen
zu lassen. So einen vernünfigen Eindruck wie heute hat er schon seit einem Jahr nicht mehr auf mich gemacht. Ich darf ihn nicht mit bohrenden Fragen bedrängen, sonst fällt er vielleicht wieder in seine Verwirrtheit zurück. Es war sicherer, sich an der Gegenwart zu orientieren. »Dieser Kellerraum, wo der Mann getötet wurde. Hast du so was je irgendwo gesehen?«
»Das möchte ich nicht hoffen.«
»Ich glaube, ich bin schon mal auf eine Zeichnung, genauer gesagt einen Holzschnitt, in einem Buch gestoßen, wo so was beschrieben wurde. Ich frage mich, ob das bedeutet, dass es sich dabei vielleicht um ein bestimmtes nekromantisches Ritual handelt.« Arisilde hielt den Blick auf das nasse Pflaster gesenkt, ohne zu antworten. »Wenn wir rausfinden könnten, was unser Gegner damit erreichen wollte, würde uns das womöglich weiterhelfen.«
»Auf Anhieb fällt mir dazu nichts ein. Natürlich wissen wir beide, dass das noch nicht viel heißt.« Arisilde lächelte ein wenig kläglich. Dann erhellte sich seine Miene. »Ich könnte danach suchen. Das wäre doch die richtige Aufgabe für mich, oder?«
»Wenn du möchtest.« Nicholas war sich nicht sicher, wonach Arisilde suchen wollte, aber man konnte ja nie wissen. »Auf jeden Fall müssen wir rauskriegen, woher Octave seine Informationen hatte. Keiner kennt sich mit Edouards Forschungen so gut aus wie du. Gab es noch jemand anders, der genug darüber wusste, um Octave unterstützen zu können?«
»Das ist die Frage, was?« Arisilde hatte nicht gemerkt, dass er zwei gutgekleideten Damen den Weg verstellte, und Nicholas tippte sich entschuldigend an den Hut, während
er seinen Freund am Ellbogen nahm und ihn von der Mitte der Promenade wieder näher zum Rand lenkte. »Darüber müsste man mal genauer nachdenken.« Arisildes Gesicht wurde wieder ernst. »Es freut mich, dass du dich darum kümmerst, Nicholas. Dieses Treiben muss endlich aufhören.«
Nicholas hatte sich mit Madeline im Innengarten des Kunstkonservatoriums verabredet. Viele Menschen hatten hier Zuflucht vor dem Regen gesucht, der über die Glaswände rieselte und auf den gewölbten Metallplatten des hohen Dachs Musik machte. Die meisten der in dem großen, luftigen Raum verstreuten Gusseisentischchen waren besetzt, und es war schwer, sich zwischen den hängenden Körben mit Grünpflanzen und den Obstbäumen in Kübeln zu orientieren. Schließlich erspähte er sie unter einem Orangenbaum. Mit einem burgunderfarbenen Samtkleid und einem
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