Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
irgendwelche Gliedmaßen verlor und verblutete, war das etwas vollkommen anderes. Auf ebendiese Art hatten Lardis’ fünf Männer ihr Leben gelassen – bei dem Versuch, ihre Eingeweide zurück in ihre aufgeschlitzten Körper zu stopfen. Und ebendeswegen hatte man sie als Erste den Flammen übergeben – damit ihre Ehefrauen sie nicht so sehen mussten. Auch im Tod sollten sie noch ihre Würde behalten.
Was nun die Befragung der Männer anging, die Überprüfung der Überlebenden – das war eine weitere Vorsichtsmaßnahme. Es war stets von äußerster Wichtigkeit, auf Nummer sicher zu gehen, dass die Männer nicht irgendwie verletzt und schon gar nicht gebissen worden waren. Denn der Biss eines Wamphyri war hoch ansteckend und wirkte rasch, und mitunter leugneten selbst die Tapfersten einen ... nun, sagen wir: kleinen Kratzer am Hals ...
Die gefangenen Knechte wurden an Kreuze gebunden, die in die Erde eingelassen waren, nicht aus Grausamkeit, sondern weil man sie so am besten im Auge behalten konnte. Denn selbst in Fesseln vermochten sie sich noch im dünnsten Bodennebel wie Schlangen davonzumachen. Die Vernehmung dauerte nicht lange. Sie zischten, spuckten und wanden sich, gaben aber keinerlei Antwort auf die Fragen. Warum auch, wo sie doch ohnehin wussten, was ihnen blühte? Vielleicht, wenn Lardis die Zeit gehabt hätte, sich eingehender mit ihnen zu befassen ... Aber da der Zufluchtsfelsen nun einmal kein Geheimnis mehr war, hatte der alte Lidesci für heute Nacht andere Pläne. Und war er im Grunde seines Herzens nicht immer ein Traveller geblieben?
Ohne jede Gefühlsregung – all dies hatte er auch früher schon erlebt, und er wusste, dass es keine Alternative gab – befahl er, die sich windenden Fratzen schneidenden Knechte so rasch und sauber wie möglich zu töten. Von geübten Schützen aus nächster Nähe ins Herz getroffen, spürten sie weder den Aufprall des Bolzens noch die Gluthitze der Feuergrube.
Zu guter Letzt kam der verwundete Leutnant an die Reihe, allerdings war »Verwundung« wohl kaum der passende Ausdruck für die entsetzliche Verletzung, die er erlitten hatte. Und im Gegensatz zu den anderen, die vor ihm verbrannt worden waren, war dies kein frisch gebackener Rekrut. Nein, ganz im Gegenteil, er war wesentlich älter, und seine Verwandlung war so weit fortgeschritten, dass er schon beinahe ein Wamphyri war. Es stand außer Frage, dass er mit Wratha und den anderen aus Turgosheim gekommen war.
Lardis, Andrei und Nathan blickten zu ihm hinauf, wie er an seinem Kreuz hing, und warteten darauf, dass er das Bewusstsein wiedererlangte. Für Trask, Chung und die anderen jedoch, die in einer Menge schweigender, alles aufmerksam beobachtender Szgany untätig daneben standen, schien es, als würde dies wohl niemals der Fall sein. Dabei hätte zumindest Trask es besser wissen müssen, immerhin hatte er derartige Schrecknisse, wenn auch in einer anderen Welt, schon zur Genüge erlebt.
Einen blutigeren Anblick als diesen Gekreuzigten vor dem pulsierenden Glühen der Feuergrube konnte man sich wohl kaum vorstellen. Andrei Romani hatte ihn angeschossen, mit einem Sprengbolzen gestoppt, den er ihm in den Muskel der rechten Schulter pflanzte. Aber entweder war der Bolzen fehlerhaft gewesen, oder bei der Detonation ging etwas schief, denn sonst wäre der Leutnant mit Sicherheit nicht mehr am Leben; doch wie dem auch sein mochte, es hatte ihn seinen rechten Arm gekostet und die gesamte Muskulatur seiner rechten Brust. Seine oberen Rippen waren auf dieser Seite gebrochen und ragten rot und schwarz aus dem Brustkasten, und das Gesicht und der Hals über der leeren Gelenkpfanne und der zerschmetterten Schulter waren eine einzige blasenübersäte, rußgeschwärzte Masse versengten Fleisches.
Während die Männer am Boden warteten, schlug er schließlich das linke Auge auf, und dort, wo sich in dem ganzen verbrannten Fleisch eigentlich sein rechtes Auge befinden sollte, öffnete sich etwas einen winzigen Spalt breit. Und tatsächlich, dort war ein Auge, ein schwefelgelber, ebenso wie das andere rot gesprenkelter Fleck. Dieser Leutnant war noch kein Wamphyri, das nicht, aber wenn er am Leben blieb, würde er über kurz oder lang wohl dazu werden. Er wusste jedoch, dass es für ihn keine Zukunft gab, denn Lardis Lidesci hatte anderes mit ihm im Sinn. Während er allmählich wieder zu sich kam und den Kopf hob, fragte Lardis ohne viel Umschweife:
»Wer bist du?«
»Ach, hau ab! Geh und fick eine Ziege!«,
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