Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
immer nach ihr gesucht? Weshalb bist du dann zurückgekehrt?
»Weil dies meine Welt ist und alles, was ich liebe, sich hier befindet!«
Und auch alles, was du hasst, nehme ich an.
»Die Wamphyri? Oh ja! Und vielleicht verfügen wir jetzt endlich über die Mittel, sie zu vernichten ...« Doch hier hielt Nathan inne, denn selbst in der Abgeschiedenheit der Toten wollte er dies nicht weiter vertiefen. Außerdem war er sich über die Einzelheiten noch nicht einmal selbst im Klaren. Er wusste lediglich eines: Je weniger darüber bekannt war, ob nun bei den Lebenden oder den Toten, desto besser. Darum wechselte er rasch das Thema.
»Thikkoul ... woher weißt du eigentlich, dass ich zurück bin?«
Was, du? Der eine Mensch, der die Verbindung zwischen Tod und Leben darstellt? Der uns eine Brücke schlägt in die Welt der Lebenden? Der einzige Bote aus einer anderen Daseinssphäre, Botschafter des ansonsten Unbekannten? Als du von uns gingst, war es, als würde eine einsame Kerze verlöschen; und als du wiederkamst, erstrahlte sie von Neuem in hellem Glanz! Ich hätte schon viel früher versucht, dich zu erreichen, aber anfangs wagten wir es ja gar nicht zu glauben.
»Wir?«
Ich und all deine Freunde unter den Uralten der Thyre, mit denen du damals gesprochen und deren Worte du an ihre Nachkommen unter den Lebenden weitergegeben hast. In der Höhle der Uralten, in der Stätte-unter-den-gelben-Klippen gerieten Rogei, Shaeken und die anderen mit einem Mal in helle Aufregung! Sie sprachen mit ihren Gefährten, den anderen Toten an anderen Stätten. Mit Tolmia und Ethloi dem Ältesten in Zum-Himmel-offen, die die Nachricht weitergaben, dass du in der Tat zurückgekehrt warst! So gelangte sie schließlich zu mir, Thikkoul dem Sterndeuter, in der Halle der Endlosen Stunden in Fluss-Schnelle. Und natürlich musste ich mit dir sprechen und dir meine Dienste anbieten.
»Deine Dienste?«
Aber ja doch! Denn nun, wo du wieder eine Zukunft hast ... kann ich für dich darin lesen! Ich gebe zu, ich tue es ebenso für mich wie für dich – um die Sterne wieder zu sehen, durch die Augen des Necroscopen!
Nathan überlegte einen Moment. »Es könnte sich als außerordentlich wertvoll erweisen«, sagte er schließlich. »Andererseits«, fuhr er eher vorsichtig fort, »was auch immer du siehst, lässt sich ja nicht ändern ... Ich meine, wenn das, was sein wird, ohnehin eintritt ...«
Selbstverständlich, entgegnete Thikkoul etwas enttäuscht, und Nathan bekam mit, wie er dabei bedächtig nickte. Natürlich! Und ich kann es dir noch nicht einmal verdenken, dass du lieber im Ungewissen bleibst. Schließlich ist die Zukunft eines jeden Menschen, auch die des Necroscopen, letztlich begrenzt ...
»Sollte ich es mir aber noch anders überlegen ...«
Ja! Ja, das versteht sich von selbst! Thikkoul schwieg einen Augenblick. Ich habe dich lange genug im Schlaf gestört. Aber vergiss nicht: Ich bin da, wann immer du mich brauchen solltest.
»Ich werde daran denken«, erwiderte Nathan und spürte, wie Thikkouls körperlose Gedanken aus seinem Bewusstsein schwanden. Der Necroscope träumte weiter, sein Geist war empfänglich und weit offen ...
... für diejenigen, die bereits seit Stunden, seit er in seine Heimat zurückgekehrt war, versuchten, zu ihm durchzudringen, und wussten, dass ihre Chancen, ihn zu erreichen, am besten standen, wenn er schlief. Diverse Hindernisse – zum einen die schiere Masse des Grenzgebirges, zum andern die Tatsache, dass Nathans Gedanken entweder ständig beschäftigt oder aber völlig leer waren, solange er mit den Toten redete; hinzu kam, dass er im Innern eines Felsens schlief, wenn auch dicht an der Außenwand – hatten sie bisher von ihm ferngehalten. Doch während sie warteten, unterhielten sie sich miteinander, wie sie es stets zu tun pflegten.
Früher war es kaum jemals notwendig gewesen, sich auf diese Weise zu unterhalten. Da sie zusammenlebten und gemeinsam das Rudel führten (an sich schon eine bislang undenkbare Vorstellung) und als Brüder auch noch aus demselben Wurf stammten, hatte der tägliche Umgang miteinander mehr als genügt. In jüngster Zeit jedoch zwangen schmerzliche Ereignisse sie, getrennte Wege zu gehen, weshalb sie nun auch versuchten, den Kontakt zu Nathan herzustellen. Aber noch aus einem weiteren Grund wollten sie ihn sprechen – um ihn willkommen zu heißen.
Nathan hatte ihrer gedanklichen Unterhaltung bereits seit einigen Minuten gelauscht, ehe es ihm dämmerte, dass dies
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