Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Anschein gehabt, es tue sich nichts weiter. Doch nun wurde offensichtlich, dass in der Tat Bewegung in die Angelegenheit geraten war. Gustav Turchin war keineswegs untätig geblieben, und dies hätte der Höhepunkt seiner Bemühungen werden sollen, die Realisierung seines Zieles, Turkur Tzonov und dessen Leute in flagranti zu erwischen und auf einen Schlag festzunehmen. Aber es war ebenso offensichtlich, dass Tzonov, der Chef der Gegenseite – des russischen E-Dezernats –, es hatte kommen sehen. Er hatte seine Vorkehrungen getroffen, und das Ergebnis war dieses Feuergefecht hier in Perchorsk.
Fünf schwer bewaffnete Uniformierte befanden sich auf der Rampe. Sie wurden von dem von einem Geländer umgebenen Podest oberhalb des an der Umfassungswand entlangführenden Laufstegs aus beschossen. Drei von ihnen mühten sich ab, einen mit Waffen und Munition beladenen Karren zu einer Lücke in der stählernen Hülle zu ziehen – also zum Tor hin –, während ihre beiden Kameraden ihnen Feuerschutz gaben.
Nun, da Trasks und Nathans Augen sich an die plötzliche Helligkeit, an das Gleißen des Tores gewöhnt hatten, das einen selbst durch das Rauchglasfenster hindurch noch zu blenden vermochte, konnten sie sehen, dass dies nicht die Ersten von Tzonovs Leuten waren, welche die Schwelle überquerten. Andere Soldaten hatten bereits die »Außenhaut« der gleißenden Kugel, ihren Ereignishorizont, passiert und waren auf der anderen Seite als glänzende Silhouetten zu sehen, die sich wie in Zeitlupe vor einem eintönig milchigen Hintergrund bewegten, eine weit auseinander gezogene Reihe schwer bepackter strahlend heller Gestalten, die sich in der fremdartigen weißen Ferne verlor. Lediglich eine Hand voll ihrer Kameraden war im Vordergrund zurückgeblieben und machte denen, die sich noch draußen befanden und die Rampe überquerten, Zeichen, sich zu beeilen. Ihr Winken war quälend langsam, geradezu unheimlich.
Ein Techniker oder Wissenschaftler in weißem Kittel tauchte hinter der Wölbung des Tores, wo er sich versteckt hatte, auf. Die Hände über dem Kopf zum Zeichen, dass er sich ergeben wollte, den Körper gegen ein Segment der Stahlummantelung gepresst, geriet der verängstigte Mann Zentimeter um Zentimeter ins Blickfeld. Einer der Männer auf der Rampe sah ihn, richtete die hässliche stählerne Mündung seiner Maschinenpistole auf ihn und ließ eine Salve von zwölf Schuss auf ihn los. Es war Mord, daran gab es nichts zu rütteln, noch dazu völlig unnötig. Offensichtlich waren dieser Soldat und seine Kameraden von Tzonov persönlich ausgesucht worden. Der Wissenschaftler zuckte und wurde hin und her geschüttelt, als ihn das glühend heiße Blei durchsiebte, aus seinem Körper wieder austrat, an der Karbonstahlhülle zerbarst und als Querschläger ein zweites Mal traf. Innerhalb eines Augenblicks war sein weißer Kittel von Blut durchtränkt. Immer mehr in sich zusammensinkend, stolperte der Mann vorwärts, fiel am Rand der Plattform auf die Knie, bekam das Übergewicht und stürzte kopfüber gut zwanzig Meter tief hinab zwischen die Streben und Stützen. Und sein Jammern gesellte sich zu dem der übrigen Toten in der Nähe des Hauptschaltpultes.
Nathan hatte keine Zeit, ihnen Trost zu spenden. Er konnte lediglich zusehen.
Weitere Männer kamen im Laufschritt den kreisrunden Schacht zum Podest herabgerannt. Sie eröffneten gleichfalls das Feuer auf die Soldaten auf der Rampe und deckten sie mit einem Bleihagel ein. Einer von Letzteren wurde in die Brust getroffen. Um sich tretend, brach er schreiend zusammen, zuckte noch einmal und rührte sich dann nicht mehr. Aber sie hatten ihren Karren schon beinahe bis zum Tor geschoben, nur noch wenige Schritte, dann hätten sie es geschafft. Funken sprühten von der Rampe, wo Kugeln Splitter von den Metallteilen rissen, und die beiden Soldaten, die den anderen Deckung gaben, erwiderten das Feuer.
Als noch mehr Männer durch den Zugangsschacht auf das Podest strömten, löste sich ein Trupp von acht Mann von der ursprünglichen Gruppe und polterte die Treppe zu dem an der Umfassungswand entlangführenden Laufsteg hinab. Doch als sie den Weg knapp zur Hälfte zurückgelegt hatten, begann sich die Situation erst richtig zuzuspitzen.
Nathan hatte gehofft, dass er Tzonov und dieser ihn sehen würde. Er wollte ihm in Erinnerung rufen, wem er so übel mitgespielt hatte und mit wem er es in Zukunft wohl noch zu tun haben würde – und dass er für das, was er Siggi Dam
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