Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
... abgesehen natürlich von deinen eigenen! Zu einer von ihnen gehe ich, ja. Aber sie lieben ...?«
»Abgesehen von meinen eigenen?« Noch immer ließen weder Nestors Stimme noch sein Gesicht auch nur die geringste Emotion erkennen. »Aber sie gehören doch alle mir, oder etwa nicht?«
»So wie wir alle«, beeilte Zahar sich, ihm beizupflichten. »Aber du pflegst nicht alle Frauen deiner Stätte aufzusuchen, nur diejenigen, die deiner würdig sind. Und selbstverständlich weiß ich Bescheid, welche Vorlieben du hast.«
»Ich habe meinen Harem, gewiss«, nickte Nestor.
»In der Tat, mein Lord.«
»Aber manchmal müssen sie darben.«
»Wie es dir beliebt, natürlich.«
»In letzter Zeit habe ich mich ihnen ... versagt.«
»Und dir selbst auch, mein Lord.«
Erneut bedachte Nestor ihn mit einem flüchtigen Blick. »Sind sie zu anderen gegangen? Zu dir? Oder anderen Leutnanten? Zu anderen Männern? Etwa zu gemeinen Knechten?«
Zahar war hastig einen Schritt zurückgewichen. »Aber ... so etwas würden sie niemals wagen! Was, deine Frauen? Mit anderen Männern ...? Und welcher deiner Gefolgsleute würde hoffen oder versuchen oder hätte den Nerv ... ich meine ...«
»Ich weiß, was du meinst. Mein Arm ist lang und meine Strafen hart.«
Abermals seufzte Zahar auf. »Ja, mein Lord!«
»Bin ich zu hart?«
(Was sollte er darauf erwidern? Ja sagen und für einen Schwächling gehalten werden? Oder Nein sagen und Gefahr laufen, dass Nestor ihm gleich hier und jetzt, auf der Stelle, das Gegenteil bewies, womöglich indem er ihm einen weiteren seiner Finger abschnitt?) »Du bist genauso hart, wie du sein musst, mein Lord! Weder zu streng noch zu nachgiebig.«
Darauf blickte Nestor ihn an und grinste freudlos. »Schlau! Du bist gar nicht so schlecht in Wortspielen, Zahar – nun, sofern man in Rechnung stellt, wie schwer es war, überhaupt mit Vasagi zu reden, und wie schwierig die Nuancen dessen, was er sagte, zu greifen waren. Aber dennoch hast du mir meine Frage nicht beantwortet. Du hast behauptet, das Blut sei das Leben. Und ich wiederum fragte: ›Kann es auch den Tod bedeuten?‹ Wie lautet deine Antwort?«
Zahar zögerte. »Ich habe keine. Dein Rätsel ergibt für mich keinen Sinn. Wie kann das Blut den Tod bedeuten? Wir trinken es, um zu leben, nicht um zu sterben.«
»Und wenn, was wir trinken, verdorben ist?«
»Vergiftet, mein Lord?«
Nestor zuckte die Achseln. »Nenn es meinetwegen vergiftet. Ja.«
»Mit Silber oder mit Kneblasch?«
Nestors Miene war trübsinnig, und Zahar befürchtete, dass er nicht ganz verstand, was sein Gebieter meinte. Doch nach einem Augenblick fuhr dieser unvermittelt fort: »Vergiss das alles! Aber du solltest mir glauben, wenn ich dir sage, dass es weit schlimmere Gifte gibt als Silber oder Kneblasch ...«
Eine Zeit lang saß er nur schweigend da, und Zahar wartete ab, was er weiter sagen würde. Schließlich meinte Nestor: »Das Wortspiel ist beendet. Ich habe gewonnen ... und doch kann ich immer noch verlieren. Nun erzähle mir alles über diese Sage von der Sonnseite über die Zeit, als die Sonne noch auf die Sternseite schien.«
Zahar nickte, doch im nächsten Moment schüttelte er den Kopf. »Es war nicht die Sonne, sondern ein Mann mit der Kraft der Sonne.«
»Eh?«
»Die Sonne schien aus ihm heraus.«
»Aus seinen Augen? Seinem Mund? Oder aus seinem Hintern? Werde deutlicher!«
»Ich weiß nur, woran ich mich erinnere, mein Lord«, protestierte Zahar. »Ich war noch ein kleiner Junge und du noch nicht einmal geboren. Die Dinge verzerren sich in der Erinnerung.«
»Vielleicht war ich damals doch bereits auf der Welt.« Nestor hatte sich aufrecht hingesetzt. »Meinst du die Zeit, als die Wolken über der Sternseite rot erglühten und ein Wind aus der Hölle durch den Großen Pass auf die Sternseite wehte und Menschen wie Trogs gleichermaßen tötete? Hatte nicht dieser Mann aus den Höllenlanden etwas damit zu tun?«
»Nein, vorher, mindestens vier Jahre früher. Leider kenne ich keine Einzelheiten und weiß auch nicht, wer oder was etwas damit zu tun hatte.«
Erregt oder auch nur ungeduldig lehnte Nestor sich wieder zurück und rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her. »Erzähle es mir trotzdem!«
»Der Mann war ein Höllenländer. Er kam von jenseits des Sternseitentores und machte gemeinsame Sache mit seinem Sohn, der schon vor ihm hier war. Dieser wurde der Herr des Gartens genannt, und die Wamphyri fürchteten ihn sehr. In den westlichen Höhen,
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