Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
womöglich handelte es sich bei der Telefonnummer, die er ihr gegeben hatte, nur um eine Kontaktleitung. Sie wusste, dass diese Nummer im Telefonbuch stand; das bedeutete jedoch nur, dass sie die Adresse darüber nicht ausfindig machen konnte. Das Ganze war äußerst ärgerlich! Und weil das Mädchen ihr noch immer keine Antwort gegeben hatte, herrschte sie es nun an: »Wie konntest du ihn bloß verlieren?«
»Er ging in einen Zeitschriftenladen«, erwiderte die junge Frau hastig. »Ich dachte, er wollte sich bloß eine Zeitung kaufen, und wartete draußen im Wagen. Aber er kam nicht wieder raus.«
»Wahrscheinlich hat er dich bemerkt!«, raunzte B. J. sie an. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst aufpassen. Der Kerl ist schließlich nicht blöd.«
»Aber ich habe aufgepasst!« Das Mädchen wirkte vollkommen perplex.
B. J.s Miene entspannte sich und zu guter Letzt meinte sie: »Wahrscheinlich hat er den Hinterausgang genommen!« Und dabei beließ sie es. Immerhin war Harry dies durchaus zuzutrauen. In seiner Branche musste es einem zur zweiten Natur werden, etwaige Verfolger abzuschütteln. Genau dies hatte er ihr doch erzählt. Er war eben gut in seinem Job, das war alles.
Abermals schweiften ihre Gedanken zurück zu jener regnerischen, gefahrvollen Nacht in London und zu dem, was in der Werkstatt passiert war ... Irgendetwas war dort mit ihr geschehen, bevor sie in jener Seitenstraße wieder zu sich kam. Anschließend war Harry anscheinend einfach im Nebel verschwunden. Oh ja, er machte seinen Job gut, zugegeben. Doch welchen Unterschied machte dies schon? Er würde sich wieder bei ihr melden, und B. J. wusste auch, wann. In genau drei Wochen!
Froh, endlich vom Haken gelassen zu werden, ging B. J.s Angestellte wieder nach unten, um im Lokal aufzuräumen. Denn im Grunde hatte auch sie keine Erklärung dafür, weshalb sie ihre Zielperson auf so dämliche, um nicht zu sagen: lächerliche Weise verloren hatte. Soweit sie wusste, nachdem sie den Ort gleich zweimal überprüft hatte, besaß der fragliche Zeitungsladen nämlich überhaupt keinen Hinterausgang!
Harrys Jacke war sehr weit geschnitten, ein großes, schweres Ding, das gut zu John Wayne in einem winterlichen Western gepasst hätte. Als er sie sich in seinem alten Haus unweit von Bonnyrigg von den Schultern streifte, bemerkte er einen länglichen Gegenstand, der die linke Tasche ausbeulte und ziemlich nach unten zog. Er wäre ihm mit Sicherheit schon früher aufgefallen, wäre er heute Morgen nicht so angeschlagen gewesen. Eine kleine, flache Flasche mit B. J.s Wein; zwar ohne Etikett, aber dasselbe unverkennbare Rot und voller Weinstein.
Offensichtlich handelte es sich um ein Geschenk. Aber von B. J.? Nach der letzten Nacht sollte man doch annehmen, dass sie es besser wusste. Rotwein und Harry Keogh passten nicht zueinander. Wahrscheinlich hatte sie ihm die Flasche einfach in die Tasche gesteckt, damit niemand sonst darunter leiden musste. Na, dann Prost, B. J.! Damit verdrängte er den Gedanken ... so, wie sie es ihm befohlen hatte.
Bezüglich ihres »griechischen« Weines gab es noch etwas, was B. J. ihm verschwiegen hatte – nämlich die Tatsache, dass er einen süchtig machte, weitaus schlimmer als jedes Kokainderivat. Doch selbst wenn der Necroscope Bescheid gewusst hätte, wäre er vorerst nicht in der Lage gewesen, sich das Zeug auch nur anzusehen ...
Der Vormittag war zur Hälfte verstrichen und Harry war immer noch müde; von B. J.s Couch hatte er ein steifes Genick, ganz zu schweigen von einem höllischen Kater. Er nahm ein paar Aspirin und versuchte, scharf nachzudenken. Er hatte heute Vormittag noch ein paar Dinge zu erledigen – aber er konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, was!
... Ruf deine Vorgesetzten an! Die Leute, für die du gearbeitet hast. Sorge dafür, dass sie mich nicht länger verdächtigen. Wir wollen doch nicht, dass sie wegen einer harmlosen jungen Frau völlig unnütze Untersuchungen anstellen, oder?
Nein, natürlich nicht! Nur ... Niemand hegte einen Verdacht gegen Bonnie Jean, oder? Sie wussten ja noch nicht einmal, dass sie überhaupt existierte. Noch während ihm diese Pseudo-Erinnerungen durch den Kopf gingen, hob Harry den Hörer von der Gabel und wählte Darcys Nummer. Es war zwar Samstag, dennoch war es gut möglich, dass er ihn im Büro antraf. Und Darcy nahm auch tatsächlich ab.
»Harry? Was kann ich für dich tun?« Rasch fügte er hinzu: »Sollte es wegen Brenda sein, muss ich dir
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