Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
können, doch es gab eine bessere, um nicht zu sagen: einfachere Möglichkeit. Außerdem konnte Darcy mit nicht so viel hinter dem Berg halten, wenn er von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprach. Vorausgesetzt, dass er etwas zu verbergen hatte.
Vor gar nicht allzu langer Zeit wäre es Harry wesentlich leichter gefallen, das E-Dezernat via Möbius-Route aufzusuchen, doch im Augenblick konnte er das nicht. Einem Teil von ihm war zwar klar, dass Darcy ja ohnehin Bescheid wusste, dennoch gefiel ihm der Gedanke nicht, dass er – beziehungsweise überhaupt jemand – davon wusste. Damit war er, was den Gebrauch des Kontinuums anging, eingeschränkt; er konnte es unmöglich vor anderen Leuten machen. Also hatte er keine Chance, sich einfach in Darcys Büro zu materialisieren.
Aber das machte nichts, denn es gab eine weitere Möglichkeit. Harry nahm nicht an, dass sie sein Zimmer bereits einer anderen Bestimmung zugeführt hatten; Darcy hatte ihm gesagt, es würde stets, so wie es war, für ihn bereitstehen, selbst wenn er es nie wieder benutzen sollte. Warum also sollte er jetzt nicht ein letztes Mal Gebrauch davon machen?
Er verwendete es als eine seiner Möbius-Koordinaten ...
... und trat schon im nächsten Augenblick durch die Tür seines einstigen Zimmers in den Hauptkorridor der Londoner Zentrale des E-Dezernats.
Etwa auf halbem Weg zu Darcys Büro, das am anderen Ende des Flures lag, unterhielten sich zwei Agenten miteinander. Harry ging in ihre Richtung, und im ersten Moment beachteten sie ihn kaum. Doch als er an der offenen Tür zum Büro des Beamten vom Dienst vorüberkam, hörte er jemanden sagen: »Ach, du heilige Scheiße!« Er nahm an, dass man ihn erkannt hatte. Noch höchstens fünf Sekunden, dann würde auch Darcy Clarke darüber informiert sein, dass er hier war. Als er sich den beiden ESPlern näherte, bemerkten sie ihn schließlich. Mit einem Mal standen sie stramm wie Soldaten bei einer Parade und wichen zur Seite, um ihm Platz zu machen. Harry war sich ihrer überraschten Blicke wohl bewusst und bekam auch mit, wie sie einander ansahen, als er an ihnen vorbeiging.
Darcys Büro steckte voller Sicherheitstechnik; dem Necroscopen war klar, dass er wahrscheinlich einige dieser Vorrichtungen auslösen würde, wenn er einfach so mir nichts, dir nichts hereinplatzte. Also setzte er dazu an anzuklopfen ... doch noch ehe seine Knöchel auftrafen, wurde die Tür von innen aufgerissen.
Vor ihm stand – mit offenem Mund und in Hemdsärmeln – Darcy und bat ihn einzutreten. »Harry ...! Schön, dich zu sehen! Wir redeten gerade von dir ...«
Der Necroscope nickte. »Hat Munroe dich vom Autotelefon aus angerufen? Oder war es der diensthabende Beamte?« Damit warf er Darcys Brief mitsamt dem Foto auf den Schreibtisch des Dezernatsleiters und meinte ohne weitere Umstände: »Könntest du mir das bitte erklären?«
Darcy machte Anstalten, die Tür zu schließen. Noch bevor sie ganz zu war, blickte Harry zurück, den Korridor entlang, und sah ein halbes Dutzend Köpfe, die aus diversen Büros gestreckt wurden. Darcy bemerkte die hochgezogene Augenbraue und seinen vielsagenden, wenn nicht verächtlichen Gesichtsausdruck und meinte achselzuckend: »Äh, Neuigkeiten verbreiten sich hier recht schnell.«
»Mitunter sogar in Gedankenschnelle «, nickte Harry. »Und hier ganz besonders! Wie soll es werden? Können wir ausnahmsweise einmal unter uns sein? Ich meine, wirklich unter uns?« Er nahm auf einem Stuhl vor Darcys Schreibtisch Platz. »Du hast hier drin jede Menge Abhörvorrichtungen und Aufzeichnungsmöglichkeiten, Darcy: Apparate und Geister und was weiß ich noch alles. Aber deine Leute täten gut daran zu denken, was der Lauscher an der Wand für gewöhnlich hört! Vielleicht solltest du es ihnen kurz in Erinnerung rufen?«
Darcy setzte sich, legte einen Schalter an seinem Schreibtisch um und sagte: »An alle Stationen! Wir haben einen Gast hier, den ich als persönlichen Freund betrachte, außerdem gehört er zum Dezernat. Ihr alle wisst, wer es ist, und natürlich erweisen wir ihm denselben Respekt wie jedem anderen von uns auch. Das Gespräch, das ich mit ihm führe, ist privat – mit einem ganz großen ›P‹!«
Als er wieder abschaltete, nickte Harry und meinte: »Apparate und Geister, ja. Maschinen lassen sich leicht abstellen. Aber wie verhält es sich mit dem Geist? Das steht auf einem anderen Blatt, nicht wahr?« Er ließ seinen Blick durch das Büro schweifen. »Nun, hier scheint sich ja
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