Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
nickte Darcy. »Nun, das ist verständlich. Aber denk an die Sache mit Lucky Luciano, und dann stell dir doch mal die Frage, weshalb es die Mafia heute immer noch gibt und warum sie, oh, an ziemlich vielen Orten floriert, wo doch jeder ›aufrechte‹ Staat dieser großen weiten Welt nichts lieber tun würde, als ihnen für alle Zeiten das Handwerk zu legen.«
»Aber die CIA?« Harry war noch immer nicht ganz überzeugt. »Ich meine, Ersteres kann ich mir vorstellen, es ist sogar plausibel; natürlich möchte Mütterchen Russland den westlichen Kapitalismus untergraben. Und was gibt es da Besseres, als wenn die Fäulnis an der Wurzel beginnt? Aber die CIA? Welche ›Ratschläge‹ würde die Central Intelligence Agency wohl von Leuten annehmen, die mit der Mafia unter einer Decke stecken?«
»Nicht so schnell«, mahnte Darcy. »Zunächst zum KGB. Ich habe niemals behauptet, dass er den Francezcis Anweisungen gibt. Ich wollte damit nicht andeuten, dass sie Finanzinstitutionen sabotieren oder manipulieren oder sonst etwas Derartiges unternehmen – obwohl es natürlich im Bereich des Möglichen liegt, zumindest könnten sie durchaus den Apparat dazu stellen. Ich sagte, die Francezcis sind ›Berater‹. Das Schlüsselwort heißt ›Nachrichten‹! Wie gesagt, die Francezcis verfügen über einen beeindruckenden Apparat, um an Informationen zu gelangen! Deshalb greift die CIA auf sie zurück – weil ihre Informationen gut sind. Aber welche Art von Beratung sie nun anbieten ...« Darcy zuckte die Achseln. »Davon haben wir beim E-Dezernat keine Ahnung. Aber es wird sich nicht um Kleinigkeiten handeln, darauf kannst du Gift nehmen. Wie sie vorgehen? Sie geben dem KGB Informationen, die nicht mit CIA-Interessen kollidieren, andersherum bieten sie der CIA alles an, sofern es nicht die Russen berührt. In beiden Fällen profitiert die Mafia davon, weil sie vorab weiß, was sich in der Welt tun wird. Und alle Beteiligten sind den Francezcis auch noch dankbar. Das ist Macht, Harry!«
Harry schwieg eine Zeit lang. »Sie sind also so etwas wie ›Berater‹«, sagte er schließlich, »für die Mafia, den KGB und sogar die CIA ...«
»... und über die Dienste nehmen sie auch Einfluss auf deren Regierungen – so wie Emilio Francezci, als er zur Kooperation zwischen den amerikanischen Invasionstruppen und der sizilianischen Mafia riet, die bereits Gewehr bei Fuß stand.«
»Diese Art Informationen also«, sagte Harry nachdenklich.
»Ja ...«
»Das Schlüsselwort heißt Nachrichten«, sinnierte der Necroscope. »Okay, wie sieht ihr Nachrichtenapparat aus? Wie ist er aufgebaut? Woher beziehen sie ihre Informationen? Vielleicht sind sie ja einfach so etwas wie die CIA der Mafia: das Zentrum in einem Netzwerk aus Korruption und internationalem Verbrechen?«
Abermals zuckte Darcy die Achseln. »Vielleicht! Aber das ist nicht sehr wahrscheinlich. Sehen wir den Tatsachen doch ins Gesicht: Die einzelnen Familien stehen miteinander ... nun ja, eher auf Kriegsfuß. In den USA werden zurzeit erbitterte Mafia-Fehden ausgetragen, in Italien wahrscheinlich ebenfalls. Sie sind untereinander uneins, das war noch nie anders. Aber hier habe ich etwas, was einem zu denken gibt:
Unsere Hellseher sagen, dass es mit dem Kommunismus, insbesondere in Russland, abwärts geht. Vielleicht bereiten die Francezcis ja den Weg für die Mafia, oder zumindest für eine Splittergruppe, in der UdSSR? Das ist ein riesiges Gebiet, Harry! Der Punkt ist: Ganz gleich, was sie tun, es kommt garantiert nichts Gutes dabei heraus.«
»Und du – oder vielmehr das E-Dezernat – möchtest nun, dass ich ihnen ein paar Knüppel zwischen die Beine werfe?«
Darcy hob abwehrend die Hände. »Hey, ich sagte doch, dass wir nichts damit zu tun haben dürfen! Du hast mich gefragt, bei wem du einen Coup landen könntest, um an Geld zu kommen. Da kam mir der Gedanke, dass es vielleicht eine Möglichkeit gibt, wie wir beide aus dem, was du ... nun ja, was du am besten kannst, Nutzen ziehen können. Aber sollte das, was du tust, irgendwelche Konsequenzen haben, darf niemand das Dezernat damit in Verbindung bringen. Wir haben nichts damit zu tun!«
»Was, wenn ich das Geld gar nicht so dringend brauche?«
»Dann lass es bleiben.«
»Tatsache ist, so dringend brauche ich es eigentlich wirklich nicht, bisher zumindest.«
»Du hast mich darum gebeten, etwas für dich zu erledigen«, erwiderte Darcy, »und das habe ich getan. Alles, was ich nun sage, ist: Dieser Ort auf dem
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