Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
über Jahrhunderte. So etwas durfte niemand mitbekommen!
Er war Kreuzritter, uighurischer Krieger und Kriegsherr unter Temujin, dann General unter Dschingis Khans Enkel Batu. Als Ferenc der Schwarze, »Sohn« des Ferenc, spielte er unter Húlégu eine Rolle bei der Ausrottung der Assassinen, und er war dabei, als im Jahr 1258 Bagdad eingenommen wurde. Der Hunde-Lord kam sogar dahinter, dass es Faethor war, der bei der Schlacht von Ain Jalut mit Karl Drakul aufseiten der Mongolen kämpfte! Ah, schade, dass Radu zwar Karl tötete, aber nicht auf diesen verdammten Ferenczy stieß!
Daran sehen wir wieder einmal, wie verzwickt der Lauf der Geschichte bei den Wamphyri ist ...
Doch lass mich weitererzählen:
Faethor hatte zwei Söhne, von denen Radu seinerzeit hörte. Er ist ihnen aber nie begegnet. Thibor, Faethors Ei-Sohn – ein grausamer Walache, der sowohl den Herrschern Russlands als auch seines Heimatlandes als Wojwode diente – und Janos, einen Blutsohn, den er mit einer Zigeunerin zeugte. Das Letzte, was mein Gebieter von Thibor hörte, in den späten 1340er-Jahren, kurz bevor die Pest ihn dazu zwang, im Harz Zuflucht zu suchen, war, dass Thibor ein Wojwode in Rumänien war.
In den letzten zweihundert, mit Sicherheit jedoch in den letzten hundert Jahren – ausgenommen den Krieg – ist es allerdings leichter geworden, durch Europa zu reisen. Für meinen Gebieter Radu stellte ich im Ausland einige Nachforschungen an, und ich glaube, ich habe einiges über Thibor in Erfahrung gebracht.
Wie gesagt, Thibor diente einer langen Reihe walachischer Fürsten als Wojwode: den Mirceas, Vlad Tepes (dessen übler Ruf, fürchte ich, sehr viel mit Thibor zu tun hat), Radu dem Schönen – der in keiner Weise mit meinem Radu verwandt ist, dessen darfst du gewiss sein – und zu guter Letzt Mircea dem Mönch, der anscheinend so große Angst vor Thibor hatte, dass er ... ihn nicht am Leben lassen konnte? Wie dem auch sein mag, an dieser Stelle verliert sich Thibors Spur – als Kriegsherr in Diensten von Mircea dem Mönch.
Dann war da noch Janos. Anfang des 13. Jahrhunderts machte Janos Ferenczy als junger Mann von sich reden. Er war ein Dieb, Seeräuber und Korsar im Mittelmeer, einer jener Kleinadligen, die in den Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems während der Kreuzzüge den Kriegsgewinnlern ihre Beute abjagten. Er nannte ein Schloss in den Zarundului-Bergen sein Eigen, in das er hin und wieder zurückkehrte (auch sein Vater Faethor verbrachte dort mehrere Jahre). Und es gibt Hinweise darauf, dass er außerdem auch ein Nekromant war. Möglicherweise gibt es eine einfache Erklärung dafür. Als Faethors Blutsohn konnte Janos seine nekromantischen Fähigkeiten dazu einsetzen, seine erbärmlichen Wamphyri-Kräfte zu verstärken beziehungsweise zu ergänzen, die bei Blut-Söhnen ja oftmals nicht so stark ausfallen wie bei einem Ei-Sohn. Nicht dass es ihm viel nützte. Wie es aussieht, verschwand er gegen Ende des 15. Jahrhunderts von der Bildfläche; ungefähr zur selben Zeit wie Thibor.
Das lässt nur die Schlussfolgerung zu, dass sowohl Faethor als auch Thibor und Janos tot sind. Das wenigstens glaube ich. Mein Gebieter hingegen ... ist sich da nicht so sicher. Ihm zufolge tauchen die Wamphyri an den ungewöhnlichsten Orten wieder auf, und zwar stets dann, wenn man es am wenigsten erwartet. Er ist davon überzeugt, dass die Ferenczys – und zwar mehr als nur einer, und darüber hinaus mindestens ein Drakul, jener »D. D.« natürlich – bis auf den heutigen Tag am Leben sind ...
Doch es wird noch komplizierter, und wir müssen noch weiter zurückgehen, bis hin zu Waldemar Ferrenzig. Waldemar genoss das Leben und zeugte viele Kinder. Seine Schwester war nicht die einzige Frau, mit der er schlief.
Noch vor sechzig Jahren wurden in einem Museum in Moldawien alte Aufzeichnungen aufbewahrt, die ich las. Als ich vor Kurzem dorthin zurückkehrte, existierte das Museum leider nicht mehr. Was sie im Ersten Weltkrieg nicht geschafft hatten, gelang ihnen im Zweiten. Das Museum war nur noch eine ausgebrannte Ruine. Aber ich weiß noch ganz genau, was in den Berichten stand:
Nämlich dass es vor Svyatoslav, in Kiew, einen Boyaren gab, der wie ein Fürst auftrat und aus der Stadt verbannt wurde, nach Westen, »in den fernsten Winkel des Landes«, und der »am Fuß des Gebirges, an der Grenze nach Moldawien« ... also zur Khorwatei hin, ein großes Haus baute. Sein Name war »Valdemar Fuhrenzig«. Dabei kann es sich
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