Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
hüpfen.
»Weshalb hattest du Angst vor dem Telefon?«
Er zuckte die Achseln (weil er es, ob unter Hypnose oder nicht, beim besten Willen nicht wusste). Aber er konnte Vermutungen anstellen. »Schlechte Träume? Ich will nichts Schlimmes über Brenda und das Baby hören ...«
Das konnte B. J. verstehen und akzeptierte es. Aber so durfte es nicht weitergehen; sie musste mit ihm in Verbindung bleiben. »Leg dir einen Anrufbeantworter zu«, sagte sie. »Sobald du etwas hörst, was dir nicht passt, kannst du ihn ausschalten. Oder du kannst deine Anrufe mithören und abnehmen, wenn es dir gefällt.«
Harry nickte. »Gut!«
»Aber natürlich wirst du ihn nicht abstellen, wenn ich anrufe. Unsere kleine Abmachung gilt nämlich nach wie vor. Sobald du die Worte hörst ...«
»... Ist das nicht mein Süßer?«, unterbrach Harry sie. Er redete ganz normal.
»Und dann wirst du ...«
»... den Mond sehen, deine Augen ...«
»... Ja, und den Umriss eines Wolfsschädels.«
»Radus Schädel«, nickte er.
»Genau!« B. J. war zufrieden. »Aber jetzt sollten wir wirklich über deine Suche reden – ich meine, nach Brenda und dem Kleinen.« Dabei war dies ganz und gar nicht, was sie meinte; in Wirklichkeit wollte sie nicht, dass er die beiden fand. Er brauchte eine Neuorientierung, das war alles, bei der seine »Suche« keine große Rolle mehr spielte. Bewusst würde er nichts anderes tun als zuvor auch, unterbewusst hingegen ...?
»Außerdem bist du nicht so fit, wie du sein solltest. Wir müssen dich in Form bringen.«
»Das hatte ich sowieso vor«, entgegnete Harry.
»Und ich hege den leisen Verdacht, dass dir in letzter Zeit der Alkohol zu schaffen macht?«
In Harrys Stirn gruben sich tiefe Falten. »Der Alkohol? Na ja, weniger das Trinken an sich als vielmehr dieser verdammte Rotwein, den ich von dir habe! Er scheint ... mich umzuhauen?«
»Dich umhauen?« B. J. schüttelte den Kopf. »Nicht mehr, Harry. Von jetzt an wirst du ohne ihn auskommen; allein der Gedanke daran reicht aus, dass dir schlecht wird! Hast du verstanden?«
»Oh, ja!« Harry seufzte erleichtert auf – doch schon im nächsten Moment wurde er blass, sein Magen drehte sich um, und er musste sich übergeben.
»Ist schon gut. Denk einfach nicht mehr daran, dann ist alles wieder in Ordnung.« Sie musste lächeln, als er sich auf der Suche nach »Schutz« und Wärme seufzend an sie schmiegte.
»Und wenn wir über all diese Sachen gesprochen haben – über deine Suche und so weiter –, dann können wir ein bisschen schlafen.«
»Danach, ja«, sagte Harry, und sie spürte, wie seine Begierde wieder wuchs und an ihrem Schenkel anschwoll.
Fast hätte sie gelacht – vor Überraschung, Entzücken, was auch immer –, doch ihr war klar, dass ihr dies nur die Konzentration nehmen würde. Und bei ihm brauchte sie alle Konzentration, die sie aufbringen konnte. Ja, bei ihm, diesem ach-so-geheimnisvollen Harry Keogh ...
TEIL FÜNF: HORSTE
ERSTES KAPITEL
Am nächsten Morgen stand B. J. als Erste auf. Es war kurz nach sechs, und im Osten brach gerade der Tag an. Im Garten zwitscherten bereits seit einiger Zeit die Vögel, genug Lärm, um auch den Necroscopen allmählich aufzuwecken.
Er erwachte in dem Bewusstsein, dass es wieder die Hölle sein würde, und war freudig überrascht, um nicht zu sagen: grenzenlos erleichtert, als er das Gegenteil feststellte. Keine Kopfschmerzen, nicht das Gefühl, anstelle eines Gehirns Watte im Kopf zu haben, und kein Bedürfnis zu trinken ... gar nichts! Bis auf ein, zwei Becher schwarzen Kaffee vielleicht. Dabei fiel ihm ein, dass sein Kühlschrank leer war und er auch sonst nichts im Haus hatte.
B. J. war oben. Er konnte sie duschen hören. Rasch zog er sich an, machte einen Möbiussprung in die Stadt, in den örtlichen Zeitungsladen, der zugleich Lebensmittelgeschäft und Postagentur war, und nur drei oder vier Minuten später füllte er seinen Kühlschrank auf. Als B. J. nach unten kam und ihn in der Küche fand, sah es so aus, als hole er gerade ein paar Sachen aus dem Kühlschrank, um das Frühstück zuzubereiten.
»Wie wär’s mit Waschen, Kämmen, Zähneputzen und was du sonst so tust«, meinte sie, »und ich übernehme das hier?«
»Jawohl, Mama!« Damit legte er den Kopf schief, hob eine Augenbraue und fragte: »Sonst noch irgendwelche Anweisungen?«
»Oh, dir geht es schon wieder gut«, lachte sie. »Im Bett kriegst du hundert Punkte; aber warum verdirbst du dir den Durchschnitt wieder, wenn du erst mal
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