Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
Harry nicht ...
Er nicht, das war schon klar.
Aber wenn man Darcy Clarke Glauben schenkte, gab es andere, die es sich durchaus leisten konnten ...
Mitte Juni hatte Harry alles ins Rollen gebracht, um ganze Scharen von Privatdetektiven in England, Frankreich, Deutschland und den USA darauf anzusetzen. Jetzt fehlte ihm nur noch das nötige Kleingeld dazu, mindestens dreieinhalb Millionen Pfund Sterling beziehungsweise die entsprechende Summe in jedweder anderen verfügbaren Währung, um die Finanzierung des Projekts wenigstens für die ersten drei Monate zu gewährleisten! In der Zwischenzeit hatte Darcy Clarke ihn in Kontakt mit einer Schweizer Bank gebracht, derer sich das E-Dezernat bediente, und Harry hatte mit einer lächerlich geringen Einlage – ein paar hundert Pfund von den wenigen Tausend, die ihm noch blieben – ein Nummernkonto eröffnet.
Nun konnte er sich dem schwierigen Part widmen – glaubte er. Doch Bonnie Jean Mirlu hatte andere Pläne.
Sie fand, es sei an der Zeit, dass er seinen Körper ernsthaft zu ertüchtigen begann. Richtiges Training.
Für einen Mann Anfang dreißig war Harry körperlich (natürlich ging sie davon aus, dass sein Körper tatsächlich ihm gehörte und sowohl Körper als auch Geist gleich alt waren) nicht gerade in bester Verfassung. Teils mochte das an der Sorge um seine Frau und sein Kind liegen, teils auch an der langen Phase des Müßiggangs, daran, dass er so gut wie nichts gearbeitet hatte, seit er gefeuert worden war.
Wenn er aber loslegte ... nun, sie hatte ja selbst erlebt, wie er mit jener Situation in London umgegangen und mit Big Jimmy fertig geworden war (der für niemanden mehr ein Problem darstellen würde). Außerdem war er in der Lage gewesen, in ein alarmgesichertes, bewachtes Anwesen – nämlich ihre Wohnung – einzudringen, zu finden, wonach er suchte, und anschließend wieder zu verschwinden, ohne dass jemand etwas davon mitbekam. Dies sagte einiges über seine Fähigkeiten auf den unterschiedlichsten Gebieten aus. Und selbst B. J., die im Laufe ihres doch recht langen Lebens jede Menge Männer gekannt hatte, musste zugeben, dass er auch in anderer Hinsicht etwas zu bieten hatte. Genug, dass sie ihn aufrichtig gernhatte. So sehr zumindest, wie sie jemanden mit einer so begrenzten Zukunft zu mögen vermochte.
Der Gedanke, ihn tatsächlich hinaus in die Welt zu schicken – in Radus Welt voller grässlicher Gefahren, von denen er »überhaupt keine Vorstellung« hatte; schließlich wusste er nur das, was sie ihm darüber erzählt hatte –, bereitete ihr Sorge. Weniger um Harry (wenn er versagte und ein Drakul oder Ferenczy sich über ihn hermachte, dann sei’s drum) als vielmehr um sich selbst und ihren Gebieter. Nicht dass Harry etwas über sie ausplaudern könnte ... er wusste ja noch nicht einmal etwas über sie, jedenfalls nicht im Wachzustand. Doch sollte sich jemand die Mühe machen, Harry Keoghs Aktivitäten der jüngsten Vergangenheit zurückzuverfolgen, würde er unweigerlich auf B. J. und in diesem Zusammenhang irgendwann womöglich auch auf Radu Lykan stoßen. Was das anging, genügte ihr der heimliche Späher (obgleich sie noch immer keine Ahnung hatte, was er eigentlich wollte). Sie brauchte keine zusätzlichen Schwierigkeiten.
Zudem war B. J. immer noch nicht ganz davon überzeugt, ob Harry wirklich nur das war, was er zu sein vorgab, oder nicht vielleicht doch ein bisschen mehr. Ihren Folgerungen gemäß war er jedenfalls nicht der Knecht eines anderen ... und falls doch, stand es nicht in ihrer Macht, dies festzustellen. Radu hingegen würde sehr bald dahinterkommen, selbst wenn es ihr entgangen sein sollte. Und sie glaubte auch nicht so recht, dass Harrys bisherige Brötchengeber schon ganz mit ihm – oder auch ihr – abgeschlossen hatten. Was, wenn diese Leute sie mittels Harry überwachten, ohne dass er darin eingewilligt hatte oder überhaupt etwas davon wusste? Dies im Hinterkopf, hatte sie ihm befohlen, keine Nachrichten auf seinem Anrufbeantworter zu löschen, auch wenn diese bislang nur dünn gesät waren, und danach alles abgehört, aber nichts gefunden, weder verschlüsselte Botschaften noch sonst irgendwelche geheimnisvollen Nachrichten.
Was nun das E-Dezernat betraf, hatte er gesagt, es handle sich um eine Organisation für Eingeweihte, einen »Geheimdienst«. Allem Anschein nach verhielt es sich tatsächlich so. Sie war nicht in der Lage gewesen, auch nur das Geringste in Erfahrung zu bringen; es gab nicht einen
Weitere Kostenlose Bücher