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Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)

Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)

Titel: Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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drei Minuten später stand er vor einer Wechselstube Schlange, um für englische Pfund italienische Lira zu erhalten. Danach trat er gemeinsam mit einer Handvoll ganz normaler Reisender aus dem Flughafengebäude hinaus in die sizilianische Nacht, nichts als ein weiterer Tourist mit einem schweren Koffer.
    Schwer jedenfalls für seine Größe ...

ZWEITES KAPITEL
    Der Necroscope nahm ein Taxi nach Paterno, zahlte im Hotel »Adrano« für zwei Übernachtungen im Voraus, und noch ehe es 12.30 Uhr war, stand er unter der Dusche und ging dann schlafen. Draußen waren es fast fünfundzwanzig Grad. Mit ein bisschen Glück würde der Ventilator über seinem Bett dafür sorgen, dass ihm nicht zu heiß wurde ...
    Heiß ... ja, es war warm in Sizilien ... mehr als siebentausend Kilometer entfernt hingegen, auf dem Dach der Welt, war es alles andere als warm. Auf dem Tingri-Plateau in Tibet war es 7.00 Uhr morgens, und die Temperatur lag gerade mal ein Grad über dem Gefrierpunkt. Dafür schien hell die Sonne, die sich als gleißender Glutball über den östlichen Horizont erhob, und Major Chang Lun fühlte sich recht behaglich in seinem Winterkampfanzug, den pelzbesetzten Stiefeln und der Kapuzenjacke.
    Vor neunzig Minuten waren er und sein Fahrer, ein Unteroffizier, von der Kaserne in Xigaze aufgebrochen, weil ihnen klar war, dass sie das Kloster Drakesh binnen einer Stunde nach Sonnenaufgang erreichen mussten. Nur wenig später, und man würde sie nicht mehr einlassen. Niemand durfte das Kloster in Drakesh bei vollem Tageslicht betreten. Das Licht des Tages war der Kontemplation und dem Gebet vorbehalten; profanere Tätigkeiten, wie zum Beispiel Nahrungsaufnahme, verrichtete der in seiner Schlechtigkeit befangene Mensch bei Dunkelheit. Im Dunkeln konnte er seine Gedanken gewöhnlichen Dingen widmen und durfte auch seinem Körper – im Gegensatz zu seiner Seele – Pflege angedeihen lassen. Der Major konnte sich in der Tat glücklich schätzen, dass der Hohepriester der Sekte, der rätselhafte Daham Drakesh, ihm am helllichten Tag eine Audienz gewährte.
    Ein Außenseiter hätte es wohl so gesehen. Hah! Nun, Major Chang Lun wusste es besser. In seinem Einflussbereich mochte dieser Pfaffe ja über ein bisschen Macht verfügen, doch was war er schon gegen die sogenannte »Volksarmee« des kommunistischen China? Aber Chang Lun hatte seine Befehle und musste gute Miene zu Drakeshs Spiel machen.
    Bei dem Fahrzeug des Majors handelte es sich um eine zweisitzige Snowcat, eine Schneeraupe, die bestens für das unebene Gelände des Plateaus geeignet war. Der Fahrer parkte das Vehikel im Windschatten der Felsbrocken neben einer zu dem bedrohlich wirkenden Eingang des Klosters führenden Treppe, deckte es mit einer Plane ab und richtete sich schließlich auf und salutierte. Mit einem knappen Nicken deutete Chang Lun seine Zustimmung an. Dann wandte er sich um und verbeugte sich tief vor den geduldig wartenden, rotgewandeten Priestern, die mit überkreuzten Armen regungslos einer hinter dem anderen dastanden.
    Es waren sechs; sie gaben dem Major und dem Fahrer zu verstehen, dass sie sich in der Mitte einreihen sollten. Mit drei Priestern als Vor- und dreien als Nachhut setzten sie sich mit einem den chinesischen Soldaten als peinlich anmutenden unmilitärischen Schlurfen in Bewegung und erklommen im Gänsemarsch die Stufen hinauf zu dem gähnenden steinernen Maul, das den Klostereingang darstellte. Der die Spitze bildende Priester hatte den linken Ellbogen in die Hüfte gestemmt und hielt den Unterarm starr nach vorn gestreckt, sodass die winzigen goldenen Glöckchen, die in den Saum seines weiten Ärmels genäht waren, beim Gehen unablässig klingelten.
    So ging es ins Innere des Klosters Drakesh. Als sie eintraten, blickte Chang Lun zurück. In einiger Ferne brachen ein paar verirrte Sonnenstrahlen durch den Schatten der zerklüfteten Berge. In ihrem Glanz zeichnete sich hinter hohen Wehrmauern leer und verlassen eine namenlose Stadt ab. Wäre sie nicht so weit weg gewesen, würde sie einen idealen Militärstützpunkt abgeben. Doch welchen Sinn hatte es schon, in einer so öden und unwirtlichen Gegend Soldaten zu stationieren? Die Grenzstreitigkeiten im Süden, nach Nepal, Bhutan und Indien, waren längst beigelegt.
    Ein Fallgatter aus massiven Holzbalken senkte sich herab und versperrte die Aussicht. Damit beendete es auch Chang Luns Gedankengang. Das Klimpern der Glöckchen verhallte, ebenso das leise Rauschen der Mönchsgewänder.

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