Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
Grube seit Stunden herzzerreißend vor sich hin, und die Leutnante und Knechte der Gebrüder (ihre Diener oder vielmehr »Soldaten«) hörten es nicht; selbst die beiden Brüder bekamen nichts davon mit, weil sie beschäftigt waren.
Sie führten ihre Verhöre: Einer nach dem anderen wurden die »Bediensteten« in Francescos private Gemächer gerufen, wo Francesco und Toni mit ihnen redeten, ihnen drohten und von ihnen verlangten, endlich zuzugeben, dass sie für den Schaden und den Raubüberfall der vergangenen Nacht die Verantwortung trugen. Und auch wenn sie nicht direkt verantwortlich waren, sollten sie eingestehen, dass irgendjemand von außerhalb sie dazu verleitet hatte und sie mit dem Einbrecher unter einer Decke steckten. Doch vergeblich; dies war den Brüdern von Anfang an klar gewesen, dennoch musste es eben getan werden.
Irgendwann waren sie fertig. Die Bediensteten der Stätte waren zwar zur Genüge eingeschüchtert, aber allesamt vollkommen »unschuldig« – jedenfalls so unschuldig, wie ein Vampir nur sein konnte – und gingen wieder ihren Pflichten nach. Nun konnten die Francezcis anfangen, sich Gedanken darüber zu machen, was eigentlich genau vorgefallen und wie es geschehen war. Zumindest versuchten sie, dahinterzukommen, und dies war der frustrierendste Teil der ganzen Angelegenheit. Es konnte einen zur Weißglut treiben, denn offenkundig war das Ganze schlichtweg unmöglich.
Francesco tigerte unruhig auf und ab, während Toni sich in einen Sessel fallen ließ. Er wirkte völlig erschöpft, doch der Schein trog. Immerhin war er ein Wamphyri, und ihm fiel lediglich nichts mehr ein. Allerdings war er in der Tat der »Empfindsamere« beziehungsweise »Passivere« von beiden, während Francesco die gesamte Aggression in sich vereinte.
»Wir sollten Guy Cavee noch mal herholen!«, platzte es schließlich aus Francesco heraus. Mit weit ausgreifenden Schritten trat er an die schweren Vorhänge, und einen Moment lang sah es so aus, als wolle er sie aufziehen, zur Seite reißen. Doch draußen brannte gleißend die Sonne herunter, und in der gesamten Manse Madonie würden die Vorhänge bis Sonnenuntergang geschlossen bleiben. Die Francezcis beschäftigten eigens eine Frau, deren einzige Aufgabe darin bestand, die Vorhänge zu- oder aufzuziehen. Niemand sonst rührte sie an, noch nicht einmal die beiden Brüder.
»Den Posten? Wozu?« Toni lümmelte sich in seinen Sessel. »Er hat uns alarmiert, solange sich der Eindringling noch in der Schatzkammer befand.«
»Das wissen wir nicht!«, fuhr Francesco ihn an. »Falls Cavee lügt, könnte der Dieb schon drin – und auch wieder draußen – gewesen sein, bevor Cavee uns Bescheid gab. Wenn das ein abgekartetes Spiel ist, dann hat er etwas damit zu tun, soviel ist klar.«
»Aber wenn er gelogen hat«, entgegnete Toni mit einer lässigen Handbewegung, »dann müsste er auch seine Flucht vorbereitet haben. Eigentlich müsste er inzwischen schon über alle Berge sein oder sich für den Freitod entschieden haben. Er muss doch wissen, was ihm blüht, wenn wir die Wahrheit herausfinden ...«
»Auf jeden Fall ...« – Francesco hielt in seinem Hin- und Hertigern inne – »... müssen wir ein Exempel statuieren. Und am nächstliegenden ist, wir nehmen ihn.«
»Willst du damit sagen, wer auch immer dies getan hat – es darf nicht so aussehen, als würde er ungestraft davonkommen? Jemand muss dafür bezahlen?«
»Genau!«
»Aber das ändert doch nichts! Dann wissen wir immer noch nicht, wer es war oder wie er in unseren Tresorraum und wieder hinaus gelangte, ohne den Alarm auszulösen – und wie er die Stätte verließ, ohne dass irgendjemand etwas von ihm gesehen, gehört oder auch nur gerochen hat!« Mittlerweile gelang es selbst Toni nicht mehr, seine Verärgerung zu verbergen.
»Oh, ich konnte ihn durchaus riechen«, brüllte Francesco. »Tränengas! In der Belüftungsanlage! Und Handgranaten, in der Schatzkammer! Unzählige – im wahrsten Sinne des Wortes ungezählte – Milliarden in Mark, Lira, Francs und Dollars, dazu ungeheure Schätze, zerstört oder geraubt. Unter unseren Nasen. Mindestens ein Viertel von allem, was wir da unten verwahrten. Und als wäre das nicht genug, hat er auch noch wieder abgeschlossen, ehe er sich aus dem Staub machte! Dieser unverschämte Bastard! Unglaublich!«
»Unverschämt, ja«, stimmte sein Bruder ihm stirnrunzelnd zu. »Und wir sitzen hier herum und können nichts tun.«
Francesco knirschte mit den Zähnen und
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