Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
aufgrund der Nachforschungen, die er in seiner Jugend anstellte. Und was er dabei herausfand, brachte ihn zu dem Schluss, dass sein – unser Weg – der richtige war.«
»Unser Weg?«
»Macht durch Reichtum zu schaffen, durch Geheimhaltung und rituelle Verschwiegenheit, Francesco. Weshalb sind die Sizilianer so, wie sie sind? Omerta! Es liegt an der Mafia. Und weshalb gibt es die Mafia? Wegen der Francezcis. Und weshalb waren wir bislang – bis letzte Nacht – unantastbar? Weil wir den Mittelpunkt eines geheimen Schreckens-Imperiums darstellen. Und weshalb das alles? Wegen der Fähigkeiten von Angelo Francezci! Er weiß von allem etwas und kennt selbst die Zukunft. Und ihm war klar, dass die Blutkriege noch nicht vorüber sind!«
»Ha!«, schnaubte Francesco. »Die Sünden unserer Väter, ist es das? Aber in einer anderen Welt, einer anderen Zeit? Haben wir das auch noch geerbt?«
»Allem Anschein nach ja, genauso wie alles andere auch. Hast du es denn nicht genossen? Was? Und ist es etwa nicht wert, dafür zu kämpfen? Du meinst, wir seien keine Feinde des Hunde-Lords ... ach, wirklich? Dabei sind die Ferenczys doch seit undenklichen Zeiten, länger als deine oder meine Erinnerung zurückreicht, mit ihm verfeindet. Als wir diese junge Frau raubten, um sie eingehend zu verhören, entfachten wir den alten Hass aufs Neue und brachten das Fass zum Überlaufen. Ja, und sein Hass lodert hoch, Francesco ...«
»Wir müssen ihn finden.« Francesco wirkte bleicher denn je.
»Ihn?«
»Den Eindringling. Ihn finden, alles, was er weiß, aus ihm herausquetschen, und ihn dann umbringen!«
Toni schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen sie ausfindig machen. Sie alle miteinander. Die Lykans und die Drakuls, wir müssen herausfinden, wo ihre Festen sind, und all ihre Knechte bis zum letzten Mann aufspüren. Und wir müssen es bald tun. Dann – und nur dann – können wir gegen sie vorgehen, und zwar wiederum im Verborgenen.«
»Eine Blutfehde«, sagte Francesco nachdenklich.
Doch abermals widersprach ihm sein Bruder. »Ich würde es eher einen Blutkrieg nennen. Oh ja, denn dabei könnte es sehr heiß hergehen! Nach außen hin allerdings muss alles ganz ruhig aussehen – niemand darf etwas davon mitbekommen. Wir müssen unseren Verstand einsetzen, so wie seinerzeit Angelo. Es sollte etwas in der Art sein wie damals jener Bombenangriff auf die ›deutschen Top-Strategen‹.«
»Uns steht also definitiv ein Krieg bevor?«
»Er hat doch schon begonnen. Und es nützt auch nichts vorzugeben, man wisse nichts davon oder habe nichts damit zu tun; denn genau wie beim letzten Mal sind wir Ferenczys diejenigen, die ihn angefangen haben.«
» Zur Hölle noch mal!« Francesco hieb mit der Faust auf den Schreibtisch, dass die Papiere nach allen Seiten verstreut wurden.
»Ja, zur Hölle!«, pflichtete Toni ihm bei. »Oder vielleicht auch zu Ruhm und Ehre! Wir sind im Vorteil, Bruder. Radu ist noch nicht zurückgekehrt, wir dagegen sind bereits hier! Zudem verfügen wir nicht allein über die Informationen, die wir von einem gewissen – nun, ›abscheulichen Wesen?‹ – erhalten, sondern haben auch Zugang zur Mafia und zum KGB und zahllosen Kontaktleuten bei der CIA.
Und was nun diesen Harry angeht, wer auch immer er sein mag: Er dürfte Sizilien mittlerweile verlassen haben. Aber wir wissen, wo wir ihn finden können: bei Radus Leutnant, dieser Frau, Bonnie Jean Mirlu! Und wo sie zu finden ist, das wissen wir genau – und über sie finden wir auch Radu.«
»Das ist alles sehr interessant«, entgegnete Francesco. »Aber vergisst du dabei nicht etwas – zum Beispiel, wie verwundbar wir sind? Sie haben bereits einmal bei uns zugeschlagen. Was soll sie davon abhalten, es ein weiteres Mal zu tun? Ich meine, dieser ›Harry‹ muss so etwas wie ein Gespenst sein! Wir haben ja sogar das Wort unseres Vaters dafür, dass er ›mit den Toten redet‹! Hah! «
»Wir waren angreifbar, zugegeben«, erwiderte Toni. »Aber das ist nun vorbei. Von jetzt an werden Tag und Nacht Patrouillen unterwegs sein, Posten vor der Schatzkammer, und an jedem Zu- oder Abgang Männer auf den Mauern. Le Manse Madonie muss zu einer Festung werden. Und dann, wenn wir im Umkreis von einer Meile auch nur einen Fremden wittern ...« Er ließ die Drohung unausgesprochen.
Endlich war Francesco überzeugt. »Alles, was du sagst, macht irgendwie Sinn«, meinte er. »Vor allem die Sache mit der Informationsbeschaffung. Warum sollten wir unsere Kontaktleute
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