Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
Grieves bediente, hatte man keinen Zerhacker mehr nötig. Dies war mit ein Grund, weshalb Darcy ihn so oft wie möglich als Diensthabenden einsetzte.
Aber ... hatte das, was der Necroscope einen Augenblick zuvor gespürt hatte, etwas mit Grieves Talent zu tun? War dies überhaupt möglich?
»Ihr habt nicht über mich gesprochen?« Harry runzelte die Stirn und fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, während seine Gedanken zu dem sonderbaren Gefühl zurückkehrten, das ihn befallen hatte, als er sein Zimmer betrat. Er hatte den Eindruck gehabt, jemand würde seinen Namen flüstern. Und dann dieser merkwürdige Halleffekt, der noch immer da war, so als befände sich in seinem Kopf ein Hohlraum – oder ... noch jemand anders? Jemand, der seine Gedanken ausspähte? »Hast du vielleicht an mich gedacht? Und falls ja, wäre ich dann in der Lage, das, was du denkst, mitzubekommen?« Mit einem Mal standen Brenda und der Kleine nicht mehr an erster Stelle von Harrys Prioritätenliste. Nein, das stimmte nicht ganz. Aber zumindest sah er nun einen möglichen Zusammenhang zwischen ihrem Verschwinden und diesem neuen Problem. Es handelte sich zwar nur um eine entfernte Möglichkeit, aber immerhin war es eine – darum betete er.
Abermals packte er Grieve am Arm, erst einen, dann beide, als ihm klar wurde, was dessen Blick zu bedeuten hatte. Nein, er wäre nicht in der Lage gewesen, was Grieve dachte, mitzubekommen. »John, ich möchte, dass du meine Gedanken liest!«, herrschte er ihn an. »Geh’ in meinen Geist und sieh zu, was du da findest. Wen du da findest! Jetzt, auf der Stelle, so rasch du kannst!«
Beinahe instinktiv tat Grieve wie geheißen und wich prompt zurück. Indem er sich Harrys Griff entzog, stolperte er einen Schritt von ihm fort. »Was ...?«
»Und?« Harry setzte ihm nach und drückte ihn gegen die Wand des Korridors. »Was hast du gesehen?« (Der Widerhall war verschwunden, was den Necroscopen nicht sonderlich überraschte. Er hörte jetzt alles wieder so klar und deutlich wie immer. Kein Geflüster mehr in seinem Hinterkopf.)
Besorgt blickte Darcy von Harry zu Grieve und wieder zurück. »Was, um Himmels ...«, setzte er an. Doch Grieve schnitt ihm, zu Harry gewandt, das Wort ab: »Da war noch jemand! Noch vor einem Moment war da noch jemand! Und jetzt bist du wieder allein. Nur noch ... du!«
Harry ließ ihn los und wandte sich bebend ab. Jemand war in seinen Geist eingedrungen! Nicht anders als bei Banks, Stevens und Jakes. Sekundenlang lag eine geradezu elektrische Spannung in der Luft, bis Darcy schließlich brüllte: »Könnte mir vielleicht jemand erklären, was hier vorgeht?«
Worauf Harry die beiden mit in sein Zimmer nahm und Grieve zuhörte, wie er von Brendas und Harry juniors Verschwinden berichtete. Grieve kam sofort zur Sache, doch dem Necroscopen ging es nicht schnell genug. Während er Grieve zuhörte, lauschte er gleichzeitig darauf, ob da noch etwas anderes in seinem Kopf war. Doch es kam nicht zurück. Noch nicht ...
»Sie ging nach Knightsbridge zum Einkaufen«, begann Grieve. »Den Kleinen hatte sie dabei. Natürlich behielten unsere Leute sie im Auge, drei unserer besten Männer. Dieselben, die schon die ganze Zeit über auf sie aufpassten; vom Sicherheitsdienst, und die verstehen ihren Job. Zwar keine ESPer, aber ziemlich nah dran.« Er schüttelte den Kopf. »Bei jedem anderen würde ich davon ausgehen, er wollte sich rausreden. Aber nicht diese Leute. Die wissen, was sie tun! Und wenn die sagen, sie sei einfach verschwunden, dann verhält es sich auch so ...
Allerdings ist sie nicht in der Menge untergetaucht, versteht ihr, obwohl es auf der Straße nur so von Menschen wimmelte. Stattdessen ging sie mit Harry junior zu einem Babyausstatter und ließ ihre Aufpasser draußen warten. Dort warteten sie und warteten ... bis sie schließlich reingingen, um nachzusehen, was los war. Nun, es gab keinen Hinterausgang, aber Brenda und der Kleine ...«
»... waren verschwunden.« Harry klang nun schon viel ruhiger. »Ja, so langsam wird mir klar, was geschehen ist. Um wie viel Uhr war das?«
»Ungefähr um halb sechs. Ihr beide hattet die Zentrale bereits zusammen mit Ken Layard verlassen. Ich wollte keine Panik auslösen und euch auch nicht von dem, was ihr vorhattet, abhalten. Wie es aussah, würden wir Brenda ja ohnehin bald wieder aufsammeln. Ich meine, wir passen ja nicht auf sie auf, weil sie von irgendwem bedroht wird, sondern vor allem weil ... nun, weil
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