Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
war. Aber als ich es schließlich merkte, war es bereits zu spät.
Meine Wohnung liegt im Erdgeschoss und die beiden anderen Mieter über mir arbeiten abends. Deshalb war das Haus leer. Als ich nach Hause kam, war es – ich weiß nicht genau – kurz vor sieben. Draußen brannte bereits die Straßenbeleuchtung. Als ich den Schlüssel im Schloss drehte, schien er ein bisschen zu klemmen. Aber als ich dann die Tür aufhatte, eintrat und versuchte , das Licht einzuschalten ...
... da wurde mir plötzlich alles klar! Aber da war es auch schon zu spät.
Direkt vor der Haustür stand eine Straßenlaterne. Die Vorhänge waren zwar zugezogen, doch durch die Ritzen fiel ein bisschen Licht. Ich befand mich noch keine Minute in meiner Wohnung, da wusste ich, dass sie da waren. Es war nur so ein Gefühl – die Tatsache, dass das Licht kaputt war; und dann die Schatten an Stellen, an denen eigentlich gar keine sein durften.
Ich erhielt einen Schlag auf den Kopf, keine Ahnung von wem. Aber als ich wieder zu mir kam, war der Teppich feucht von meinem Blut und eine Stelle hinter meinem Ohr fühlte sich weich an. Ich konnte höchstens eine Sekunde lang weg gewesen sein, doch als ich mich rührte und versuchte, mich in eine sitzende Position aufzurichten, hörte ich eine unangenehme Stimme mit breitem Akzent, eindeutig aus Newcastle, sagen: »Ein harter Bursche, was?« Und eine andere, tiefe, dunkle, kehlige Stimme erwiderte, allerdings nur in meinem Kopf:
»Yeah. Aber innen bist du viel weicher, mein Junge, nicht wahr?«
Und als ich die Augen aufschlug, um einen Blick auf das Gesicht zu erhaschen, das, wie ich wusste, zu der Stimme gehörte ...
... war es die Wolfsfratze, die Jim Banks gesehen hatte, was sonst? Die irren Augen, die mich aus den Höhlen anstarrten, waren pechschwarz und funkelten wie Kohle; aber sie gehörten einem Menschen ... und doch auch wieder nicht! Das Wesen rollte mich mit dem Fuß auf den Rücken, setzte sich rittlings auf meine Oberschenkel und präsentierte mir seine Klaue – fünf rasiermesserscharfe Klingen, die in einem Kettenhandschuh steckten, den er sich über die Hand gestreift hatte!
Wie gesagt, in meiner Wohnung war es dunkel. Das einzige Licht stammte von der Laterne vor der Tür, das durch die Ritzen in den Vorhängen fiel. Aber so dunkel war es nun auch wieder nicht. Hinter der Schulter des Kerls konnte ich diesen Skippy sehen. Ich sah, wie blass er war und dass er es nicht ertrug, zuzuschauen. Er musste sich abwenden!
Und dann der Schmerz, als der Kerl seine Klingen in mich senkte, wieder und wieder, und anfing, mich aufzuschlitzen ...
Du hast schon recht, Harry, seufzte Jakes nach einer geraumen Weile, ich habe nicht alles gespürt. Weißt du, es gibt eine Grenze, bis zu der man etwas ertragen kann! Komisch, das Letzte, woran ich mich erinnere, bevor ich das Bewusstsein verlor und hier wieder aufwachte, ist der Gedanke: »Mein Gott, wie wird meine Wohnung bloß aussehen ...?«
Er verstummte. Womöglich ließ er sich alles noch einmal durch den Kopf gehen. Gerade als der Necroscope sich bedanken und zum Gehen wenden wollte, sagte er: Oh, da ist noch etwas. Wahrscheinlich ist es nicht der Rede wert, aber das solltest du entscheiden. Da war noch ein Mädchen.
»Ein Mädchen?«, echote Harry.
Draußen vor der Werkstatt. Sie ging auf und ab. Zweimal habe ich sie dort gesehen, und dann wieder an dem Abend ... als es geschah. Er tat es mit einem Achselzucken ab. Die Sache war für ihn erledigt. Sie sah verdammt gut aus! Groß, schlank, verführerisch, und nichts davon war aufgesetzt. Möglicherweise Eurasierin, ihren mandelförmigen, leicht schräg stehenden Augen nach zu urteilen. Das Haar fiel ihr in Wellen auf die Schultern; es wirkte pechschwarz, aber wenn sich das Licht darin brach, schimmerte es grau. Sie war dieser alterslose Typ, Harry. Sie konnte alles zwischen neunzehn und fünfunddreißig sein. Aber hübsch, oh ja!
Er stellte sie sich vor, damit sich der Necroscope selbst ein Bild machen konnte, und Harry pflichtete ihm bei: Ja, sie war wirklich verdammt hübsch. »Eine Kundin, die wartet, bis ihr Wagen fertig ist?«
Vielleicht! Abermals zuckte Jakes die Achseln. Er verstummte.
Das Gespräch war vorüber ...
FÜNFTES KAPITEL
Als sie wieder vor der Zentrale des E-Dezernats eintrafen, war es eigentlich an der Zeit, Feierabend zu machen; es war schon spät. Doch Darcy hatte, seinem Bekunden zufolge, noch einigen Schreibkram zu erledigen, ehe er nach Hause ging, und auf
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