Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)
...«
»... weil sie manchmal anscheinend nicht selbst auf sich aufpassen kann!«, fiel Harry ihm ins Wort. »Es ist okay. Na los, sag’ es schon! Sie hat Probleme, ich weiß.« Bei sich dachte er: Brenda und Probleme? Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts!
All die Verhöre über Wochen und Monate hinweg, die der Bodescu-Affäre folgten, nachdem Harry schließlich einen neuen Körper gefunden hatte. Die Tatsache, dass es ihn überhaupt noch gab, wo Brenda ihn doch für tot gehalten hatte! Das hätte ausgereicht, einen jeden ... aus der Bahn zu werfen. Und im Verlauf der Befragungen, während Harry nach und nach genas, war allmählich immer deutlicher geworden, dass Brenda wirklich krank war. Im Grunde war nichts anderes zu erwarten gewesen, und eigentlich hätte man damit rechnen müssen.
Immerhin war Brenda erst vor Kurzem Mutter geworden und hatte sich noch nicht von der beschwerlichen Schwangerschaft und der schwierigen Geburt erholt. Eine Zeit lang hatte der Arzt sogar geglaubt, er werde sie verlieren.
Hinzu kamen das unheimliche Talent ihres Mannes – Brenda wusste, dass er mit den Toten redete, und dies nagte bereits seit Monaten an ihr – und die Tatsache, dass ihr neugeborener Sohn anscheinend dieselben, wenn nicht noch beängstigendere Kräfte besaß, sodass selbst die ESPer des E-Dezernats ihn mit Argwohn betrachteten. Außerdem war Harry nun auch noch ein (im wahrsten Sinne des Wortes) vollkommen anderer geworden, jemand, der zwar über Harrys Vergangenheit, seine Erinnerungen und Eigenheiten verfügte, sich aber im Körper eines völlig Fremden befand. Dazu das Entsetzen, das Brenda in jener Nacht empfunden hatte, als sie dem Ungeheuer Yulian Bodescu von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Selbst in ihren schlimmsten Albträumen hätte sie niemals angenommen, dass etwas Derartiges existierte ...
Kein Wunder, dass ihr bei all dieser Anspannung die Nerven durchgingen. Zu allem Überfluss fühlte sie sich in London auch noch äußerst unwohl und hatte keine Möglichkeit, in den Nordosten nach Hartlepool zurückzukehren. Ihre ehemalige Wohnung würde nur monströse Erinnerungen in ihr wachrufen und wäre das reinste Gift für sie. Schließlich hatte Bodescu, oder vielmehr das Wesen, zu dem er geworden war, sie dort angegriffen und versucht, sie und ihr Kind zu töten!
Je mehr Brenda den Kontakt zur Realität verlor, desto häufiger suchte sie diverse Spezialisten und psychiatrische Kliniken auf. Bis jetzt ... doch was war geschehen? War sie zu dem Entschluss gelangt, dass es endlich genug war? Oder war dies das Werk von Dritten? Oder konnte es möglich sein, dass das Baby ...
»Wie dem auch sein mag«, redete Grieve weiter, froh, dass Harry ihn aus der Verantwortung entließ, »es kam anders, als ich dachte, und sie sind noch immer verschwunden. Wir haben jeden Agenten, den wir entbehren können, dafür abgestellt. Im Augenblick durchkämmen sie die Innenstadt und tun, was sie können.«
Seine Worte holten den Necroscopen wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. »Wo liegt der Laden?«, fragte er mit finsterer Miene.
Grieve führte Darcy und Harry in die Einsatzzentrale, wo er auf dem riesigen Schirm den Stadtplan von London aufrief und dem Necroscopen zeigte, wo genau sich das Geschäft befand.
»In Ordnung«, sagte Harry. »Jetzt habe ich etwas zu tun.« An John Grieve gewandt, fuhr er fort: »Ich werde nicht lange weg sein. Aber in der Zwischenzeit kann Darcy dir vielleicht erklären, an was für einem Fall wir gerade arbeiten.« Zu Darcy meinte er: »Ich hoffe, die Sache mit Brenda hat nichts mit unserem Werwolf zu tun. Aber seit wir hierher zurückgekehrt sind – ich weiß nicht, ich bin mir nicht sicher – aber ich glaube, jemand ist in meinen Geist eingedrungen, genau wie bei Banks und den anderen.«
»Guter Gott!«, entfuhr es Darcy, als er begriff, was der Necroscope da gesagt hatte. »Wenn er weiß, dass du ihm auf den Fersen bist ... glaubst du, er hat sie als Geiseln genommen?«
Harry hob hilflos die Arme, doch im nächsten Moment schüttelte er grimmig den Kopf. »Nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Sohn so etwas zulassen würde! Hoffen wir, dass es sich bloß um einen Zufall handelt. Eines weiß ich jedoch mit Sicherheit: Wir dürfen diese Nacht nicht ungenutzt verstreichen lassen! Während ich weg bin, könntest du vielleicht Trevor Jordan Bescheid sagen? Oder, besser noch: Gib mir seine Adresse und sag’ ihm, er soll dort auf mich warten. Sir Keenan
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