Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
möchte morgen hierherkommen. Du hast jetzt keine Zeit für solche Frivolitäten, wie dich in der Stadt herumzutreiben. Bei den Simptons habe ich dich entschuldigen lassen und ihnen deutlich gemacht, dass es absolut nicht nötig ist, dass ihr Sohn dich abholt. Stattdessen werde ich selbst am Montagabend nach dem Essen auf einen Brandy bei Mr. Simpton vorbeischauen und Geschäftliches mit ihm besprechen. Seine Gicht hält ihn schon viel zu lange von den Sitzungen des Komitees ab. Wenn Simpton nicht beim Komitee sein kann, muss eben der Präsident des Komitees zu Simpton kommen.«
»Was?« Ich presste die Finger auf die Stirn, um dem Pochen in meinen Schläfen Herr zu werden. »Du hast meinen Besuch bei den Simptons abgesagt? Warum das, um Himmels willen?«
Vater schenkte mir einen unerbittlichen Blick. »Du hast dich den ganzen Tag krank in deinem Zimmer verkrochen, Emily. Offenbar schadet zu viel Aufregung deiner Konstitution. Du wirst die ganze nächste Woche zu Hause bleiben, damit du nächsten Montag bei dem Dinner im Universitätsclub wohlauf bist.«
»Vater, ich war nur müde von der gestrigen Gesellschaft. Morgen wird es mir wieder hervorragend gehen. Ich fühle mich schon jetzt viel besser.«
»Vielleicht hätte ich deinen Worten geglaubt, hättest du dich schon früher besser gefühlt. Doch wie die Dinge stehen, habe ich das Beste für dich beschlossen – und das ist, dich bis nächsten Montag zu schonen. Habe ich mich klar ausgedrückt, Emily?«
Ich erwiderte seinen unerbittlichen Blick und legte im Geiste all meinen Abscheu hinein. »Ja, du hast dich klar ausgedrückt«, sagte ich eisig.
Vaters Lächeln war selbstzufrieden und grausam. »Gut. Auch deine Mutter hat sich meinem Willen gebeugt.«
»Ja, ich weiß, dass sie das tat, Vater.« Hier hätte ich verstummen sollen, doch die Wut ließ meine Worte frei fließen. »Aber ich bin nicht meine Mutter und habe nicht den Wunsch, es zu sein.«
»Dir könnte nichts Besseres im Leben geschehen, als dass du zu der Dame würdest, die deine Mutter war.«
Ich ließ zu, dass mein Ton die Kälte widerspiegelte, die sich in mir ausbreitete. »Fragst du dich jemals, Vater, was Mutter sagen würde, wenn sie uns heute sehen könnte?«
Seine Augen verengten sich. »Deine Mutter ist meinen Gedanken niemals fern.«
Da kam George mit dem Eintopf, und Vater änderte übergangslos das Thema und hob zu einem Monolog über den lächerlichen Aufwand an, der für die Weltausstellung betrieben wurde – wie einen ganzen Stamm afrikanischer Pygmäen auf dem Midway auszustellen. Ich saß schweigend da, dachte nach, schmiedete Pläne und gab mich vor allem meinem Hass auf ihn hin.
In dieser Nacht wagte ich nicht, meinen Garten zu besuchen. Ich entschuldigte mich, ehe Vater sich seinen Brandy einschenkte, indem ich geschickt seine eigenen Worte gegen ihn wandte: Ich behauptete, er habe doch recht gehabt, ich fühle mich noch äußerst müde und müsse mich ausruhen, um mich für den großen Tag zu stärken.
Ich schleifte die schwere Truhe vor die Tür und setzte mich darauf, das Ohr gegen das kühle Holz gedrückt. Noch lange nach Mondaufgang hörte ich ihn unten auf seinem Treppenabsatz hin und her gehen.
Den ganzen Montag erfüllte mich bittere Enttäuschung. Ich musste so dringend Arthur und seine Eltern besuchen! Mein einziger Trost war, dass ich sicher wusste, dass Arthur die List meines Vaters durchschauen würde. Ich hatte ihn ja vor Vaters selbstherrlicher Art gewarnt. Dies war nur ein weiterer Beweis für die Wahrheit meiner Worte.
Gewiss würden die Simptons wenigstens die Ausstellungseröffnung besuchen – wenn nicht sogar das Dinner im Club. Also würde ich Arthur nächsten Montag sehen. Ich musste ihn sehen. Ich würde meinen ganzen Einfallsreichtum aufbieten, um eine Gelegenheit zu finden, mit ihm zu sprechen. Das wäre recht dreist von mir, aber meine Umstände verlangten nach drastischen Maßnahmen. Arthur war gutherzig und vernünftig. Er und seine Mutter hatten mir große Beachtung geschenkt. Sicherlich würden wir zu dritt einen Weg finden, Vaters drakonisches Gehabe zu umgehen.
Drakonisches Gehabe. Viele Stunden lang zerbrach ich mir den Kopf darüber, wie ich anderen Leuten Vaters unnatürliche Vereinnahmung meiner Person erklären könnte. Camilles Reaktion auf meinen Versuch, ihr auch nur andeutungsweise meine Verzweiflung anzuvertrauen, hatte mich einiges gelehrt. Sie war zutiefst schockiert gewesen und hatte dann versucht, meine Ängste
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