Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
meiner selbst – weil ich niemanden außer mir selbst habe, auf den ich bauen kann. Ich bin ganz allein mit Vater. Ich wünschte mir so, Mutter wäre hier und könnte mir helfen.« Der Schluchzer, der diesen Worten folgte, war völlig echt und ungekünstelt.
»Aber Sie sind nicht allein! Ich bin da. Emily, bitte erlauben Sie mir, mit meinen Eltern über Ihre Sorgen zu sprechen. Sie sind klug. Sie werden wissen, was zu tun ist.«
Ich unterdrückte den Keim der Hoffnung, der in mir aufkam, und schüttelte unglücklich den Kopf. »Nein, da kann man nichts tun. Arthur, Vater macht mir schreckliche Angst. Wenn Ihr Vater ihn darauf ansprechen würde, wie er mich behandelt, würde das meine Lage nur verschlimmern.«
»Emily, ich kann Ihnen nicht versprechen, dass mein Vater nicht versuchen wird, mit Ihrem zu sprechen. Ich hatte viel langsamer und behutsamer vorgehen wollen, doch so wie die Dinge liegen, scheint es, als sei uns nicht viel Zeit vergönnt.« Er holte tief Luft und drehte sich so, dass er mir in die Augen sehen konnte. Sanft und keusch nahm er meine Hände in seine. »Emily Wheiler, ich möchte Sie um Erlaubnis bitten, in aller Form um Ihre Hand anhalten zu dürfen, mit dem ausdrücklichen Ziel, Sie zur Frau zu nehmen. Nehmen Sie meine Bitte an?«
»Ja, Arthur! O ja!« Es war nicht nur die Erleichterung über den Fluchtweg, der sich vor mir öffnete, weshalb ich zugleich zu lachen und zu weinen anfing und ihn fest an mich drückte. Ich mochte Arthur Simpton wirklich.
Vielleicht liebte ich ihn sogar.
Er fiel in mein Lachen ein, erwiderte die Umarmung und sagte, nachdem wir uns voneinander gelöst hatten: »Von dem Moment an, da ich dich zum ersten Mal sah, damals, als du und deine Freundin vor Monaten in den Hermes Club eintraten, konnte ich nicht mehr aufhören, an dich zu denken. Ich glaube, ich wusste die ganze Zeit, dass du die Meine werden musstest.«
Ich legte den Kopf zurück und blickte leidenschaftlich zu ihm auf. »Arthur Simpton, du hast mich zum glücklichsten Mädchen der Welt gemacht.«
Da beugte er sich langsam vor und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Dieser erste Kuss meines Lebens durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag. Ich spürte, wie mein Körper sich seinem anpasste, und öffnete einladend die Lippen. Arthurs Kuss wurde tiefer; zögernd kostete er mich mit seiner Zunge. In mir aber war kein Zögern. Ich öffnete mich ihm ganz, und noch während ich dies schreibe, vermag ich mir mühelos in Erinnerung zu rufen, wie warm und feucht mir bei der Berührung seiner Lippen wurde. Atemlos brach er schließlich den Kuss ab und lachte zitternd. »Ich – ich muss bald mit deinem Vater sprechen. Morgen! Gleich morgen werde ich zu ihm gehen.«
Da kehrte mein gesunder Menschenverstand zurück. »Nein! Das geht nicht, Arthur.«
»Aber warum nicht? Du hast Angst, und wir müssen schnell vorgehen.«
Ich nahm seine Hand, presste sie über mein Herz und war so kühn zu sagen: »Vertraust du mir, mein Liebling?«
Sein verwirrtes Gesicht glättete sich sofort. »Natürlich!«
»Dann bitte tu, was ich nun sage, und alles wird gut werden. Du darfst nicht allein mit Vater sprechen. Er ist nicht Herr seiner Sinne. Er wird keiner Vernunft zugänglich sein. Arthur, vielleicht verbietet er dir sogar, mich je wiederzusehen, und schlägt mich, wenn ich dagegen aufbegehre.«
»Nein! Das darf nicht geschehen, Emily!«
Ich seufzte erleichtert. »Ich weiß einen Weg, wie du dich seines Segens, meiner Rettung und unseres Glücks versichern kannst. Aber du musst genau das tun, was ich nun sage, denn ich kenne Vater weit besser als du.«
»Dann sag mir, wie ich dir helfen kann.«
»Sorg dafür, dass deine Eltern und du am Montag zu dem Dinner im Universitätsclub kommt, das nach der Eröffnungsfeier auf dem Midway stattfindet. Dort musst du in aller Öffentlichkeit darum bitten, mir den Hof machen zu dürfen – vor all seinen Geschäftspartnern und den vornehmen Damen Chicagos, die ausdrücklich darum gebeten haben, dass ich Vater begleite.« Arthur nickte schon zustimmend, aber ich fügte hinzu: »Selbst in seinem labilen Geisteszustand wird er in der Öffentlichkeit nicht unvernünftig zu handeln wagen.«
»Wenn ich meine Absichten erkläre und meine Familie diese unterstützt, wird er keinen vernünftigen Grund haben, mich zurückzuweisen.«
Ich drückte seine Hand fester. »Schon, aber du musst es in der Öffentlichkeit tun.«
»Du hast recht, süße Emily. Dann wird dein Vater
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