Neferets Fluch ( House of Night Novelle )
machte. Wie sollte ein so guter und netter Mensch wie Arthur Simpton meinem Vater je die Stirn bieten können?
Aber das würde er nicht müssen!, rief ich mir schnell in Erinnerung, so wie ich es auch jetzt tue. Arthur musste mir nur in aller Öffentlichkeit einen Antrag machen – den Rest würde Vaters Scheu davor, sich lächerlich zu machen und einen Skandal zu provozieren, erledigen.
Ich hielt seine starke Hand fest. »Ich habe dich vermisst.«
»Aber dein Vater – er hat nicht …«
Er verstummte, unfähig, die Frage zu Ende zu führen. Ich antwortete dennoch. »Vater war in den letzten Tagen nicht oft zu Hause. Wir haben uns kaum gesehen. Ich verbrachte die Zeit in meinen Räumen und Vater mit der Finanzierung der Ausstellung.«
Arthur nickte verstehend. »Selbst mein Vater ist vom Krankenlager aufgestanden, um mit Mr. Pullman zu dinieren und sich um geschäftliche Angelegenheiten zu kümmern.« Er hielt inne und wirkte verlegen.
»Was ist?«, drängte ich.
»Mutter und Vater waren beide hoch erfreut, als ich ihnen meine Absichten dir gegenüber erklärte. Als ich beschrieb, in was für einer Lage du dich derzeit befindest, war vor allem Mutter sehr besorgt, insbesondere nachdem Vater am Dienstagabend von einem Treffen wiederkam und berichtete, wie betrunken dein Vater schon mitten in der Besprechung gewesen sein muss und wie unhöflich und streitlustig er sich benahm.«
Ein Nadelstich der Angst durchzuckte mich. »O bitte, Arthur! Sag nicht, dass die Exzesse meines Vaters deine Eltern gegen mich einnehmen! Es würde mir das Herz brechen, wenn dem so wäre!«
»Nein, auf keinen Fall.« Er tätschelte mir sanft die Hand. »Im Gegenteil. Da mein Vater Mr. Wheilers Verhalten selbst beobachten konnte, sind er und Mutter nur umso entschlossener, dass die Zeit meiner Werbung so kurz wie möglich sein sollte, um unsere Verlobung bald bekanntgeben und dich aus deiner unerfreulichen Lage retten zu können. Wenn alles so geht wie geplant, werden wir nächstes Jahr um diese Zeit schon heiraten können, meine süße Emily!«
Und er zog mich in die Arme. Ich war froh, dass ich mein Gesicht an seiner Brust bergen konnte, denn das hielt mich davon ab, in ohnmächtiger Wut aufzuschreien. Ein Jahr! Ich konnte diese grässliche Situation unmöglich noch ein Jahr lang ertragen!
Während ich näher an Arthur heranrückte, zog ich heimlich an dem Gürtel, der Mutters Hausmantel zusammenhielt.
»Arthur, ein Jahr kommt mir so furchtbar lang vor«, flüsterte ich und hob den Kopf, so dass mein Atem warm um seinen Hals strich.
Sein Griff um mich wurde fester. »Ich weiß. Mir kommt es auch lang vor, aber wenn wir die Fristen nicht korrekt einhalten, wird es Gerede geben.«
»Ich habe nur solche Angst, was Vater tun wird. Er trinkt von Tag zu Tag mehr, und wenn er betrunken ist, fürchte ich mich wirklich vor ihm. Auch dein Vater sagte doch, er sei streitlustig!«
»Ja, liebste Emily, ja«, sagte er beschwichtigend und strich mir übers Haar. »Aber sobald wir verlobt sind, wirst du zu mir gehören. Verzeih, wenn ich so unhöflich bin, das zu sagen, aber meine Familie ist wohlhabender und hat weitreichendere Verbindungen als deine. Du musst wissen, dass mir das völlig egal ist, aber deinem Vater wird es nicht egal sein. Er wird es nicht wagen, meine Familie zu beleidigen, und das bedeutet, sobald wir verlobt sind, wird er es nicht wagen, ausfällig gegen dich zu werden oder dir ein Leid zu tun.«
Sicher, Arthur sagte die Wahrheit – soweit er sie kannte. Das Problem war, er konnte nicht wissen, wie tief die Verderbtheit meines Vaters reichte oder wie mächtig dessen Triebe waren. Doch diese schockierenden Tatsachen konnte ich ihm nicht anvertrauen. Alles, was mir übrigblieb, war, sicherzugehen, dass Arthur Simpton mich so bald wie möglich heiraten wollte.
Also befreite ich mich aus seiner Umarmung, stand auf, wandte mich von ihm ab, barg mein Gesicht in den Händen und begann leise zu schluchzen.
»Meine Emily! Meine Liebste! Was ist?«
Ich drehte mich zu ihm um und achtete darauf, dass der Hausmantel durch die Bewegung aufging und mein fast durchscheinendes Nachtgewand darunter sichtbar wurde. »Ach, du bist so lieb und gut, Arthur, ich weiß gar nicht, wie ich es dir begreiflich machen soll.«
»Sag es mir einfach! Weißt du nicht mehr – ganz zu Anfang, ehe alles andere dazukam, waren wir Freunde.«
Ich warf mein Haar zurück und wischte mir die Wangen trocken. Dabei beobachtete ich, wie sein
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