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Nehmen Sie doch Gift darauf!

Nehmen Sie doch Gift darauf!

Titel: Nehmen Sie doch Gift darauf! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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bis sie verstummte. Ich ließ ihr Handgelenk los, und
es gelang ihr, wieder hochzukommen. Allerdings schien ihr Orientierungssinn gelitten
zu haben, denn statt auf dem schnellsten Weg hinauszugehen, rannte sie mehrmals
gegen die Wand. Nachdem sie endlich die Tür erwischt hatte, schwankte sie
stieren Blicks von Wand zu Wand taumelnd davon.
    Ich wollte die Tür gerade
wieder schließen, da entdeckte ich auf dem Flur eine interessierte Zuschauerin.
Es war ein dunkelhaariges, wirklich hübsches Mädchen, und ich empfand es als
schreiende Ungerechtigkeit des Schicksals, daß sie offenbar unter einer Mißbildung litt. So etwas war mir mein Lebtag noch nicht
begegnet. Sie hatte eine bezaubernd graziöse Figur — meiner Schätzung nach
mochten ihre Taille fünfzig Zentimeter und ihr Hüftumfang neunzig Zentimeter
messen —, die Oberweite aber betrug mindestens hundertzehn Zentimeter. Es war
mir schleierhaft, wie sie es überhaupt schaffte, ohne Bleigewichte in den
Absätzen aufrecht zu stehen.
    »Ich habe das eben sehr
genossen«, sagte sie mit sanft schnurrender Stimme. »Diese Salome hat es nicht
besser verdient. Es war direkt ein Hochgenuß zuzusehen, wie sie ihren Teil
abbekam .« Sie hielt mir die Hand entgegen. »Ich bin
Irma Sloskowsky — hier unter dem Namen >Irma der
Busen< bekannt .«
    »Hallo«, sagte ich und reichte
ihr ebenfalls die Hand. »Ich bin Mavis Seidlitz, >Mavis der Zirkus< .«
    »Ich habe das Gefühl, daß wir
gut miteinander auskommen werden, Mavis«, sagte Irma zufrieden. »Und wenn du
Salome das nächstemal in die Mangel nimmst, sag mir
rechtzeitig Bescheid, damit ich keine Sekunde versäume .«
    »Aber gern«, versprach ich.
    »Ich wollte gerade eine Tasse
Kaffee trinken gehen«, sagte sie. »Wie wär’s, wenn du mitkämst ?«
    »Mit Vergnügen«, erwiderte ich
prompt.
    »Wunderbar.« Sie lächelte
traurig. »Ich könnte hier eine Freundin gebrauchen, Mavis .«
    »Ich ebenfalls«, erwiderte ich
vergnügt. Alles schien sich vorzüglich anzulassen; es würde viel einfacher
sein, Irma zu bewachen, wenn sie mich gern um sich hatte.
    Ich nahm meine Tasche, und wir
gingen wie zwei alte Freundinnen plaudernd durch den Flur. Als wir gerade die
Bühnentür erreicht hatten, kam der widerliche narbige Max Stenner herein und
rannte uns fast über den Haufen.
    »Passen Sie doch auf, wo Sie
hingehen !« fuhr ich ihn an.
    »Nanu...« Er grinste, und die
Art und Weise, wie die Narbe an seinem Mund puckerte, war wirklich
furchterregend. »Wenn das nicht das Mädchen ist, das immer seine Hosen verliert !« Dann blickte er Irma an, und ein unheimliches Glitzern
trat in seine Augen.
    »Und wenn das nicht Fräulein
Langohr persönlich ist !« flüsterte er. »Paß gut auf
deine Ohren auf, Kindchen. Wenn sie noch etwas länger wachsen, muß ich sie dir
vielleicht abschneiden !«
    Er kniff ihr mit der Hand kurz
in die Wange, gab ein boshaftes Kichern von sich und ging weiter.
    »Manche Männer haben Nerven !« sagte ich indigniert. »Eigentlich sollte man sich so
etwas gar nicht...«
    Dann sah ich Irma an und
verstummte, da sie mir offenbar überhaupt nicht zuhörte. Alle Farbe war aus
ihrem Gesicht gewichen, und in ihren Augen stand nackte Angst.
    »Mach dir doch wegen diesem
Knallkopf keine Sorgen !« Ich tätschelte ihr tröstend
den Arm. »Er ist doch nur...«
    »Er macht mir entsetzliche
Angst«, flüsterte sie fast unhörbar. »Ich habe bei ihm ein Gefühl, das ich
nicht abschütteln kann. Es wird etwas Entsetzliches geschehen, und zwar bald!
Und wenn es soweit ist, wird er mir die Schuld geben, weil ich gestern etwas
gehört habe, und dann wird er...«
    Sie unterbrach sich plötzlich
und starrte mich an, als sei ihr meine Gegenwart jetzt erst bewußt geworden.
Dann zwang sie sich ein schwaches Lächeln ab. »Denk nicht mehr dran, Mavis«,
sagte sie. »Ich habe wahrscheinlich nur schwache Nerven. Jetzt kann ich
wirklich einen Kaffee gebrauchen .«
     
     
     

3
     
    Ich dachte, daß ich schrecklich
nervös und verlegen sein würde, wenn ich zum erstenmal vor einem Publikum meine
Kleider verlieren müßte — bis auf die Hütchen und das Feigenblatt natürlich —,
aber es kam ganz anders. Casey Jones scheuchte mich derart über die Bühne, daß
ich viel zu erschöpft war, um mich zu genieren.
    Als wir die Nummer zum
erstenmal brachten, brüllte das Publikum nach einer Zugabe. Das war zwar sehr
ermutigend, aber ich hatte keine Ahnung, was ich als Zugabe bieten sollte. Ich
wandte mich an Casey, der in den

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