Nehmen Sie doch Gift darauf!
bekam, weil sie sich nur noch verschwommen erkennen
konnte.
Irma hatte ein Steak im
Gefrierfach, das wir uns zum Frühstück teilten, weil wir beide hungrig waren
und so auch gleich das Mittagessen sparen konnten. Anschließend fuhren wir
beide zu einer längeren Sitzung in den Schönheitssalon und waren um halb sieben
wieder im Klub, um uns für die erste Show fertigzumachen.
Ich hatte meine Umkleidekabine
kaum betreten, als es an die Tür klopfte und Salome Honig hereinkam. Aber noch
bevor ich meine Stacheln aufrichten konnte, lächelte sie mich unsicher an und
hob die Hand.
»Ich wollte mich nur
entschuldigen, Mavis«, sagte sie. »Ich glaube, ich habe die Lektion verdient.
Du hast ganze Arbeit geleistet .«
»Okay«, sagte ich. »Reden wir
nicht mehr davon .«
»Ich hätte es besser wissen und
nicht all die Lügen glauben sollen, die du angeblich über mich verbreitet hast .« Sie seufzte so tief, daß ihr Busen sanft erbebte.
»Welche Lügen ?« fragte ich neugierig.
»Die schrecklichen Geschichten,
die du gleich am ersten Tag über mich erzählt haben sollst.« Sie lächelte
schmerzlich. »Ich hätte dieser boshaften Hexe Irma kein Wort glauben dürfen .«
»Oh?« Ich zog die Augenbrauen
in die Höhe. »Meine gute Freundin Irma hat also diese Lügenmärchen in die Welt
gesetzt .«
»Genau«, nickte sie eifrig. »Du
kannst dieser Person nicht über den Weg trauen...«
»Hinaus !« sagte ich mit eiskalter Stimme. »Verschwinde, bevor ich dir den Arm breche, du mieses
Stück! Erst wolltest du mir das Gesicht zerkratzen, und nachdem das nicht
geklappt hat, versuchst du jetzt, meine Freundschaft mit Irma kaputtzumachen.
Aber auch das wird dir nicht gelingen, du Giftziege !«
Einen Augenblick musterte sie
mich wortlos, mit verletzter Unschuldsmiene, dann fiel ihr Gesicht plötzlich
zusammen, was ihm übrigens gar nicht schlecht bekam.
»Ich sag’ dir die Wahrheit,
Mavis«, jammerte sie. »Es war wirklich Irma, die...«
»Raus !« wiederholte ich drohend, »sonst ramme ich dir den Schädel in die Wand, daß du
einen Bagger brauchst, um ihn wieder rauszuziehen!«
»Okay«, sagte sie mit betrübter
Stimme. »Aber ich hab’ wirklich die Wahrheit gesagt. Vermutlich wirst du
schneller daraufkommen , als dir lieb ist .« Damit wogte sie hinaus und zog die Tür leise hinter sich
zu.
Wenn man bedenkt, was manche
Leute so für Nerven haben, bleibt einem wirklich die Spucke weg. Als mein
erster Auftritt kam, hatte ich mich noch immer nicht beruhigt, und daher war
ich wohl ein wenig unvorsichtig. Jedenfalls vergaß ich bei der Stelle, an der
ich mit dem Stuhl zusammenkrachen muß, nur so zu tun, als stieße ich Casey mit
den Beinen, sondern trat ihm mit voller Wucht unters Kinn. Eins muß ich
allerdings sagen — Casey war hart im Nehmen! Er ließ sich überhaupt nichts
anmerken, sondern revanchierte sich stillschweigend wenig später. Die Nummer
gipfelte darin, daß ich mich nach der Jagd um den Schreibtisch mit dem Höschen
an einem Türgriff verhakte und mit dem Allerwertesten über die
Schreibtischplatte schlidderte. Casey hatte mich auf der anderen Seite
aufzufangen, aber diesmal stand er mit gelangweiltem Gesicht da und ließ mich
ungerührt auf die Erde knallen.
Ich war so wütend auf ihn, als
ich von der Bühne humpelte, daß ich ihn auf der Stelle hätte umbringen können.
Schließlich hat jede Frau ihren Stolz, und meiner war momentan so zerschunden,
daß ich wohl nie mehr würde sitzen können. Jedenfalls hob ich, sobald wir den
Flur erreicht hatten, der zu den Umkleidekabinen führte, meinen Arm, um Casey
eine zu verpassen, aber er packte ihn und drehte ihn ein bißchen um, so daß ich
augenblicklich in die Knie ging.
»Du hast mich doch getreten,
weißt du nicht mehr ?« sagte er mit widerlich
verträglicher Stimme. »Da hab’ ich dich eben vom Schreibtisch fallen lassen,
und nun sind wir quitt, stimmt’s ?«
»Ich denke schon«, entgegnete
ich bitter. »Oder wir werden es zumindest sein, wenn du mir nur erst den Arm
wieder einrenkst .«
»Keine bösen Gefühle,
Schätzchen.« Er ließ meinen Arm los und half mir wieder auf die Füße. »Komm
einen Augenblick zu mir in die Garderobe .«
»Machst du Witze ?« stieß ich höhnisch hervor. »Ich denke doch gar nicht
daran, mit einem tyrannischen...«
Er verpaßte mir einen Stoß mit
dem Ellbogen, und im nächsten Augenblick wirbelte ich wie eine Ballerina mit
Düsenantrieb in seine Kabine. Casey folgte mir, schloß sorgsam die Tür und
lehnte
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