Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz
Sehnsucht, wieder einen kleinen Jungen um sich zu haben, ließ sie nicht lange überlegen.
»Mein Gatte geht nächste Woche auch wieder auf Reisen. Peer fährt mit einem der Jungen in die Pfalz, um den Weingarten brauche ich mich nicht zu kümmern. Mein Haus ist leer, Frau Greta. Wenn Ihr Kilian mir anvertrauen wollt, gewähre ich ihm gerne Obdach.«zu
»Das würdet Ihr tun? Aber nicht für Gottes Lohn, Frau Alyss. Ein paar schöne Pelze wird der Niclas Euch vorbeibringen.«
»Aber keine aus der hiesigen Gaststube. Denn ich weiß ganz genau, wie der Simon die Langohren überredet, ihre Wämschen hierzulassen.«
Franziska kicherte. Es war ein offenes Geheimnis, dass ihr Ehemann seit Jahren sehr gute Verbindungen mit den Wilderern pflegte.
»Nicht diese«, nickte auch die Pelzerin verständnisvoll. »Ein paar Lämmer haben ihre Decken bei uns abgegeben, aus denen man schöne warme Winterjacken nähen kann.«
Niclas Aldenhoven war kein Pelzhändler, sondern ein Buntwörter, ein Kürschner, der die heimischen Häute den Sommer über verarbeitete, um sie dann in den Herbstmonaten zu verkaufen. Er bezog seine Ware von den Jägern, den Metzgern oder Abdeckern – manchmal wohl auch von den Wilderern. Gebrauchsware überwiegend, kein Luxus, obwohl Fuchs und Marder, Eichhörnchen oder Dachs auch begehrte Pelze lieferten.
Gegen ein paar warme Lammfelle hatte Alyss nichts einzuwenden, und so war das Geschäft bald abgewickelt. Auch jenes mit der Adlerwirtin erfolgte zur Zufriedenheit. Das Fass Wein tauschte Alyss gegen ein Fass von deren würzigem Bier, das Peer und der Knecht, aber auch die beiden Jungen recht gerne tranken. Es sollte eben auf den Karren geladen werden, als die Frauen Kilian entdeckten.
Er war nicht in die gefährliche Schmiede geraten. Er hatte die Braustube der Wirtin aufgesucht. Und das nicht alleine. Nein, er hatte das struppige Eselchen des Schmieds zur Gesellschaft mitgenommen und mit der Maische gefüttert. Dem Tier erging es gar wohl dabei, doch so recht wusste es nichts mehr mit seinen vier Beinen anzustellen. Es kam torkelnd und schwankend auf die Frauen zu und iahte sein trunkenes Glück lauthals über den Hof.
Jung Kilian jedoch lag selig berauscht schlummernd unter dem Braukessel, ein goldlockiger Knabe mit dem Gesicht eines Engels.
Alyss schwante Böses.
7. Kapitel
E ine Woche später war im Hause van Doorne wieder Frieden eingekehrt. Am Montag hatte sich Arndt auf die Reise begeben. Der Abschied fiel kühl aus, er teilte seiner Gattin weder mit, wohin er sich begeben wollte, noch, wann er zurückzukehren gedachte. Das war verständlich, denn Alyss hatte genauestens überwacht, welche Fässer er aus den Weinkellern entnommen hatte, und auch die Geldbeutel unter Verschluss gehalten, damit er nicht Waren und Münzen entnehmen konnte, die ihr gehörten. Früher war sie unbekümmerter damit umgegangen, aber seit sie getrennte Bücher führten, legte sie strikten Wert darauf, dass alles seine Ordnung hatte.
Arndt hatte sie einmal giftig als Erbsenzählerin angefaucht, ihr den Registerband entrissen, in dem seine Einnahmen und Zahlungsverpflichtungen niedergelegt waren. Er führte sein Buch nun selbst, was Alyss mit einem Schulterzucken abtat. Auch über das Ziel seiner Reise machte sie sich wenig Gedanken. Er würde nach Burgund reisen, auf welcher Route auch immer. Da er früher im Jahr aufgebrochen war als sonst, nahm sie an, dass er möglicherweise über Deventer fahren wollte, um die Verschiffung seiner Weine nach London zu beaufsichtigen. Oder was immer er sonst noch für Geschäfte mit den Nordleuten zu machen gedachte.
Sie selbst hatte einen wagemutigen Schritt unternommen, um ihre Einkünfte zu mehren. Der Besuch bei den Pelzkaufleuten hatte ihr die Idee eingegeben, den Pfälzer Wein nicht
nur gegen Münzen zu erstehen, sondern Tauschware anzubieten. Die Riga-Händler verfügten über ausgesucht schöne, seltene weiße Pelze, und einen Teil ihrer zurückgewonnenen Mitgift hatte sie dazu genutzt, ein Fass edler Rauwaren zu erwerben. Mit dieser kostbaren Ladung machten sich kurz nach Arndts Aufbruch ihr Handelsgehilfe Peer und der stolzgeschwellte Frieder auf den Weg. Für den Jungen war es die erste Handelsreise, und entsprechend wichtig kam er sich vor, zumal Tilo im Frühjahr bereits diese Ehre genossen hatte.
Der Abschied von ihm fiel indes weit lebhafter aus. Die Jungfern gaben ihm Dutzende von kleinen Aufträgen mit, die er auf der Speyrer Messe zu erfüllen hatte, Tilo
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