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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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aber ich führe in seiner Abwesenheit das Haus.«
    »Ist recht, ist recht!«
    Der Notar wühlte umständlich in dem Beutel an seinem Gürtel und zog dann ein Gestell mit zwei runden Gläsern daraus hervor. Alyss starrte ihn an, als er das Ding auf die Nase setzte.
    »Brille, Frau Alyss. Notwendig zum Lesen, dammich.«
    Der kurze Fluch, den ihr Besucher an seine tonlose Erklärung gehängt hatte, kitzelte Alyss’ Heiterkeit, doch mannhaft unterdrückte sie diese Regung. Inzwischen hatte nämlich der Notar auch noch zwei Pergamentrollen hervorgezogen und sie vor sich auf dem Schreibpult ausgebreitet.
    »Mein Klient kann sich aus verschiedenen Gründen, die ich nicht zu erörtern befugt bin, nicht selbst um den Weingarten kümmern. Er wünscht aber, dass die Rebstöcke erhalten bleiben und die Ernte eingebracht wird.«zu
    Staunend hörte Alyss ihm zu, und erstmals seit vielen Tagen hatte sie das Gefühl, dass ein zaghaftes Kerzenflämmchen in dem finstersten Winkel ihrer Seele entzündet würde.
    »Das wünscht Euer Klient? Und wie stellt er sich das vor, Magister Jakob?«

    »Es kam ihm zu Ohren, Frau Alyss, dass Ihr selbst in diesem Garten Hand angelegt habt. Und daher schlägt er vor, dass Ihr für ihn diese Arbeit weiterführt, denn es kam ihm ebenfalls zu Ohren, dass Ihr das bisher recht vernünftig erledigt habt.«zu
    »Er scheint gute Ohren zu haben, der edle Ritter von Merheim. Ja, ich habe mich in den letzten fünf Jahren um den vernachlässigten Weingarten gekümmert, und in diesem Herbst ist zum ersten Mal eine gute Ernte zu erwarten.«zu
    »Schön, schön. Ich bin befugt«, der Notar rückte die Brille auf seiner Nase zurecht, schnaubte unwillig dabei und linste durch die verschmierten Gläser auf das mit äußerst akkurater Schrift bedeckte Dokument. »Bin befugt … dammich!«zu
    »Magister Jakob, wenn Ihr mir Eure Brille eben mal reichen würdet, wüsste ich eine Möglichkeit, wie ich Eure Sehschärfe wiederherstellen könnte.«
    »Hä? Oh – dieses vermaledeite Ding. Erst war es ganz nützlich, aber nun …«
    Alyss streckte die Hand aus, und er legte es ihr zögernd hinein. Mit dem Zipfel ihrer frisch gewaschenen Schürze putzte sie energisch die Gläser, bis sie blinkten und alle fettigen Fingerspuren beseitigt waren.
    »Wenn Ihr den Rat einer reinlichen Hausfrau annehmen wollt, die oft genug Fensterscheiben putzen muss, dann würde ich Euch raten, dieses wertvolle Hilfsmittel für Eure Augen nur am Gestell anzufassen, Magister Jakob.«
    »Ah, Weiberrat.«
    Ob er den gut oder lästig fand, war seinem Tonfall nicht zu entnehmen, aber als er die Brille wieder auf seine Nase setzte, murmelte er noch einmal: »Dammich!« Und dann fuhr er in seinem gleichförmigen Tonfall fort: »Also befugt, Euch
anzubieten, entweder gegen die Hälfte des Ertrags oder eine festgesetzte Summe für den Ritter von Merheim diese Arbeiten durchzuführen.« Dann nannte er ihr die Summe, und das Lichtchen in ihrer Seele wurde heller. Das war eine erfreuliche Zusatzeinnahme, und die für eine Arbeit, die ihr sowieso am Herzen lag und ihr fehlte. Kurz überschlug sie im Geiste die Alternative. Noch würde der Weinertrag lange nicht so viel bringen wie der Geldbetrag, da schien der Ritter einen falschen Eindruck gewonnen zu haben – oder Arndt hatte ihm einen solchen vermittelt. War es Betrug, wenn sie jetzt der Münzzahlung zustimmte?
    Kurz ging sie mit sich ins Gericht. Nein, sicher nicht. Denn sie musste auch Werkzeuge kaufen, Messer schleifen und Körbe flechten lassen. Dazu würde der halbe Ernteertrag nicht ausreichen.
    Nach außen versuchte sie, sich nichts von ihren sich überschlagenden Gedanken anmerken zu lassen, und der Notar, der sie nun durch seine frisch geputzten Brillengläser eindringlich musterte, fragte auch prompt nach, ob er ihr den Vorschlag noch einmal erläutern solle.
    Sie bat darum, um Zeit zu gewinnen. Dann nickte sie schließlich und sagte: »Ja, Magister Jakob, nun habe ich es verstanden. Werden wir einen Vertrag darüber aufsetzen?«
    »Ich habe hier eine Urkunde vorbereitet, die ich im Namen meines Klienten zu siegeln befugt bin. Zu welchem Vorgehen habt Ihr Euch entschieden?«zu
    Alyss gab ihrer Stimme einen ebenso nüchternen Anstrich, als sie auf dem Geldbetrag bestand. Der Notar nickte dazu und kramte sein Petschaft aus dem Beutel. Alyss schob ihm Tintenfass und Feder an die Hand, und umständlich und in
präzisen Buchstaben ergänzte er den Vertrag und drückte dann sein Siegel darauf. Alyss

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