Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
gerade zur Kassettendecke hochgezogen wurde und schließlich in ihrem erstaunlich schmalen Kasten verschwand.
Auf der Wendeltreppe zum Großraumbüro packte ihn eine plötzliche Unruhe. Was, wenn alles nur eine List war? Wenn Antonio Rossi gar nicht auf dem Weg zum Flugplatz war?
Auf dem nächstgelegenen Schreibtisch war ein Computer eingeschaltet. Hjelm dachte nicht groß darüber nach, wem er gehörte. Er rief den Stadtplan auf. Der rote Punkt bewegte sich zielstrebig auf Schiphol zu, daran bestand kein Zweifel. Paul Hjelm wurde offenbar langsam paranoid von den vielen Wendungen dieses Falls.
Mit einem selbstironischen Lächeln klickte er das Dialogfenster weg und blieb an einem Schriftstück hängen, das ihn verblüffte. Er las nicht nur einen Namen, der ihm schon lange nicht mehr untergekommen war, er las gleich zwei.
Als er aufblickte, sah er Donatella Bruno von der Damentoilette kommen. Schnell entfernte er sich vom Computer, fing die Polizistin wie zufällig ab und fragte: »Kommst du auf einen Abstecher mit in mein Büro?«
»Sagen Sie das zu allen Mädchen?«, erwiderte Donatella Bruno.
Als die Tür hinter ihnen geschlossen war, setzte sich Hjelm schwerfällig an seinen Schreibtisch und fragte: »Hast du eine inoffizielle Ermittlung am Laufen?«
Bruno sah ihn an und warf einen bestürzten Blick über die Schulter in die offene Bürolandschaft. Sie sah ihren Rechner frei zugänglich dastehen.
»Ich habe zwei Namen gelesen, die hier und da erwähnt wurden«, fuhr Hjelm fort. »Fabio Tebaldi und Lavinia Potorac. Unsere toten Kollegen.«
»Das sind nur die italienischen Ermittlungsergebnisse«, sagte Bruno.
»Nein«, entgegnete Hjelm und schüttelte den Kopf. »Das sind sie nicht. Die Ermittlungsergebnisse kenne ich in- und auswendig, ich habe sie gelesen, bis mir die Augen geblutet und die Tränen sich mit Blut vermischt haben. Diese Daten sind auch auf deinem Rechner, das stimmt, aber da ist noch viel, viel mehr.«
»Ich überprüfe ein paar Dinge in meiner Freizeit«, sagte Bruno beherrscht. »Das ist ja wohl kaum verboten?«
»Aber ich beschuldige dich ja gar nicht, etwas Verbotenes getan zu haben«, sagte Hjelm. »Ich möchte nur wissen, was du da machst. Ob es uns und unseren Fall irgendwie beeinflussen könnte.«
Bruno griff nach Hjelms Besucherstuhl und setzte sich. Sie wirkte gehetzt. Als ob sie bei etwas sehr Beschämendem erwischt worden wäre und händeringend nach einer Erklärung suchte.
»Erzähl es mir einfach«, sagte Hjelm mit seiner väterlichsten Stimme.
»Ich habe sie zu einem geheimnisvollen Ort bei Rom zu einem nicht registrierten Wagen gebracht«, begann Bruno. »Ich habe sie nicht nur ihrem sicheren Tod entgegenfahren lassen, ich habe sie sogar unterstützt, ja sogar dazu ermutigt.«
»Das war ganz allein mein Fehler«, widersprach Hjelm. »Ich muss mit dieser Schuld leben. Sie wird niemals vergehen.«
»Es gibt da Details, die einfach nicht stimmen«, sagte Donatella Bruno jetzt mit einer völlig anderen Stimme, einer festen, klaren.
»Was für welche?«, fragte Hjelm, auch seine Stimme klang anders.
»Ich bin mir nicht sicher, was da oben in dem Schloss in der Basilicata wirklich passiert ist«, sagte Bruno.
»Aber das ist doch offensichtlich. Die abtrünnigen Mitglieder Il Sorridente, der Lächelnde, und Il Ricurvo, der Krumme, wurden in dem Schloss gemeinsam mit Tebaldi und Potorac in die Luft gesprengt. Die DNA aller vier Toten wurde nachgewiesen. Potorac wurde durch die erste, kleinere Sprengladung getötet, danach Tebaldi durch die größere. Von dem Schloss blieb nichts als ein Haufen schwarzer Asche übrig, weil das Erdgeschoss mit einem geruchsneutralen Brandbeschleuniger präpariert war. Die Bombe, die Tebaldi tötete, war an Il Sorridentes Körper befestigt. Sowohl er als auch Il Ricurvo wurden zerfetzt, aber da waren sie bereits tot. Bis auf diese vier DNA-Spuren hat man keine weiteren gefunden. Ende der Geschichte.«
»Nicht, wenn man genauer hinsieht«, wandte Bruno ein. »Die Hypothese, dass Potorac zuerst in die Luft gesprengt wurde, gründet sich nur auf einen kleinen DNA-Fund nahe der Stelle, an der die erste, kleinere Bombe gezündet wurde. Ebenso gab es nur wenige DNA-Spuren von Tebaldi.«
»Von dem Schloss blieb nichts als ein Haufen schwarzer Asche übrig«, wiederholte Hjelm. »Und schwarz heißt wirklich schwarz. Ich habe die Fotos gesehen. Das Schlossinnere war vollkommen verkohlt. Ein schwarzes Loch.«
»Wie will man dann wissen, dass Il
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