Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
eine Plastikpistole«, sagte Holm. »Ich hatte doch keine Ahnung, wie die funktioniert. Als ich das letzte Mal jemanden getötet habe, war das am Holocaustmahnmal in Berlin. Einen Terroristen namens Ata. Das ist keine schöne Erinnerung.«
»Ich verdanke deiner Frau mein Leben«, sagte Kowalewski.
»Wir sind nicht verheiratet«, entgegnete Kerstin Holm.
Hjelm zog die Augenbrauen hoch und erklärte dann: »Die Entscheidung, die Einheiten mit kugelsicheren Westen auszustatten, lag bei den Polizeichefs der einzelnen Länder. Ich hatte dazu geraten. Meine Leute würden sie auf jeden Fall tragen, habe ich gesagt. Ciprian hat fünf von ihnen getötet, alles Franzosen.«
»Ein zentraler Beschluss wäre besser gewesen«, meinte Söderstedt. »Vielleicht befinden wir uns ja auf dem Weg zu solchen Lösungen.«
»Und wie ihr wisst, haben wir gestern in der Lauriergracht zugeschlagen«, fuhr Hjelm fort. »Vlad und Silviu wurden festgenommen. Man kann bis in alle Ewigkeit darüber streiten, ob der Zeitpunkt perfekt war oder nicht. Hätten wir früher eingegriffen, hätten wir auch Ciprian erwischt, dann hätte er niemals Gelegenheit gehabt zu schießen, fünf französische Polizisten wären noch am Leben und zwei Nasenbeine der Opcop-Gruppe noch an ihrem angestammten Platz. Andererseits hätten wir dann zwei Gegenspieler gewarnt, und die Mafia und Asterion hätten sich auf die neue Situation einstellen können. Wenn sie spitzgekriegt hätten, dass wir ihnen so dicht auf den Fersen waren, wäre alles anders gekommen. Denn wenn sie geahnt hätten, dass wir schon wussten, dass sie während der Rede zuschlagen würden, hätten sie wahrscheinlich zu bedeutend drastischeren Mitteln gegriffen, um Marianne Barrière zu beseitigen. Ich gehe davon aus, dass wir es in dem Fall ganz bestimmt mit einem Bombenanschlag auf das Konzerthaus und Hunderten von Toten zu tun gehabt hätten. Dann wäre das gleich ihre erste Wahl gewesen. Deshalb glaube ich, dass wir trotz allem richtig gehandelt haben.«
Ein mehr als beredtes Schweigen breitete sich in der Neuen Kathedrale aus.
»Man hätte sich auch für das große Szenario entscheiden können, oder?«, sagte Arto Söderstedt schließlich. »In dem Moment, in dem wir die Bosse dieser verfluchten Sklavenhändlermafia einbuchten werden, werden sich die Türen der Sklavenzellen in ganz Europa öffnen, und ein Heer erstaunter Roma-Bettler wird die Freiheit erblicken. Was haben wir jetzt stattdessen?«
»Eine nicht sonderlich erschütterte Führung der Sklavenhändlermafia«, gab Hjelm zu. »Vlad sagt kein Wort, Silviu auch nicht, aber wenigstens ist ihm rausgerutscht, dass Ciprian eine Vergangenheit als Söldner und Heckenschütze in diversen Kriegen hatte, vor allem im Jugoslawienkrieg. Sein Gewehr hätte unzweifelhaft den Glaskasten durchschlagen. Doch das haben zwei Menschen verhindert und so Marianne Barrières Leben gerettet: Marek und Kerstin.«
»Ich bin nur gekrochen«, brummte Marek Kowalewski.
»Wenn du nicht gekrochen wärst, hätte ich nicht geschossen«, wandte Kerstin Holm ein. »Ich kam gerade aus dem Notausgang und konnte die Plastikpistole ziehen.«
»Also war dein Kriechen doch sehr nützlich«, sagte Hjelm.
»Man soll nie aufgeben«, lispelte Kowalewski weise.
»Wir haben aber keine weiteren Hinweise auf die wahren Identitäten von Vlad, Silviu und Ciprian – und werden wahrscheinlich auch nichts finden. Ausradierte Identitäten. Und Asterions Attentäter im Konzerthaus, der sogenannte Tontechniker, ist ebenfalls nicht zu identifizieren. Und schweigt eisern. Die Glaskugel enthielt einen bedeutend stärkeren Sprengstoff als das bekannte Nitroglyzerin. Wenn er freigesetzt worden wäre, wären vermutlich alle gestorben. Deshalb der enttäuschte Gesichtsausdruck, von dem Felipe gesprochen hat. Durch das Mineralwassermalheur wurde der Tontechniker vom Auftragsmörder zum Selbstmordattentäter. Die Flasche enthielt ein extrem tödliches Gift, und im Deckel haben sie die Spur einer Kanüle gefunden.«
Hjelm verstummte und betrachtete seine Truppe. Er wollte alles noch einmal zusammenfassen, aber das war nicht leicht. Es war ein unendlich vielschichtiger Fall gewesen.
Und außerordentlich bedeutsam.
Schließlich fuhr er fort: »Minou, alias Michel Cocheteux, hat dem Druck nicht standgehalten, alles zugegeben und erzählt, was er wusste. Leider war das nicht besonders viel. Abgesehen davon, dass er vom Aufsichtsrat unter Druck gesetzt wurde, den Gesetzesentwurf zu verhindern.
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