Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Nacht in Pauls sogenannter Junggesellenbude zusammentrafen. (Er hatte sie tatsächlich eigenhändig und besonders sorgfältig aufgeräumt, da er sich konsequent gegen eine Putzhilfe wehrte.)
Auch heute nahmen sie zwar beide an Podiumsdiskussionen über das organisierte Verbrechen teil, in dem großen Hörsaal des neu errichteten, lichtdurchfluteten Hauptquartiers von Europol, saßen aber weit voneinander entfernt. Da vibrierte es in Hjelms Jackentasche. Es war eine SMS von Angelos Sifakis, der sich in den nagelneuen Räumen der Opcop-Gruppe ein paar Stockwerke über ihnen befand.
Er öffnete sie.
Sie bestand nur aus zwei Worten: »Grünes Licht?«
Paul Hjelm hob den Blick und sah nach vorn zu den Honoratioren, die auf dem Podium diskutierten. Plötzlich hörte er kein Wort mehr von dem, was sie sagten. Alle Geräusche waren wie abgestellt.
Dann antwortete er: »Grünes Licht.«
13:14 Uhr
Angelos Sifakis wartete. Er saß an seinem Schreibtisch in dem Großraumbüro der neuen Räume der Opcop-Gruppe. Unter anderen Umständen hätte er sich seine Überraschung eingestanden, wie wenig sie sich von den alten Räumen unterschieden. Was hier fehlte, war ein größerer Konferenzraum, so wie es ihre Kathedrale gewesen war, aber die Büroräume sahen weitestgehend identisch aus, vielleicht ein bisschen neuer und aufgeräumter. Außerdem hatte Paul Hjelm ein eigens für ihn entworfenes Büro erhalten, abermals mit Blick über Den Haag sowie über die Arbeitsplätze der Opcop-Gruppe.
Aber diese Gedanken beschäftigten Angelos Sifakis in diesem Augenblick nicht. Auch nicht die Tatsache, dass er umringt war von einer kleinen Gruppe von Kollegen, bestehend aus Marek Kowalewski, Corine Bouhaddi und Donatella Bruno, die ihn alle erwartungsvoll ansahen. Seine Aufmerksamkeit galt den beiden Monitoren und dem Handy, das reglos und still danebenlag. Unerfreulich still.
Die Monitore zeigten zwei unterschiedliche Ausschnitte der Wohnung auf der anderen Seite der Lauriergracht in Amsterdam, etwa sechzig Kilometer nördlich von ihnen. Es herrschte absolute Stille dort. Auf dem Sofa lungerten die beiden Bodyguards, hinter dem Schreibtisch saß der etwas kleinere Mann und studierte ein Papier. Keiner der drei bewegte sich. Es sah aus wie ein Stillleben.
Die Zeit verstrich.
Endlich klingelte das Handy. Sifakis nahm den Anruf entgegen.
»Hershey und Balodis auf Position«, hörte er Miriam Hersheys Stimme sagen.
»Gut«, antwortete Sifakis. »Wartet auf mein Signal.«
Kaum hatte er das Handy ausgeschaltet, nahm der Bandenchef seine Brille ab und legte sie auf den Schreibtisch. Man sah deutlich, dass er mit den Leibwächtern auf dem Sofa sprach. Sifakis starrte das Handy an und versuchte es zu hypnotisieren.
Ruf an.
Es dauerte zwanzig Sekunden, bevor es endlich klingelte. Es war Felipe Navarro.
»Es scheint loszugehen.«
»Scheint nützt uns nichts«, sagte Sifakis.
»Noch keine Bewegung«, präzisierte Navarro. »Aber Adrians Simultanübersetzung lautete: ›Nein, meine Herren, langsam ist das holländische Wetter viel zu angenehm, um hierzubleiben.‹«
»Sind Jutta und Arto bereit?«
»Ihrer Aussage nach schon.«
»Auf mein Zeichen, keine Sekunde früher. Verstanden?«
»Verstanden, Chef«, sagte Felipe Navarro.
Sifakis konnte nicht einmal den Hauch von Ironie in seiner Stimme ausmachen.
Es dauerte eine weitere unerträgliche Minute, ehe der Mann vom Schreibtisch aufstand. Er gähnte und streckte sich, wobei die eine Hand so nah an die Kamera kam, dass sie auf Sifakis’ Monitor gigantische Ausmaße annahm. Auf dem anderen Bildschirm sahen sie, dass sich die beiden Schränke ebenfalls erhoben und ihre viel zu dicken Jacketts zurechtrückten.
»Jawohl!«, rief Kowalewski. »Gehen die alle drei?«
»Scheint so«, sagte Bruno. »Dann müssen wir drei beschatten.«
»Aber Laima und Miriam sind nur zu zweit«, gab Bouhaddi zu bedenken.
»Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich alle drei aufteilen, ist relativ gering«, sagte Sifakis und griff nach dem Handy. »Die Fleischschränke sind Bodyguards, niemals würden sie beide ihr Schutzobjekt einfach allein zurücklassen.«
Er benutzte die Kurzwahltaste. Hershey meldete sich sofort: »Ist es so weit?«
»Gleich. Aber es sind drei. Lasst sie nicht aus den Augen. Sind die Distanzmikrofone gesichert?«
»Ich würde sagen, sie sind entsichert!«, lautete die Antwort, dann beendete Hershey das Gespräch.
Auf dem Monitor beobachteten sie, wie einer der Leibwächter durch den
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