Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Bürgersteig und warf sein Handy in die Schale des Bettlers. Das Letzte, was er sah, waren zwei weit aufgerissene Augen mit vollkommen weißen Augäpfeln.
»Blindekuh«, schoss es ihm durch den Kopf.
Dann ertrank er in einem Meer aus Blut.
2 – Weitsicht
Kein Schnickschnack
Amsterdam, 30. Juni
Das war abzusehen gewesen. So war es immer.
Es war genauso, als würde man einen Blick aus dem Fenster werfen, bevor man das Haus verließ. Man sah, wie sich die dunklen Wolken übereinandertürmten, und stand unentschlossen im Flur, mit dem Regenschirm in der Hand. Wenn man ihn mitnahm, schien die Sonne. Wenn man ihn zu Hause ließ, regnete es in Strömen.
Regenschirm und Wetter standen in demselben Verhältnis wie Bereitschaftsdienst und Toilettengang. Folgerichtig saß Brandmeister Edwin van Tienen auf der Toilette, als der Alarm losging. Er, der normalerweise darauf bestand, mehrere Meter Toilettenpapier zu verwenden, musste mit einem tiefen Seufzer einsehen, dass es mit der Ruhe vorbei war.
Nach einer professionellen Bewältigung des Dilemmas gelangte er angesichts der Meldung zu zwei wichtigen Erkenntnissen. Zum einen, dass die Adresse besonders gefährdet war – viele hölzerne Gebäude aus dem 17. Jahrhundert und viele benachbarte Risikozonen. Zum anderen, dass sich die Jan van der Heyde III in der Nähe befand. Er entsandte das berühmte Feuerlöschboot und ließ sich die Rutschstange hinuntersausen – elegant. Letzteres allerdings eher in seiner Phantasie.
Im Einsatzwagen ließ er sich neben seinem Vizebrandmeister Dirk-Jan nieder, und als sie endlich mit Blaulicht in der Lauriergracht ankamen, konnte er zwei weitere Erkenntnisse erlangen. Zum einen, dass die Jan van der Heyde III vor ihnen eingetroffen war – das flache rote Boot mit den riesigen Wasserkanonen an Bord lag unten im Kanal, als hätte es noch nie etwas anderes getan. Zum anderen, dass aus dem Gebäude tatsächlich dicke Rauchschwaden kamen. Die Jan van der Heyde III hatte von der Wasserseite alle Kanonen auf das Haus gerichtet. Und dennoch stimmte irgendetwas nicht.
Edwin van Tienen hob sein Walkie-Talkie und sagte: »Kein Wasser, bevor wir uns das angesehen haben.«
Der Protest vonseiten der Bootsbesatzung interessierte ihn nicht. Edwin van Tienen war hier der Brandmeister und sonst niemand.
Was ihn stutzig gemacht hatte, war die Tatsache, dass das Feuer gerade ganz frisch entflammt war. Der Einsatzwagen hatte acht Minuten benötigt, aber van Tienens Erfahrung sagte ihm, dass der Brand erst entstanden war, nachdem die Feuerwehr gerufen worden war. Höchstens vor vier Minuten. Das konnte vieles bedeuten, aber vor allem wies es darauf hin, dass der Brand gelegt worden war. Und der Täter sich noch in der Nähe aufhielt.
Aber warum hatte er die Feuerwehr gerufen? Und weshalb vier Minuten vor dem eigentlichen Brand? Van Tienen fand keine Antworten darauf. Außerdem war jetzt auch keine Zeit zum Grübeln, jetzt war es an der Zeit zu handeln.
Sie stürzten aus dem Einsatzwagen. Er hob die Hand ausgestreckt in die Luft, alle fünf Finger, und seine fünf Männer stülpten sich die Gasmasken über die Gesichter und stürmten in den Hauseingang. Mit gerunzelter Stirn hielt er einen Augenblick inne, dann folgte er ihnen.
Die Rauchentwicklung im Erdgeschoss war massiv; vermutlich befand sich dort auch der Brandherd. Aber der Rauch war so dicht, dass es vermutlich mehrere Herde gab. Er musste in die höheren Stockwerke. Während er die Treppen hochsprang, sah er, wie zwei seiner Männer gegen die Wohnungstüren im Erdgeschoss hämmerten. Aber es schien niemand zu Hause zu sein.
Im ersten Stock waren die anderen drei seiner Männer damit beschäftigt, die Bewohner des Hauses zu evakuieren. Aus der einen Wohnung kamen zwei Kollegen, die eine ältere Dame untergehakt hatten, der das Gehen sichtlich schwerfiel. Aus der anderen Wohnung, an deren Klingelschild »U. M. A. N. Imports« stand, kam Dirk-Jan, gefolgt von drei Männern. Alle hielten sich Taschentücher vor Mund und Nase. Zwei der Männer waren sehr groß und kräftig, der dritte war etwas kleiner. Edwin nickte seinem Vize zu, der das Trio aus dem Haus geleitete. Dann warf er einen kurzen Blick in die Wohnung und sah zwei weitere Feuerwehrleute, einen kleinen und einen großen. Egal wie er rechnete, es waren sieben. Sieben Feuerwehrmänner.
Nicht fünf.
Der große Feuerwehrmann gab ihm mit einer beruhigenden Geste zu verstehen, dass alles in Ordnung sei. Edwin schloss daraus,
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