Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Echo seiner Schritte gewesen wäre. Natürlich war er ein Profi, natürlich war er , der Auftragskiller, im Besitz einer Auftragskillerwaffe mit Schalldämpfer. Sein Blut würde plötzlich und vollkommen lautlos aus seinem Körper strömen. Gehetzt sah er an sich hinunter auf seine Brust. Dieses unerträgliche Gefühl, dass es jederzeit passieren konnte. Als würde er auf einer Luke stehen, die sich jeden Moment unter ihm öffnen konnte. Und unter der Luke schwammen Haie im Wasser.
Aber ihn traf kein Schuss. Sein Brustkorb wurde nicht in Stücke gerissen. Er schaffte es bis zur Långholmsgatan und zwängte sich durch die Menschenmenge an der Bushaltestelle, fieberhaft nach einem Taxi suchend. Aber es gab keines. Normalerweise standen sie am U-Bahnhof-Ausgang, aber auch dort befand sich jetzt eine Baustelle. Wo der Taxistand gewesen war, klaffte ein riesiges Loch. Wo zum Teufel warteten die Wagen jetzt? Sein Blick jagte über die Straße. Und da sah er es.
Sie standen auf der anderen Straßenseite, ein ganzes Stück Richtung Västerbro, zwei Taxis hintereinander, beide Taxischilder leuchteten.
Sie waren frei.
Er bahnte sich seinen Weg und wurde dabei immer gröber. Es herrschte dichter Verkehr, an der Ampel standen viele Fußgänger und warteten. Zwischen den langsam rollenden Autos rannte er auf die Straße. Um ihn herum ertönte Hupen, aber er hatte seinen Blick fest auf die Taxis geheftet. In dem Moment erlosch das erste Schild, der Wagen blinkte und schob sich in das Verkehrschaos. Eines war noch übrig. Das musste er unbedingt bekommen.
Er hatte die andere Straßenseite erreicht. Zwischen den Baugerüsten und dem Straßenverkehr gab es nur einen schmalen Weg, der kaum als Bürgersteig bezeichnet werden konnte. Es wurde Slalom gelaufen, Kampfslalom. Ein Fahrradfahrer touchierte seine Achillesferse. Er bemerkte es nicht. Das Taxischild leuchtete nach wie vor, der Wagen rührte sich nicht von der Stelle, aber auch er kam kaum voran.
Es war wie ein Standbild. Er hatte nur noch wenige Meter zurückzulegen, nahm aber alles wie aus großer Entfernung wahr. Die Stelle, an der aus dem schmalen Weg ein richtiger Bürgersteig wurde, erschien ihm fast wie ein kleiner Platz. Unterbewusst registrierte er viele kleine Details. Das Schild mit der Aufschrift »Mickes CD & Vinyl« leuchtete in sattem Gelb, »Helens Sushi« gegenüber in strahlendem Blau, der Friseur »Stylissimo« in Rosa. Die Leute schoben sich an einem Bettler vorbei, der sich vor dem Plattenladen mit seiner Schale hingesetzt hatte, ein merkwürdiges Paar kam ihm entgegen, scheinbar unberührt von den vielen Menschen, als würde es über allem schweben – und da begriff er, dass die beiden auf dem Weg zum Taxistand waren. Sie war groß, und der Mann war klein, und in der Sekunde, bevor ihn die Panik ergriff, erkannte er, dass er eine Sie war und sie ein Er, ein männlicher und ein weiblicher Transvestit. Die große Frau, die eigentlich ein Mann war, beugte sich zur Beifahrertür des Taxis, und er hörte sich selbst gellend »Nein!« schreien. Aber niemand schien ihn wahrzunehmen. Er war allein in einem versiegelten Universum.
Dabei hatte er es fast geschafft, aber seine Füße waren wie mit dem Asphalt verschmolzen. Etwa auf Höhe des Bettlers angekommen, sah er, wie der kleine Mann, der eigentlich eine Frau war, an der Hand der großen Frau zog. Erstaunt richtete sich die große Frau auf, und der Fahrer machte eine genervte Geste, das Taxischild leuchtete weiterhin. Die beiden Transvestiten diskutierten und gestikulierten wild miteinander, und als die große Frau, die ein Mann war, sich hinunterbeugte, um dem Mann, der eine Frau war, einen Kuss zu geben, wurde plötzlich eine Gestalt hinter ihnen sichtbar. Ein Wissenschaftsjournalist, dem er vor Kurzem in Chicago begegnet war. Ein kleines Lächeln umspielte den Mundwinkel des Engels .
Ein falsches Lächeln.
Er drehte sich um und tastete nach seinem Handy. Er wusste, dass jetzt alles vorbei war, dass es hier enden würde. Dass hier alles enden würde.
Aber noch war kein Schuss zu hören, noch blieben wenige Sekunden bis zum Urteilsspruch.
Es fiel auch kein Schuss, etwas anderes geschah. Ein Arm legte sich ihm um den Hals. Dann fiel er vornüber, Richtung Hausfassade, sah, wie die Morgensonne sich in einem Gegenstand spiegelte.
Knivsöder, Messersüden, wie passend, dachte er, während seine Knie auf dem Asphalt aufschlugen und er die Messerklinge in seinem Hals spürte. Er kippte auf den
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