Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
lehnte sich sehr weit vor, bis sein Gesicht unmittelbar vor Prévosts Nasenspitze war.
»Sie haben das alles vollkommen missverstanden«, sagte er. »Ich bin zu Ihrem Schutz dabei.«
Dann lehnte er sich wieder zurück, und in dieser Sekunde holte Balodis aus und versetzte Prévost einen knallharten Präzisionsschlag in den Solarplexus. Mit aufgerissenen Augen entfuhr ihm ein gedämpfter Laut, ein Stöhnen, bevor er vornüber auf den Glastisch fiel.
Hjelm stand auf und ging in die Küche. Er öffnete den Kühlschrank und inspizierte dessen Inhalt. Dann ging er weiter ins Badezimmer und entdeckte einen so aufwendigen Jacuzzi, wie ihn wahrscheinlich nur ein persönlicher Jacuzzi-Spezialist konstruieren konnte. Anschließend stieß er auf ein Zimmer, das man wohl als Bibliothek bezeichnen konnte, und lief an den Regalen entlang. Er entdeckte die komplette Sammlung der phantastischen Bücher der Reihe Bibliothèque de la Pléiade mit ihren charakteristischen Buchrücken. Zweitausendseitige Bände mit hauchdünnem Papier, die niemals zerrissen und immer genau an der aufgeschlagenen Stelle geöffnet blieben. Das war der Rolls-Royce der Bücherwelt.
Was gerade im Salon vor sich ging, war gegen alle Prinzipien, die Paul Hjelm hatte, aber er wusste auch, dass es keinen anderen Weg gab. Außerdem war dies keine polizeiliche Intervention, hier ging es um eine Politikerin, die im Begriff war, von den verdorbenen Krämerseelen zerstört zu werden, die umgeben von wunderschönen Pléiade -Bänden ihr Leben führten. Er summte vor sich hin, um die Geräusche zu übertönen.
Dann verließ er die Bibliothek und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Laima Balodis saß auf ihrem Platz auf dem Sofa aus dem 18. Jahrhundert und Pierre-Hugues Prévost ihr gegenüber, auf der anderen Seite des Glastisches. Hjelm sah zunächst nur seinen Rücken und nickte Balodis zu, die vollkommen desinteressiert wirkte, obwohl ihre Frisur ein wenig unordentlich aussah. Dann erst sah er Prévost ins Gesicht, das von zerzaustem Haar umrahmt war. Ganz grau war es, der Blick starr. Ein kleines Blutrinnsal lief vom Haaransatz über die linke Hälfte des leichenblassen Gesichts, langsam, ganz langsam.
»Es tut mir furchtbar leid«, sagte Paul Hjelm und setzte sich. »Aber wir müssen wirklich wissen, wie es sich zugetragen hat. War es ungefähr so, wie ich es vorgeschlagen habe?«
Pierre-Hugues Prévost hob vorsichtig den Kopf und sah ihn an. Sein Blick war eigenartig klar und rein.
»Ziemlich genau so«, antwortete er tonlos. »Es gab Stripperinnen.«
»Sie müssen mir nicht alle Details verraten.« Hjelm legte seine Hand auf Prévosts Arm. »Mir genügt schon ein Name.«
»Ich bin ihm vorher noch nie begegnet«, sagte Prévost mit gleichbleibendem Tonfall. »Aber er gehörte zu den Kreisen, in denen ich mich bewege, das wusste ich, und einmal ist er auf eine meiner Cocktailpartys mitgekommen. Da habe ich von meiner Beziehung zu Marianne erzählt. Und die ist ehrlich gesagt schon ein bisschen abartig und pervers gewesen. Er war sehr interessiert. Ein paar Tage später kam er vorbei und bekam ein paar Fotos von mir. Sie ist immerhin eine politische Gegnerin!«
»Ein paar Fotos?«
»Drei, glaube ich. Die ... explizitesten ...«
»Glaube ich?«
»Weiß ich.«
»Und wer war dieser Mann?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das sagen darf ...«
»Von uns erfährt niemand, dass Sie uns das erzählt haben, Pierre-Hugues, das ist ein Versprechen. Allerdings kann ich Ihnen nicht versprechen, dass ich mich nicht noch einmal gründlicher in Ihrer Wohnung umsehen werde. Ich war noch nicht in allen Räumen. Obwohl vermutlich kaum etwas anderes an Ihre komplette Sammlung der Pléiade -Bände heranreicht.«
Prévosts Blick hellte sich für einen Moment auf.
»Sind die nicht einfach wunderbar?«
»Haben Sie einen davon gelesen?«
Er schüttelte den Kopf.
»In meiner Branche hat man für so etwas zu wenig Zeit.«
»Also, wer war dieser Mann?«
Pierre-Hugues Prévost saß eine Weile schweigend da, bevor er sagte: »Er heißt Fazekas. Fabien Fazekas. Ich glaube, er ist der Verbindungsmann zwischen der UMP und der FN. Es passierte in den hektischen Tagen, nachdem Sarkozy von Marianne wegen der Abschiebungen der Zigeuner angegriffen worden war. Das war ein Schlag unter die Gürtellinie. Die französische EU-Kommissarin startete einen Frontalangriff gegen ihren eigenen Staatspräsidenten. Große Schlagzeilen, große Aufregung.«
»Das ist jetzt etwa ein Jahr
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