Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
gemütliches abgelegenes Sommerhaus in den Stockholmer Schären, das es noch gar nicht gab. Er dachte an die Ruhe. Die Erinnerung daran verblasste zunehmend. Dann schlenderte er durch den Park und nahm sich ein Taxi.
Die siebzig Kilometer von Den Haag nach Brüssel waren natürlich nicht in einer Stunde zu schaffen. Daher hatte Paul Hjelm noch etwas Zeit für sich. Er saß am Flughafen und recherchierte. Das meiste hatte er zusammengetragen, als sie ihm vor dem Flughafen entgegenkam, klein, elegant, kraftvoll.
»Sehr gut«, sagte er. »Der Flug nach Paris startet in zwanzig Minuten.«
»Aber worum geht es?«, fragte Laima Balodis.
»Ich benötige deine Unbarmherzigkeit«, antwortete Paul Hjelm.
Sie sprachen während des Fluges kein einziges Wort.
Als sie aber in einem Mietwagen vor einer beeindruckenden Hausfassade in der Rue Vieille du Temple im Marais-Viertel standen und Paul Hjelm mit dem Fernglas aus dem Flughafenshop die Fenster im dritten Stock beobachtete, konnte Laima Balodis nicht mehr an sich halten.
»Verdammt.«
»Ja?«, sagte Hjelm, ohne das Fernglas zu senken.
»Was geht hier vor? Was machen wir hier?«
»Er hat Besuch«, entgegnete Hjelm, senkte das Fernglas und scrollte ein paar Fotos auf seinem Handy durch. »Behalte die Haustür im Auge, ob jemand herauskommt.«
»Mit vollem Einsatz«, sagte Balodis. »Aber würden wir nicht beide davon profitieren, wenn ich wüsste, worum es hier geht?«
»Nein«, erwiderte Hjelm und hielt bei einem der Fotos inne. »Nicht notwendigerweise.«
»Nee, klar«, brummte Balodis betreten.
»Ich gebe dir trotzdem ein paar Eckdaten. Die Wohnung, die wir gerade observieren, wird von einem Pierre-Hugues Prévost bewohnt, der in seiner Jugend Pamplemousse genannt wurde und Partner der Kanzlei Gille, Narcisse & Prévost ist. Die Kanzlei steht in engem Kontakt zur Partei UMP, deren Parteivorsitzender der möglicherweise schon bald entthronte Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist. Bei dem Besucher handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Laurent Gatien, von Beruf Spindoktor. Zum jetzigen Zeitpunkt befinden sich die beiden Herren vermutlich in einer heftigen Auseinandersetzung.«
»Und was haben wir damit zu tun?«
»Wir werden die Auseinandersetzung beenden. Ich bin der gute Bulle. Allerdings soll es am Anfang genau gegenteilig wirken.«
»Verstehe.« Balodis nickte. »Wie böse?«
»Böse!«, antwortete Hjelm und betrachtete ihr freundliches Gesicht. »Böse«, wiederholte er.
»Was wollen wir herausbekommen?«
»Wir wollen in Erfahrung bringen, wo sich dreißig Jahre alte Fotoaufnahmen befinden.«
»Und für mich gilt also das Need-to-know-Prinzip?«
»Du wirst gleich sowieso alles erfahren. Hör genau zu.«
»Jetzt kommt ein Mann aus dem Haus.«
Hjelm verglich dessen Aussehen mit dem Foto in seinem Handy. Es stimmte überein. Dies war Laurent Gatien, der Spindoktor, und er sah wütend aus.
»Also gut«, seufzte Hjelm. »Dann lass uns reingehen, bevor Pamplemousse wieder zu Kräften kommt.«
Sie betraten das stattliche Gebäude und stiegen in den dritten Stock hoch, und Hjelm klingelte, bevor sie verschnaufen konnten. Dazu hatten sie dann allerdings Zeit, bis Pierre-Hugues Prévost die offenbar ansehnliche Strecke bis zur Eingangstür hinter sich gelegt hatte. Ihnen öffnete ein ernst aussehender, elegant gekleideter Mann um die fünfzig vom Typ französischer Geschäftsmann.
»Polizei«, sagte Paul Hjelm auf Englisch und wedelte mit seinem Ausweis. »Dürfen wir hereinkommen?«
»Keine französische Polizei, wie ich sehe«, sagte der Mann in exzellentem Englisch und versuchte, einen Blick auf den vor ihm flatternden Ausweis zu erhaschen.
»Wir sind international tätig«, erklärte Hjelm und hielt abrupt die Hand still. Prévost las und nickte.
»In Ordnung«, sagte er. »Ein hoher schwedischer Polizeibeamter unterwegs in internationaler Mission. Und die Dame?«
»Litauische Polizei«, sagte Balodis und hielt ihm ihren ebenfalls nur halb echten Ausweis hin. »Wir arbeiten zusammen.«
»Mrs. Abromaite? Mr. Karlsson? Was kann ich für Sie tun?«
»Könnten wir eventuell hereinkommen?«
Prévost schüttelte kurz den Kopf und verbeugte sich dann mit einer ironischen Willkommensgeste. Hjelm trat ein, Balodis folgte ihm.
Sie wurden in einen eleganten Salon im Rokokostil geführt und setzten sich auf ein Sofa, auf dem Diderot gesessen haben könnte. Prévost nahm ihnen gegenüber Platz und hob die Handflächen.
Hjelm versuchte ihn
Weitere Kostenlose Bücher